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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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früheren Offizier der Auxilien, diesem römischen Ritter. Welche Schande! Er plant den Verrat, er hat seine Heerscharen schon beisammen. Viele Stammesführer, nicht nur Cherusker, sind mit ihren Gefolgschaften bei ihm. Zu Tausenden lauern sie tief im Wald. Und immer noch weitere ziehen heran. Das Lager anzugreifen wagen sie nicht. Aber sobald der Statthalter mit den Legionen aufbricht, werden sie zuschlagen.«
    »Das kann ich nicht glauben, Vater… nein, das glaube ich nicht! Dieser Mann, mit dem du fortgingst, Boia…«
    »Boiacalus. Ein Gaufürst der Amsivarier.«
    »Er könnte doch ein Verleumder sein…«
    »Oh nein! Er hat mir ja den Beweis geliefert. Führte mich zwei Meilen von hier an den Rand einer Schlucht. Leider war es sehr dunkel, stark bewölkt, es fing an zu regnen. Trotzdem sah ich genug. Tief unten im Wald… da saßen sie bei ihren Feuern, zwischen ihren Zelten. Sie opfern den Göttern und leisten sich Blutschwüre, wie üblich vor Kriegen. Boiacalus hat mir alles gestanden, er war noch bis gestern dabei.«
    »Aber Arminius…«
    »Er ist der Anführer! Sie haben ihn zu ihrem Heerführer gewählt. Auf einem Thing der Verschwörer. Jetzt weiß ich, was er damals wollte… bei uns auf dem Wehrhof, im tiefsten Winter. Widerstandsnester sollte ich nennen, und ich gab ihm sogar im guten Glauben Hinweise… nicht viele, zum Glück. Nicht austreten wollte er die Flammen, im Gegenteil… er wollte sie schüren! Und er hatte Erfolg, der Verfluchte! Bis jetzt…«
    »Was hast du nun vor? Was wirst du tun?«
    Die Frage blieb ohne Antwort, denn in diesem Augenblick kam Segithank zurück. Wassertriefend trat er ins Zelt. In dem milchigen Morgenlicht erkannte er, dass Nelda und ihr Vater wach waren.
    »Du bist hier, Onkel? Ich war in Sorge. Suchte dich.«
    »Du suchtest mich?«, fragte Segestes ungläubig. »Wo denn?«
    »Überall. Bei unseren Nachbarn, bei den Pferden…«
    »Und wen suchtest du noch?«
    »Niemanden«, erwiderte Segithank schroff. »Ich bin dein Gefolgsmann. War nur beunruhigt. Wäre ja mitschuldig, wenn dir etwas zustieße.«
    Er kehrte zurück auf sein Lager. Segestes drehte sich auf die Seite und Nelda verstand, dass er nicht weitersprechen würde. Sie wusste ja auch genug.
    An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Sie wälzte sich auf ihrer Matte, der Schweiß brach ihr aus, sie spürte den Herzschlag am Halse. Wirre Gedanken bedrängten sie. Was hatte ihr Vater vor? Was verstand er darunter, »seine Pflicht zu tun«? Wollte er Arminius beim Statthalter anklagen? Und hatte er wirklich Beweise? Was konnte er schon in dieser finsteren, stürmischen Nacht von der Höhe des Felsens tief in der Schlucht gesehen haben! Hier gab es überall Lager mit Feuern und Zelten. Tausende? Wie konnte er die Köpfe gezählt haben? Und dieser Boiacalus… Was mochte dahinterstecken, dass er Arminius beschuldigte? Was für ein trübes Gemisch von Bosheit und Missgunst. Nelda hatte die neidvollen Blicke bemerkt, die die plumpen, knollengesichtigen Häuptlinge mit ihren Haarknoten und Halsringen auf den glänzenden römischen Offizier warfen. War es denn nicht ganz unwahrscheinlich, dass er, den sie noch vor wenigen Tagen mit Auszeichnungen an der Brust fröhlich und unbekümmert im Festzelt des Statthalters gesehen hatte, einen Aufruhr plante?
    Wenn aber doch? Wenn aber doch? Wenn er sich nur verstellte? Wenn er den Unbekümmerten spielte, lachte und scherzte, um den Statthalter und alle anderen zu täuschen? Wenn sein wahres Gesicht jenes sorgenvolle, strenge, harte, entschlossene wäre, das sie im Winter so erschreckt hatte? Wenn ihr Vater recht hätte mit seinem Verdacht, er habe damals nur unter falschem Vorwand erkunden wollen, welche Widerstandsnester im Gau seiner Sache nützlich sein konnten? Und wenn er nur deshalb… dieser Gedanke schnürte ihr fast die Kehle zu und ließ ihr Herz noch heftiger schlagen… wenn er nur deshalb so kalt und nur scheinbar gleichgültig gegen sie war? Vielleicht hatte er einen Schwur geleistet, den Göttern gelobt, auf alles zu verzichten, was ablenken, was ihn behindern konnte. Sein heruntergekommener Wehrhof, eine Frau, vielleicht Kinder… Wie konnte sie wissen, was ihm im Krieg, im Kampf gegen die Aufständischen in Pannonien begegnet war? Wie viele grauenvolle Eindrücke mochten das strenge, harte Gesicht mit der breiten Narbe geprägt haben? Was sie gerade mit Wigbrand und seiner Familie erlebt hatte… es mochte in seinem Soldatenalltag Hunderte Male geschehen

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