Die Germanin
du erfuhrst, dass ich den Römer…«
»Im ersten Augenblick warf es mich um! Aber dann… Ich wusste ja… war ja sicher, dass daraus nichts werden konnte!«
»Du warst dir dessen sicher?«
»Ich bin es! Jetzt umso mehr!«
»So glaubst du wirklich…«
»Dass wir zusammengehören! Wie vorher, wie immer! Niemals wirst du die Frau des Römers. Wir werden die Römer aus dem Lande jagen!«
»Oh, ihr Götter! Das ist es… deshalb bin ich gekommen!«
Erschrocken blickte sie zu ihm auf. Sie fühlte sich plötzlich schuldig, kostbare Zeit vertan zu haben.
Auch er empfand, dass der Augenblick nicht für Liebesschwüre geeignet war. Seine hellen Augen, eben noch leidenschaftlich und heiter, blickten nun ernst. Die schräge Falte zwischen den Brauen teilte die Narbe auf seiner Stirn.
»Ja«, sagte er, »das hörte ich von Segithank. Du hättest mir etwas mitzuteilen… etwas sehr Wichtiges.«
»Ihr seid verraten!«, sagte sie. »Was ihr vorhabt… noch heute wird Varus alles erfahren!«
»Von wem?«
»Meinem Vater.«
Sie berichtete ihm, was in der Nacht geschehen war und was sie von Segestes gehört hatte. Nun wollte sie keine Zeit mehr verlieren und die Worte, die Sätze, die sie hervorstieß, kamen so überstürzt aus ihrem Munde, dass sie sich immer wieder verhaspelte. Arminius hörte aufmerksam zu, unterbrach sie nicht, stellte keine Fragen.
»Boiacalus also«, sagte er, als sie schwieg. »Längst hielt ich ihn für einen, auf den man ein Auge haben muss. Ein Schwätzer, ein Zauderer. Er ist also für die Sache verloren. Doch seine Amsivarier sind gute, geübte Kämpfer, ich brauche sie.«
»Aber wozu denn noch?«, rief sie, wobei sie die Arme um seinen Hals schlang und ihn flehend ansah. »Du musst fliehen, ihr seid verraten, vielleicht schon in diesem Augenblick. Mein Vater versuchte bereits in aller Frühe, zu Varus vorzudringen. Er wurde nicht vorgelassen, kam zurück, ging aber gleich wieder fort.«
»Er wurde nicht vorgelassen?«
»Er sagte etwas von einem Eilboten, der gekommen sei, und dass sich der Statthalter mit seinem Stab beraten müsse.«
»Die Botschaft hat ihn also erreicht… sehr gut!« Ein flüchtiges Lächeln glitt über die gespannte Miene des Heerführers.
»Was für eine Botschaft?«
»Eine gefälschte. Das ist Teil unseres Plans.«
»Aber was ist dieser Plan denn noch wert? Die Römer werden ihn doch vereiteln, sobald mein Vater mit Varus gesprochen hat!«
»Falls Varus ihm glaubt.«
»Warum sollte er nicht?«
»Er neigt dazu, Warnungen in den Wind zu schlagen. Es gab schon mehrere. Allein der Gedanke ist ihm fremd, wir, die Barbaren, die er im Grunde verachtet, könnten ihn und seine Römer ernsthaft in Schwierigkeiten bringen. Ein gefährlicher Hochmut dieses Herrn, für uns aber nützlich. Ich sehe ihn noch heute.«
»Den Statthalter? Du willst zu ihm gehen?«, rief Nelda.
»Ja, er gibt uns ein Abschiedsgelage. Allen germanischen Stammesführern. Bevor er mit seinen Mannschaften aufbricht.«
»Liebster!«, schrie Nelda und warf wieder die Arme um seinen Hals. »Geh nicht hin, es wird dein Verderben sein! Auch mein Vater wird da sein und dich anklagen! Varus wird dich sofort verhaften lassen!«
Er lächelte, strich ihr die Strähnen aus dem Gesicht, küsste sie.
»Sei ganz ruhig, das wird er nicht tun. Ich bin römischer Ritter, ein hochverdienter ehemaliger Offizier, er vertraut mir blind. Er würde eher glauben, der Himmel stürzt ein.«
»Auch meinem Vater vertraut er!«
»Vielleicht etwas weniger. Und wenn er nur Boiacalus, den alten Trunkenbold, als Zeugen benennen kann…«
»Er hat ja selbst euer Lager gesehen!«
»Was kann er schon tief in der Nacht gesehen haben? Hier gibt es überall solche Lager. Wir haben die Männer nach und nach kommen lassen, sie sind überall ringsum in den Wäldern. Weil Varus so gern zu Gericht sitzt, kamen viele unter dem Vorwand, von ihm ihre Streitigkeiten entscheiden zu lassen. Das freute ihn, den Ahnungslosen. Jetzt ist er umstellt.«
»Aber er hat drei Legionen!«
»Gewiss, doch die haben einen Feldherrn, der nichts taugt – ihn! Das wird ins Gewicht fallen. Deshalb sei unbesorgt, alles wird gut werden. Auch für dich und mich! Nur kurze Zeit noch heißt es durchhalten.«
»Ich bitte dich, ich flehe dich an! Geh nicht zu diesem Abschiedsgelage!«
»Damit würde ich mich ja gerade verdächtig machen. Was bleibt mir also anderes übrig? Und jetzt muss ich dorthin zurück zu den Männern. Ein paar Maßnahmen sind zu
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