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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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hatte, nicht vertrauenswürdig genug. Und wie sollte sie nicht die Gelegenheit nutzen, Arminius einen Dienst zu erweisen, ihn zu treffen und vielleicht – hoffentlich – bestätigt zu finden, was sie sich in der Nacht überlegt hatte und was alles so schlüssig erklären würde. Sie liebte ihn, nichts hatte sich daran geändert und alle Anstrengungen, ihn zu vergessen, waren vergebens gewesen.
    Am Ende des Hohlwegs standen sie vor gekreuzten Lanzen. Segithank nannte das Losungswort. Die Posten wollten sie trotzdem nicht durchlassen. Dass das Mädchen eine wichtige Nachricht bringe, wie der Rotschopf versicherte, wollten sie nicht ungeprüft glauben. Einer erkannte die Tochter des Segestes, dessen Gesinnung weithin bekannt war, und bestand darauf, eine Genehmigung abzuwarten. Segithank erbot sich, diese sogleich zu beschaffen, wenn man ihm sagte, wo der Heerführer zu finden sei. Es hieß, er weise die Neuen ein, die tags zuvor bei Einbruch der Nacht gekommen waren.
    Sie musste warten. Segithank lief hinter den Wächtern einen Abhang hinab, an dessen Ende Nelda Männer bei Waffenübungen bemerkte. Frierend saß sie auf einem Stück Eichwurzel. Es regnete immer noch, aber unter dem Laubwerk der Eiche war sie einigermaßen geschützt. Das dünne Hemdkleid war durchnässt, das ebenso feuchte Umschlagtuch wärmte nicht. Sie zupfte das Kleid, so weit es ging, über die Knie, um ihre beschmutzten Beine zu bedecken. Und immer wieder strich sie die nassen Haarsträhnen zurück, die ihr im Gesicht klebten.
    Nach einer Weile wurden die Wachen abgelöst. Segithank war noch nicht zurückgekehrt. Die beiden neuen Wächter, zwei junge, langbärtige Chatten, die Nelda nicht kannten, hänselten sie und führten zweideutige Reden. Ob ihr Beschäler sie hier vergessen habe und ob sie nicht mit einem anderen vorlieb nehmen wolle. Schließlich kam einer feixend heran und streckte die Pranken nach ihr aus, sodass sie aufspringen und ins Unterholz fliehen musste. Dornen zerrissen ihr Kleid. Doch der Kerl folgte ihr nicht und als sie zurückblickte, sah sie ihn auf dem Boden liegen. Ein Faustschlag hatte ihn gefällt.
    »Nelda! Nelda, wo bist du?«
    Es war seine Stimme. Sie stürmte durch das Buschwerk ins Freie und wäre, über die Eichwurzeln stolpernd, fast hingestürzt. Er sprang noch gerade hinzu, fing sie auf. Sie umschlang ihn und presste sich an ihn. Doch gleich erschrak sie, fuhr heftig zurück und wollte sich losmachen.
    »Verzeih… Ich wollte nicht… bin nur…«
    Aber er hielt sie fest, zog sie wieder an sich, schlug seinen weiten Mantel um sie.
    »Ich – dir verzeihen? Ich – dir? Muss ich dich nicht hundertmal bitten, mir zu verzeihen?«
    Der Chatte hatte sich aufgerafft und sich mit scheelen Blicken auf seinen Posten verzogen. Segithank stand bei den Wächtern und spitzte die Ohren, in der Hoffnung zum Lohn für seinen Eifer von Neldas geheimen Nachrichten für den Heerführer etwas mitzubekommen. Doch Arminius befahl ihm: »Warte hier!« Er löste die Fibel an seinem Hals und hüllte Nelda ganz in den Mantel, der zwar auch nicht trocken war, doch immerhin etwas wärmte.
    »Komm.«
    Er führte sie in den Hohlweg, der nach ein paar Schritten um einen Felsvorsprung führte und sie den Blicken der drei Männer entzog.
    Hier blieben sie stehen, einander zugewandt und sahen sich an. Nelda senkte den Blick zuerst und seufzte.
    »Du musst mich hässlich finden. Ein Ast schlug mir auf die Nase…«
    »Ich fand dich niemals schöner!«
    Küsse, mit denen einer des anderen Gesicht bedeckte, immer hastiger, immer begieriger, ersetzten alles, was zu sagen war. Und als sie dann endlich Atem holten, waren Geständnisse und Erklärungen überflüssig geworden.
    Aber nun drängte es aus ihnen hervor und sie fielen einander ins Wort.
    »Wie musst du gelitten haben«, sagte er, ihre Hände haltend, »als ich nichts unternahm, nachdem meine Brautwerbung durch deinen Vater…«
    »Was konntest du schon unternehmen! Du warst ja in der Ferne, im Krieg…«
    »Ich kehrte zurück, und eine Entführung…«
    »Ich hoffte darauf, aber damals ahnte ich ja noch nicht…«
    »Ich musste wählen und hatte doch eigentlich keine Wahl.«
    »Das verstehe ich jetzt!«
    »Dich in Gefahr zu bringen, in Todesgefahr, als meine Frau…«
    »Das hätte ich auf mich genommen…«
    »Doch ich dachte, es ist besser, wenn sie mich wortbrüchig, kalt und abstoßend findet. Dann denkt sie wenigstens nicht mehr an mich!«
    »Aber hat es dir denn nicht weh getan, als

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