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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Aufstand? Man hätte im Sommerlager doch etwas bemerken müssen. Ich hatte eher den Eindruck, dass sich eure Leute langsam an uns gewöhnten.«
    »Vielleicht hätten sie das, wenn alle so wären wie du«, entgegnete sie. »Aber es ist zu viel Unrecht geschehen. Wir lieben die Freiheit und wollen keine Herren über uns.«
    »Du scheinst mehr zu wissen!«
    »Ja. Ich weiß mehr, und weil du mir lieb und wert bist, Gaius, warne ich dich. Du gehörst zu den verhassten Juristen, die so viele um ihre Freiheit und ihr Hab und Gut gebracht haben.«
    »Ich habe mich immer nach den Gesetzen gerichtet!«, protestierte er.
    »Nach euren Gesetzen. Jedenfalls meistens. Ja, du hast allzu harte Urteile vermieden. Doch glaub mir, sie werden keinen Unterschied machen. Sie sollen schon einige Richter geblendet haben. Wozu brauchen die ihre Augen, sagen sie, wenn sie ja doch nicht sehen, was wahr und gerecht ist. Steuereinnehmern hat man die Hände abgehauen, damit sie nicht mehr stehlen können. In eurer Gesellschaft ist auch ein Negotiator. Diese Geschäftemacher werden verabscheut.«
    »Ich bin ja auch der Meinung, dass sie zu habgierig und brutal sind«, räumte er ein. »Ich habe meinen Vater gewarnt…«
    »Rette ihn!«, unterbrach sie ihn drängend. »Und rette dich selbst! Oder soll es euch so ergehen wie denen dort?«
    »Doch wie…«
    »Ihr müsst versuchen, euch nach Aliso durchzuschlagen, ehe die Aufständischen dort sind.«
    »Wie kommen wir dorthin?«
    »Auf der Heerstraße, entlang der Lupia.«
    »Und wie erreichen wir die?«
    »Ich führe euch.«
    »Aber wir wollten uns doch verloben!«
    Er ergriff ihre Hand. Sie entzog sie ihm.
    »Dazu ist keine Zeit mehr!«
    »Ich liebe dich und ich will, dass du meine Frau wirst!«, sagte er heftig.
    »Ich liebe dich nicht, Gaius«, erwiderte sie ungerührt. »Niemand kann mich jetzt noch dazu zwingen.«
    Er starrte sie an. »Ich dachte bis heute«, stammelte er tief betroffen, »du hättest der Heirat freiwillig zugestimmt.«
    »So warst du im Irrtum. Ich gehöre einem anderen. Aber ich mag dich und schätze dich. Deshalb werde ich euch hier heraushelfen. Das ist das Einzige, was ich noch für euch tun kann!«
    Es gelang ihr schließlich, Gaius Sempronius zu überzeugen, dass nur die sofortige Flucht Rettung verheißen würde. Er weckte seinen Vater und dieser, tief bestürzt, eilte sofort zu den Zelten seiner zwölfköpfigen Wachmannschaft. Es stellte sich glücklicherweise heraus, dass sich deren Anführer, ein grauhaariger Optio, auf der Heerstraße und in ihrer Umgebung auskannte, weil er in den an der Lupia gelegenen Kastellen zeitweilig Dienst getan hatte. Eines derselben, wusste er, war das Quartier des Stammespräfekten Gabrinus, der für das Cheruskergebiet, zu dem der Gau des Segestes gehörte, zuständig war. Dorthin, meinte er, müsse man sich begeben. Die Gegend zwischen dem Wehrhof des Segestes und jenem Kastell, das am Oberlauf der Lupia lag, war ihm allerdings nicht bekannt und so riet er, Neldas Angebot anzunehmen. Im Morgengrauen wurden die Zelte der Wachmannschaft abgebaut. Der zweispännige Wagen des Negotiators rollte zum Tor.
    Die nächtliche Unruhe war jedoch bemerkt worden. Einer der Torwächter, Hauk, ein noch junger Kerl von riesigem Wuchs, dem ein Auge fehlte, war zum Herrenhaus gelaufen und hatte Alarm geschlagen. Segestes eilte mit vielen anderen herbei und erkundigte sich, was geschehen sei, warum die Römer so plötzlich aufbrachen. Der Senator antwortete ihm in schneidendem Ton, er habe seine Gründe, sich unverzüglich unter den Schutz der nächsten römischen Präfektur zu begeben. Wenn ihm etwas an seiner Freundschaft gelegen sei, solle er ihn und sein Gefolge ziehen lassen. Segestes versicherte ihm, dass sie bei Gefahr, falls eine solche drohe, nirgends besser aufgehoben seien als auf seinem Herrenhof. Doch Lucius Sempronius verlangte gebieterisch, dass man unverzüglich das Tor öffne. So blieb Segestes nichts anderes übrig, als den Wächtern zu befehlen, die Riegel zurückzuschieben und den Torbalken zu entfernen.
    Da schrie der Einäugige, der den Befehl ausführen sollte: »Wollt ihr die Römer entkommen lassen? Seht sie an, diese Elenden, diese Blutsauger! Fliehen wollen sie! In Sicherheit bringen wollen sie sich – und alles, was sie gestohlen haben! Sollen sie so billig davonkommen?«
    Segestes trat auf den Schreier zu und wollte ihn anherrschen, bemerkte jedoch im selben Augenblick, dass von allen Seiten empörte Rufe ertönten. Einige

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