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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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von hier, etwa einen Tag zu Fuß. Da haben sie Pferde. Hier gibt’s nichts als Vögel und Fische, und die verfluchten Krabben. Immer muss ich aufpassen, dass sie mir nicht die Köder von den Schnüren fressen.«
    Norden war für uns die falsche Richtung, aber immerhin wussten wir jetzt, wo wir waren. Ich begegnete Jecks Blick, und mir wurde schlecht. Zwei harte Tagesmärsche zu Fuß.
    Jeck riss den Blick von mir los und schwang sich auf das Floß, schon anmutiger, weil sich seine Muskeln ein wenig gelockert hatten. »Dürfte ich mir Euer Messer leihen, Madam?«, fragte er mit ausgestreckter Hand. Sie zögerte misstrauisch, ehe sie es von dem roten Band löste und ihm reichte. Er nickte zum Dank, ohne sie anzusehen, und schnitt das Segel los. Verwundert beobachtete ich, wie er zwei schmale Streifen davon abschnitt. Er wickelte sie sich um die nackten Füße, und ich nickte, als ich begriff.
    Ich zog mir das Kleid wieder über die Schulter und wartete darauf, dass er zwei weitere Streifen für mich abschnitt, doch stattdessen steckte er das Messer in den Hosenbund und begann zwischen den Dingen herumzukramen, die noch am Floß befestigt waren. Während die alte Frau über den Sturm der letzten Nacht plapperte, häufte er in der Mitte des Segels nützliche Dinge auf. Ich trat von einem Fuß auf den anderen und wollte mich endlich entschuldigen, um mich hinter den Busch zurückzuziehen, doch mein dringendes Bedürfnis war vergessen, als Jeck das Segeltuch zu einem Bündel raffte, sich umdrehte, vom Floß sprang und davonspazierte, das Bündel über der Schulter. Kein Abschied, kein gar nichts. Er hatte alles Wertvolle da drin. Es war nichts mehr da außer seiner zerfetzten Schärpe, die noch an den Mast gebunden war.
    »He!«, rief ich und tat einen schmerzhaften Schritt hinter ihm her. »Du hast noch ihr Messer!«
    Er blieb nicht stehen, doch sein Nacken spannte sich, und sein Schritt wurde steif.
    Die alte Frau zwickte mich in den Ellbogen und zischte mir ins Ohr: »Soll er es haben. Ist es nicht wert, sich deswegen schlagen zu lassen.«
    Meine Wangen wurden warm, und ich setzte mich in Bewegung. Die Stöckchen und Muschelschalen im Sand fühlten sich unter meinem linken Fuß scharf und spitz an und stumpf unter dem rechten. Meine Muskeln protestierten, doch ich war zu zornig, um auf sie zu hören. Der Wind, der sich in meinem Kopf hinter dem Ohr zusammengerollt hatte, erwachte wirbelnd zum Leben und flüsterte. »Gib ihr das Messer zurück!«, rief ich und wünschte dann, ich hätte das gelassen, denn mein Hals brannte fürchterlich. Was habe ich getan? Die ganze Nacht lang geschrien?
    »Sie hat es mir bereitwillig geliehen.« Er verlangsamte den Schritt kein bisschen. Sein breiter Rücken war leicht gebeugt. Er wusste, dass er etwas Falsches tat.
    »Sie meinte aber nicht, für immer. Gib es ihr zurück.« Ich holte ihn mit langen, schmerzhaften Schritten ein. Die alte Frau hatte uns den Rücken zugewandt, und ihre Haltung sagte mir, dass sie Angst hatte, sich einzumischen. Ich packte ihn am Arm, und er warf mich beinahe um, als er sich losriss.
    »Rühr mich nicht an«, sagte er drohend und drehte sich um.
    Ich starrte ihn überrascht an. »Dann gib ihr das Messer zurück«, beharrte ich, plötzlich unsicher.
    »Nein.«
    Zorn flackerte in mir auf. Er war größer und stärker als ich, und das würde er ausnutzen, der Schohschaufler. »Vielleicht ist das alles, was sie hat«, zischte ich. »Gib es zurück.«
    »Oder?«
    Das war so kindisch, dass ich am liebsten geschrien hätte. Der Sohn einer Hafenhure, dachte ich, als er mir den Rücken zukehrte und weiterging. Ein berauschendes, heißes Gefühl stieg ungebeten aus meinem Bauch auf und wirbelte mir im Kopf herum. Der Wind in meinen Gedanken zerrte an den Stricken, mit denen ich ihn gefesselt hatte. Er überflutete meinen Geist mit der Erinnerung an gedankenlose, ungehemmte Kraft. Meine Wut auf Jeck gab ihm ein klares Ziel. Panik erfasste mich, als eine tödliche Kraft ungebeten in meine Hände schoss.
    Nein!, dachte ich und riss die Hände von Jeck los, ehe der Impuls von mir auf ihn überspringen konnte.
    Meine Hände explodierten vor Schmerz, und ich schnappte nach Luft. Ich krümmte mich zusammen und krallte die Hände ineinander, bis die Nägel sich blutig in die Handflächen bohrten. Die weiter anschwellende Kraft kam mit einem Gefühl über mich, als rollten glühende Kohlen unter meiner Haut durch meinen Körper. Ich stand da, gekrümmt vor Qual, und wartete

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