Die gesandte der Köingin Tess 2
sie dort bleiben und sich still verhalten, falls er erst noch kommt.« Der dunkeläugige Mann wandte sich Königin Contessa und Prinz Alex zu. »Wenn die königlichen Hoheiten damit einverstanden sind?«
Er spielte sein Spiel mit meinen Figuren. Das hätte mich stören müssen, tat es aber nicht.
Contessa nickte mit grimmiger Miene, und Alex drückte sie fester an sich. »Ja«, sagte Alex ruhig. »Ihr habt unsere Zustimmung.«
»Ihr werdet ihn nie finden«, flüsterte ich und hustete dann. Meine Kehle fühlte sich an, als blute ich innerlich. Niemand hörte mich.
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagte Resh. Er bedeutete einem der Männer, die uns begleiteten, ihm zu folgen, wendete sein Pferd und ritt zur Stadt zurück. Die kleine Gruppe der Fußsoldaten hatte bereits kehrtgemacht und besetzte den Eingang zur Stadt. Kavenlow kam nun allein auf uns zu. Er saß groß und aufrecht im Sattel, wo er sich mehr zu Hause zu fühlen schien als vor seinen Büchern und Tintenfässern. Das Atmen wurde mir schwer, und am liebsten hätte ich mich ganz ans Ende zurückfallen lassen und dort versteckt, doch ich wusste, dass jede Bewegung von mir nur mehr Aufmerksamkeit erregen würde.
Meine Blindheit hatte es Duncan erst möglich gemacht, uns alle zu täuschen: die Hochzeitsreise zur See, das Schiff, das an einer günstigen Stelle wartete, mit seinem alten Lehrmeister als Kapitän, die Lampe, die herabfiel und mein Schiff in Brand steckte, das Ankertau, das er vermutlich durchtrennt hatte, und das alles zum günstigsten Zeitpunkt, wenn nur das Piratenschiff noch über das Riff hinwegkam. Im Glauben, dass er mich liebte, hatte ich ihm erzählt, was in Contessas Brief stand. Gott steh mir bei, wie war ich dumm.
Ich wollte gern glauben, dass der Puntabiss nicht beabsichtigt gewesen war – dass Duncan mit seiner Idee nicht versucht hatte, mich umzubringen. Ich wollte gern glauben, dass seine letzte, flehentliche Bitte, ich solle mit ihm fliehen, wahrer Liebe entsprungen war – dass er sich ein Leben mit mir wünschte, obwohl wir dieses Leben auf der Flucht vor einem betrogenen Lehrmeister und einem verratenen Königreich hätten führen müssen. Aber Gewissheit fand ich nicht. Er war nicht zurückgekommen, als ich nach ihm geschrien hatte, von Rylan grausam gequält. Vielleicht war das schon meine Antwort.
Ich hielt den Blick gesenkt, als Kavenlows Pferd sich bei uns einreihte und mit gewölbtem Nacken tänzelte. »Euer Hoheiten«, sagte er, und seine tiefe Stimme klang unendlich erleichtert und bewegt. »Ihr seid unversehrt? Bitte, nehmt mein Pferd. Ich kann zu Fuß gehen.«
»Nein«, entgegnete Contessa, und beim Klang ihrer Stimme hob ich den Blick und lugte hinter meinen angesengten Haaren hervor. »Ich fühle mich auf dem Pferd meines Mannes sehr wohl. Bleibt nur sitzen. Hauptmann Jeck hat schon recht getan. Und es wird den Leuten guttun, uns zusammen und wohlauf zu sehen.«
Ihre Aussprache war klar und präzise, und sie klang wie unsere Mutter. »Wie Ihr wünscht«, sagte mein Meister, und sein Blick huschte vom Königspaar zu mir. Er versuchte, meinen Blick aufzufangen. Ich wich ihm aus. Seine Stimme kam mir vor wie immer, aber ich hatte ihn hintergangen. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen.
»Kanzler«, flüsterte Contessa, und die aufgesetzte adlige Sprechweise fiel von ihr ab. »Mit Tess stimmt etwas nicht. Sie will nicht mit mir sprechen. Ich glaube, sie gibt sich allein die Schuld daran, dass Duncan uns alle betrogen hat. Ihr steht ihr sehr nahe. Reitet neben ihr weiter. Richtet ihr von mir aus, dass all das nicht ihre Schuld war. Bitte.«
Mir zog es das Herz zusammen, und ich kauerte mich noch tiefer in meinen Sattel. Meine Finger hielten krampfhaft die Zügel fest. Ich fragte mich, ob es womöglich einfacher wäre, gleich Reißaus zu nehmen.
»Danke sehr, Euer Hoheit. Ihr seid so gütig wie scharfsinnig«, entgegnete Kavenlow und wendete sein Pferd in einem kleinen Kreis, um sich zurückfallen zu lassen.
Mit pochendem Herzen hielt ich den Blick auf meine Finger gerichtet, als Kavenlow sein Pferd zwischen Jecks und meines drängte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er Jeck zunickte.
Die beiden tauschten irgendeine stumme Botschaft aus, und ich spürte, wie mein Herz in tausend Stücke brach und mit jedem Schritt meines Pferdes mehr zerbröselte.
»Tess?«, sagte Kavenlow mit tief besorgter Stimme. »O nein. Er hat dir das Haar angesengt? Geht es dir gut? Sag mir, was geschehen ist.«
Ich hatte ihn
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