Die gesandte der Köingin Tess 2
war dazu erzogen worden, eine Spielerin zu sein, meinen klugen Kopf zu gebrauchen, um andere zu manipulieren. Duncan hatte mich mit Methoden besiegt, die ich für unter meiner Würde hielt. Wie viel?, fragte ich mich nun. Wie viel von meinem Schmerz ist verletzter Stolz, und wie viel kommt von meinem verwundeten Herzen? Ich richtete mich auf, als ich erkannte, dass ich es nicht wusste.
Contessa bemerkte die Veränderung und sah mich fragend an. »Was soll das heißen – dass er aus Stolz gegangen ist?«, fragte sie zaghaft und wischte sich mit dem Ärmel die Nase.
Ich unterdrückte meine leise Empörung, denn ich wusste, dies war nicht der passende Zeitpunkt, sie wegen der hinterwäldlerischen Manieren zu tadeln, die immer zum Vorschein kamen, wenn sie unter Druck stand. »Contessa«, sagte ich leise. Ich wollte ihr nicht wehtun, fand aber, dass sie es verdiente, die Wahrheit zu erfahren. »Er hat gesehen, wie Alex dich geküsst hat, als ihr in die Stadt eingeritten seid.«
Sie machte ein entsetztes Gesicht, und ihr schmales Kinn zitterte, als sie begriff. »Das hat er gesehen?«, fragte sie mit bibbernder Stimme.
»Es war ein sehr zärtlicher Kuss«, fügte ich sanft hinzu. »Und du hast ihn erwidert.«
»Es war doch nur ein Kuss!«, fuhr sie auf, und ihre Emotionen schlugen blitzschnell von einem Extrem ins andere um. Dann sank sie in sich zusammen, ein grauer Schemen neben mir auf der Bank. »Und er war echt«, seufzte sie. »Ach, Schohgruben, Tess. Kein Wunder, dass er fort ist. Wie kann es denn falsch sein, jemanden zu lieben? Ich wollte Alex nicht lieben. Ich wäre damit zufrieden gewesen, eine Lüge zu leben, um niemandem wehzutun, aber ganz gleich, was ich jetzt tue, ich werde einen von ihnen verletzen. Warum muss Alex auch so verständnisvoll und nett sein? Wenn er gemein und hässlich wäre, dann wäre das alles nie passiert.« Sie rang die Hände im Schoß und verdrehte das Taschentuch immer fester. »Das ist doch nicht meine Schuld!«
»Contessa …«, besänftigte ich sie. »Er konnte nicht bleiben in dem Wissen, dass du Alex irgendwann lieb gewinnen könntest, selbst wenn dieser Tag noch in ferner Zukunft läge. Würdest du ihn denn bitten hierzubleiben, wo er mit ansehen müsste, wie die Liebe zwischen dir und Alex wächst, während er selbst immer im Schatten steht und weiß, dass er nie offen mit dir zusammen sein kann? Das hätte ihn zerfressen. Das Leben, das ihr gemeinsam geplant hattet, wäre zu einem verstaubten Kindheitstraum geworden, verglichen mit dem Leben, das du mit Alex teilen wirst.«
Sie schniefte und schwieg. Der Schimmer des Vollmonds glomm verschwommen über ihrer Schulter. Ich wollte nicht grausam sein, aber ich musste dies hier zu Ende bringen. Ich legte eine dunkel gebräunte Hand auf ihre. »Contessa, Thadd hat dir ein Geschenk gemacht, indem er fortgegangen ist. Genau wie Alex, als er seine Rosie verlassen hat.«
»Oh, bitte nicht«, sagte sie und bekam Schluckauf. »Das war schrecklich. Er dachte, ich sei sie. Er liebt sie so sehr. Hast du es nicht in seiner Stimme gehört? Wie konnte er sie einfach so verlassen? Dabei kannte er mich zu dem Zeitpunkt doch gar nicht …«
Ich blickte zu dem Licht auf, das aus Kavenlows Zimmer kam, und dachte bei mir, dass ich selbst jetzt noch das Spiel spielte, obwohl es für mich ja nun verloren war. Wenn ich Contessa davon überzeugen konnte, dass es nicht falsch war, Alex zu lieben, dann würde das Königreich stark genug sein, um hundert Kriege zu überstehen.
»Alex wusste um die Möglichkeit, dass du ihn lieb gewinnen könntest … und er dich«, erwiderte ich und redete mir ein, dass es mir dabei genauso um Contessas Glück ging wie um Kavenlows verdammtes Spiel. »Und Alex war es lieber, auf sein Schattenleben mit Rosie zu verzichten, als das Risiko einzugehen, du und er könntet Liebe in einer Ehe finden, die dann von einer eifersüchtigen Frau zerstört wird. Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch«, redete ich ihr zu. »Ich kann dir keine bessere Antwort geben. Alex hat sie verlassen, weil er es tun musste.« Contessa schniefte, was ekelhaft klang, und ich fügte hinzu: »Genau deshalb hat Thadd dich verlassen. Er wusste, dass du ihn nie fortschicken könntest und dass du ihn eines Tages eben dafür hassen würdest, dass du es nicht über dich bringst. Jetzt wird die Liebe, die euch beide verbunden hat, nie von so etwas getrübt werden.«
Sie schwieg, emotional erschöpft. »Wenn ich doch nur mit ihm reden könnte«,
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