Die gesandte der Köingin Tess 2
mögliches Interesse an dem Schiff ging, sondern darum, ein wenig zu prahlen.
Jeck bewegte unruhig die Hände. Eine davon legte sich auf den Schwertknauf, und ich sah kurze Überraschung in seinem Blick aufflackern, da die neue Waffe sich wohl ungewohnt anfühlte. Kapitän Borlett nickte, und Duncan spielte mit den Ringen an seinen Fingern herum, offenbar begierig auf die Gelegenheit, den ahnungslosen Kapitän der Kellys Saphir gründlich auszunehmen. »Abendessen?«, fragte Jeck, und aus dem einen Wort konnte ich nicht heraushören, was er dachte.
»Abendessen«, bekräftigte ich. »Das wird Contessa Gelegenheit geben, an ihrer Etikette zu arbeiten, ehe wir kommenden Monat mit unseren Nachbarn weiter unten an der Küste zusammentreffen.«
»Der Himmel steh uns bei, ja«, brummte Jeck. »Ich kümmere mich um die Sitzordnung.«
»Das wird Contessa selbst tun«, widersprach ich rasch. »Sie muss üben.«
Jeck runzelte die Stirn, straffte die Schultern und wirkte nun ein wenig aggressiv. In der nahenden Dämmerung sah er noch dunkler aus, und das Hauptmannszeichen auf der schwarzen Schärpe um seine Taille schien zu leuchten. »Das ist eine Frage der Sicherheit. Und die überlasse ich gewiss keiner Nonne«, sagte er.
Ich stemmte die Hände in die Hüften und ärgerte mich darüber, dass ich zu ihm aufblicken musste. »Sie ist keine Nonne«, entgegnete ich scharf. »Und ich werde ihr dabei helfen. Sie kann ja nichts lernen, wenn keiner von euch sie irgendetwas tun lässt.« Dies war mein Spielfeld, und seine Einmischung passte mir nicht.
Er stieß müde den Atem aus, so dass seine ganze Brust einsank. Der Interessenskonflikt war offenkundig. Seine Pflichten als Hauptmann forderten von ihm, seinem fernen König zu gehorchen und für Alex’ Sicherheit zu sorgen, bis sein Brotherr ihn wieder nach Hause beorderte, doch als Spieler war er in der Pflicht, seinen Einfluss auf Alex so gering wie möglich zu halten. Der Prinz hatte ins Königshaus von Costenopolis eingeheiratet und war somit zweifellos meine Figur, deren Spielzüge und Schutz jetzt meine Angelegenheit waren. »Schön«, sagte er säuerlich. »Aber wenn sie mich zu weit von Prinz Alexander entfernt platziert, setze ich mich um. Die Frau hat das politische Feingefühl einer Ente.«
Duncan lachte, und ich gab ihm mit dem Handrücken einen Klaps an die Schulter. »Sei still«, ermahnte ich ihn. »Sie bemüht sich ja.«
»Gib es auf, Tess«, sagte der Falschspieler, und Jeck nickte in die Runde und ging. »Die Frau ist hoffnungslos, und das weißt du genau.«
Kapitän Borlett berührte die Krempe seines mit Salz verkrusteten Hutes und ging auf das Steuerrad zu, vermutlich, um Haron Bescheid zu geben, dass wir vor der Insel ankern würden. Duncan begann erwartungsvoll vor sich hin zu summen, und seine Hände vollführten Bewegungen, die ich inzwischen als seine gewohnte Vorbereitung, das Aufwärmen vor einem Kartenspiel erkannte. Ich versuchte ihn zu ignorieren und sah Jeck nach, der zielstrebig über das schwankende Deck schritt. Der große Mann bewegte sich mit einer Balance und Selbstsicherheit, die ich beneidete, mit maßvollen, langsamen Schritten. Duncan hörte auf zu summen, ich sah mich nach ihm um und bemerkte, dass er mich fragend musterte.
»Irgendwann erwischen sie dich«, sagte ich, und ein teuflisches Grinsen breitete sich über sein Gesicht. Stirnrunzelnd ging ich zur Luke, nicht annähernd so anmutig wie Jeck, obgleich ich mich bemühte. Contessa würde ein wenig Vorbereitung brauchen, und ich wollte alles perfekt haben, denn Jeck würde ja dabei sein und meine wachsenden Fähigkeiten als Spielerin begutachten.
4
Das gelbliche Licht der Lampe, die über dem schmalen Tisch hing, zeichnete Bögen auf das Holz, erhellte den beengten Offizierssalon und vermengte sich mit der angenehmen Unterhaltung und der Wärme, die sich dem Essen und der Enge verdankte. Zusätzlich brannten Kerzen, die sich schimmernd in dem Porzellan spiegelten, von dem Contessa und Alex speisten. Von oben war der Lärm der Mannschaft zu hören, die ihr Bier an Deck genoss, da der drohende Regen nun doch ausgeblieben war. Das nahende Unwetter hatte uns nicht mehr gebracht als heftigen Wind und hohe Wellen, und dabei würde es vermutlich auch bleiben.
Ich schob meinen Teller fast unberührt von mir, denn ich fand das Schaukeln der Strandläufer sehr unangenehm, seit wir nicht mehr sanft mit den Wellen rollten, sondern am Ende der Ankerkette abrupt auf und ab
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