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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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empor. Der Gedanke, dass die Sonne für ihn nie wieder aufgehen könnte, war ihm noch nie gekommen. Die Erkenntnis des Todes ist schrecklich für ein Tier. Der Punta drang suchend in meinen Geist ein, um ihn zu verstehen, und erfuhr durch mich von seinem bevorstehenden Tod – allein und elend am Grund dieser Grube, um dann gehäutet und stolz herumgezeigt zu werden.
    Seine Verzweiflung durchdrang mich so stark, dass sie mir die Luft abschnürte und ich selbst dann nicht hätte atmen können, wenn es mir gelungen wäre, das Zucken lange genug zu unterdrücken, um meine Lunge in Gang zu setzen. Er hatte nichts vom Tod gewusst. In mir sah er das Ende seines Daseins und begriff.
    Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass wir beide sterben würden. Vielleicht, dachte ich, als mein Verstand zu erlahmen begann und meine Gedanken immer unzusammenhängender wurden. Vielleicht konnte ich in meinem Tod noch so etwas wie Gnade finden, indem ich ihn rettete. Diese Welt in dem Wissen zu verlassen, dass ich ihm die Freiheit geschenkt hatte, könnte meiner Seele Frieden bringen.
    Während ich zuckte und langsam erstickte, weil ich nicht atmen konnte, drang ich ein Stück in seine von Schmerz zerrissenen, wirren Gedanken vor und schob das Bild hinein, wie er meinen zusammengekrümmten Körper als Sprungbrett nutzte. Ich brachte ihn nur einen knappen halben Meter über den Boden, doch das könnte reichen. Ich zeigte ihm ein Bild davon, wie er auf mich und dann hinauf zu den Männern sprang, die er hasste, wie sich seine großen Klauen in den Rand des Lochs gruben und seine hinteren Pranken über die Grubenwand scharrten, bis er sich hinausziehen konnte. Ich sah in meinen Gedanken die Männer wie Mäuse vor ihm fliehen, während er die Fackeln und den Lärm hinter sich ließ. Und ich sah ihn mit den wunderbaren Schwimmhäuten zwischen den Zehen davonschwimmen, und er würde nicht innehalten, ehe er die Küste und die Einsamkeit der Berge gefunden hatte.
    Der Punta glaubte mir. Es war die Angst davor gewesen, was außerhalb dieser Grube liegen mochte, die ihn bisher davon abgehalten hatte, es ernsthaft zu versuchen. Jetzt, mit meinen Bildern als Erklärung, war er bereit, es zu wagen.
    Ein Stöhnen drang zwischen meinen verkrampften Kiefern hervor, als er mit seinem ganzen Gewicht auf mir landete und mir noch die restliche Luft aus der Lunge presste. Dann war sein Gewicht fort, meine Brust dehnte sich wieder aus und füllte dadurch meine Lunge mit lebenspendender Luft, obwohl meine Muskeln mit ungeheurer Kraft zur Reglosigkeit verkrampft waren. Mein Geist klärte sich dank des Atemzugs lange genug, um das Geschrei der Männer zu hören und zu bemerken, dass die Gedanken des Puntas plötzlich aus den meinen verschwunden waren. Die Distanz hatte uns getrennt, was mir zuvor nicht gelungen war. Dann überwand die Schwärze sogar diese Erkenntnis, und ich glitt ins schmerzlose Nichts hinüber.
    Mein letzter Gedanke galt der Hoffnung, dass ich vielleicht eine Erinnerung in dem Punta hinterlassen hatte, damit er nicht ganz allein sein würde, wenn er wieder an den Tod dachte.
     

 
    9
     
    Als Erstes kehrten Gefühle zu mir zurück. Verlust und Kummer und ein großer Zorn, genährt von Hilflosigkeit. Die Mischung war verwirrend. Sie passte nicht zu meiner letzten Erinnerung. Ich wusste, dass diese Gefühle meine waren, und hätte gern versucht, irgendeinen Zusammenhang herzustellen, aber nun rückte eine neue Empfindung in mein Bewusstsein.
    Die Geräusche von Wind und Wasser wurden immer klarer, dann die schaukelnde Bewegung eines kleinen Boots auf rauer See. Da erkannte ich, dass dies ein Traum war, der aber keinem Traum glich, den ich je zuvor geträumt hatte. Ich war wach und mir meiner bewusst, und statt diesen nebulösen Traumzustand einfach hinzunehmen, wog mein Verstand die Empfindungen und inneren Bilder gegen Logik und Erfahrung ab.
    Damit schien sich ein dichter Nebel um mich aufzulösen, und die chaotischen Empfindungen wurden mir begreiflich. Ich lag kaum einen Fuß hoch über zornigen Wellen auf einem Floß aus Fässern und zerrissenem Segeltuch und … etwas, das aussah wie eine Tür? Mein Zorn und meine frustrierten Sehnsüchte wallten erst recht empor, und ich probierte die Gefühle, als gehörten sie jemand anderem. Der Wind blies mir das Haar vors Gesicht, so dass ich kaum etwas sah, aber er war nicht kalt.
    Meine Hände waren mit einem schwarzen Seidentuch gefesselt, und Jeck, der Hauptmann der Misdever Garde, saß im

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