Die gesandte der Köingin Tess 2
doch jeder Schritt rüttelte mich durch. Jeck atmete tief aus, und sein Blick wurde leer, als versenke er sich tief in sich selbst. Ich hingegen spannte mich an, als mir der Gedanke kam, ich könnte ihm das Wissen, wie er mit den Händen heilte, vielleicht stehlen. Er wollte es mich ja nicht lehren, sondern hob es sich als Karotte auf, die er vor meiner Nase baumeln ließ, um mich irgendwann doch von Kavenlow fortzulocken.
Während mein Herz erwartungsvoll pochte, wich der Schmerz in der Bisswunde einem warmen Kribbeln. Meine Schultern sanken herab, die Lider wurden mir schwer. Wie warmes Wasser strömte das Gefühl in kleinen Wellen durch mich hindurch, und es überraschte mich nicht festzustellen, dass meine Atmung sich Jecks angepasst hatte. Es war wie … als wäre ich in eine vom Feuer gewärmte Decke gehüllt, und ich ignorierte den winzigen Gedanken an einen möglichen Verrat und ließ einfach alles geschehen. Das Gefühl war tröstlich, und ich brauchte Trost – selbst, wenn der eine Lüge sein mochte.
»Guter Gott!«, flüsterte er, und ich riss die Augen auf. Der Frieden, den er mir gebracht hatte, erlosch. Angst durchzuckte mich, als ich einen Anflug von Panik in seiner Miene entdeckte, ehe er wieder seine undurchdringliche Maske aufsetzte. »So viel«, fügte er unwillkürlich hinzu, und seine braunen Augen konnten seinen Schrecken nicht verbergen.
Ich zwang mich, unter seinen Händen stillzuhalten, obwohl ein leichtes Jucken mich dazu drängte, mich zu bewegen. »Gift?«, riet ich. Seine Hände verströmten immer noch Wärme, und es widerstrebte mir, mich ihnen zu entziehen. Ich konnte spüren, wie diese Wärme sich in mir ausbreitete und auch die Wunde an meinem Arm berührte, ehe sie zu einem allgemeinen Wohlgefühl zerfloss.
»Sogar die jetzt noch verbliebene Menge ist gefährlich«, entgegnete er mit einem leichten Lallen. »Dagegen kann ich nichts tun, aber indem ich die Heilung beschleunige, kann ich das Gift vorübergehend im Gewebe einschließen, damit es dich nicht tötet. Die Wirkung ist die gleiche wie beim Druckverband deines Diebes. Es tut mir leid, aber mehr kann ich nicht tun.«
Er sah mich an. Als hätte sich der Nebel vom Hafen verzogen, klärte sich sein Blick. Er ließ die Hände von meiner Schulter sinken. Immer noch kribbelte mein Körper von seiner Berührung. Der Schmerz versprach, bald wiederzukehren, doch für den Augenblick war er gebannt.
»Danke«, flüsterte ich, aus irgendeinem Grund noch verängstigter als zuvor. Warum hat er das getan? Kavenlow konnte ihm keine Schuld daran geben, wenn ich an einem Puntabiss starb. Er war über jeden Verdacht erhaben, und mein Tod würde Jeck einen beträchtlichen Vorteil bringen, weil Kavenlow dann gezwungen wäre, seine Aufmerksamkeit zwischen dem Spiel und der Ausbildung eines neuen Lehrlings aufzuteilen.
Jeck wich meinem Blick aus und nahm die Zügel aus meinen schlaffen Fingern. »Dass du bis jetzt überlebt hast, ist ein Wunder«, brummte er. Er hatte mich wohl nicht gehört, so tief war er noch in seinen Gedanken versunken. »Ich weiß auch nicht, welchen Schaden so viel Gift bei dir hinterlassen wird.«
»Du hast mir das Leben gerettet«, hauchte ich, und alles verschwamm mir vor den Augen, während ich mir das Weinen verbot. »Danke«, wiederholte ich, denn ich wollte, dass er meine Dankbarkeit zur Kenntnis nahm. Ohne seine Hände fühlte meine Schulter sich kalt an, und ich legte meine eigene Hand darauf. Das Kribbeln verblasste zu einer Erinnerung und hinterließ nur einen schwachen, dumpfen Schmerz. Das war die Wirklichkeit meiner Schulter, die in unseren Traum hereinschlüpfte.
Anscheinend verblüfft begegnete Jeck meinem Blick und sah rasch wieder weg. »Dank mir nicht, ehe du mit deinem Lehrmeister gesprochen hast«, erwiderte er geheimnisvoll.
Ich war wieder an seine Brust gerutscht, und er war sehr nahe. Ich ließ die Hand sinken und bekam Angst, weil er plötzlich so verschlossen wirkte. »Was ist denn?«, fragte ich. »Was hast du gesehen?«
Jeck trieb Jy mit dem Zügel an, doch das Pferd ging kein bisschen schneller. »Der Giftpegel in deinem Körper ist zu hoch«, antwortete er leise. »Du kannst nicht mehr spielen.«
Meine Augen weiteten sich. Ich hatte den Geschmack von Asche auf der Zunge und bekam keine Luft mehr. Der Grundpegel im Körper eines Spielers stieg mit der Zeit und vielen Dosen Gift allmählich an. Der Pegel sank auch nur sehr langsam, wenn der Spieler gänzlich auf Gift verzichtete. Es war
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