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Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Titel: Die Geschichte der Anna Waser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Waser
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fürgebracht, als auch schon die beiden Damen mit großer Acclamation ihre Zustimmung erteilten und absonderlich die Französin ihrer Freude über die junge Malerin beredten Ausdruck gab. Es wurde dann, daß ich Euch morndes die Sache in einer Epistel vorlegen solle, raschestens beschlossen, und meint der hochedle Herr, daß Ihr Eure Reis’ auf die ersten Täg des beginnenden Jahres ansetzen solltet, allwo ein anderer Schweizer, ein junger Schaffhauser derer im Turn, den er als einen Pagen engagierte, herkommt, mit dem Ihr zu reisen Euch wohl verbinden könntet.
    Das also, viellieber Schwager, ist die große Zeitung, so ich Dir zu geben habe, und bitte ich Euch, die Sach förderlichst zu betätigen, auch zu veranlassen, daß eine schöne Zahl recommandationes, so von M.G.H., dem Rat und Bürgermeister, als einzelnen Respektspersonis, wie etwan von Professor Schweizer und Antistes Klingler, Deinen Lehrern und Fürgesetzten, an den Hochedeln abgehen mögen, daraus er sehen mag, daß ich nicht selbstsüchtig und übertriebenerweis Euch empfohlen, besonderlich, da ich ihm, daß Ihr meiner Liebsten Geschwister seid, nicht verborgen. Nun aber zweifle ich nicht, daß Ihr alle diese große Ehrung als ein Glück und göttlich Fügung dankbarlich empfinden werdet, wie denn auch ich mit einem frohen übervollen Herzen heimwärts ritt, derweil mein Begleiter mir die Vorzüg und Macht dieser edeln, nicht allein mit dem Brandenburgischen Kurfürsten, sondern auch mit dem englischen Königshaus verschwägerten Dynastei mit vielen und warmen Worten schilderte. Und ist zu sagen, daß der Graf Wilhelm Moritz, ein Mann von außerordentlichen Geistesgaben, ein väterlich gütig Herz gegen seine Untertanen heget, solche er weniger als servos denn als lieben Kinder behandelt, ihnen neben der Arbeit etwelche, in allen Züchten gepflogene recreationes wohl gönnend, insgemein aber mit Erbauen von erwerbbringenden institutiones, als Hochöfen, Eisenhämmer, Drahtzügen und Sensenschmieden für den Wohlstand seines Landes gar emsiglich bedacht ist. Auch hat er über seine an den eignen Untertanen erwiesene Güte Fremden, insonderheitlich denen armen Exulanten, ein väterlich Herz zu erzeigen nicht unterlassen und den armen Elenden sein Land also liebreich erschlossen, daß man hier in zweien, gänzlich denen réfugiés eingeräumten Dörfern kein ander dann welsch Wort hören mag. Und wie ihn denn sein weit Herz neben der Lutherischen auch die Calvinische Lehr in seinem Land zu dulden treibet, so ist er gar — darüber aber mag ein Schweizer, dem annoch der Lärm von Villmergen in den Ohren liegt, sich füglich wundern — denen Katholischen, so im Angesicht des Schlosses ein alt Nonnenkloster besitzen, nicht allein ein gütiger Nachbar, sondern den Altenburgi Virgines selbst ein kräftiger Berater. An seinem Hof aber soll der Hochedle ein gar liebreicher Hausvater so gegen seine vielzarte Eheliebste als seine drei Kinder, ein Mägdlein und zwei Knaben, die ich auch zu sehen bekam, sein, wie seinen Gästen, deren er — ein rechter Liebhaber von ritterlichen divertissements, wie Wüssenschaft und Künst — gar viele bei sich besammelet, ein froher und liebenswürdiger Wirt, und wird es Euch, liebsten Geschwistern, die Ihr an ein streng und fast engherzig Regiment gewöhnt seid, an diesem lieblichen Ort seltsam bedünken, allwo der Geist so hell und weit wie der Blick, der hier vom Taunus bis zum Westerwald und an die Vögelberg hinunter durch ein weit sonnenreich Land aufs wohligste sich ergehet. So aber der Herr Amtmann, Euer edler Vater, von diesem frohen und hellen Wesen ein Schaden für Euch befürchten sollt’, mag er sich füglich getrösten, dieweil ich niemalen einen Mann getroffen, der denen höchsten Dingen gegenüber im Ewigen und Zeitlichen ein frömmern, demütigern und herzhaftern Sinn erzeiget denn dieser weise und hochfühlende Fürst, wie ich aus etlichen seinen Worten herzinniglich vernehmen konnte.
    So hoff’ ich denn, daß Ihr diese epistulam mit gleicher Herzensfreud, wie ich sie schrieb, lesen und einen frohen Entscheid in Bälde treffen möget. Die condiciones werden nicht anders sein, als Ihr Euch wünschen könnt, und glaub’ ich, daß meine Jungfer Schwägerin hier nicht allein Gelegenheit haben wird, ihre Kunst aufs glücklichste zu zeigen und an den erfreulichsten Objekten zu üben, sondern, daß sie auch an denen hohen Damen, insonderheitlich der in allen Künsten und Wüssenschaften bewanderten Marquise

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