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Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Titel: Die Geschichte der Anna Waser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Waser
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rannte es davon, gradwegs zu ihr herauf, im nächsten Augenblick mußte es um die Ecke biegen.
    Rasch zog sich Anna vom Fenster zurück; aber da ertönte auch schon von unten ein heller Ruf: „Holla, Hans! Nicht dorthin, links halten, sonst gerätst in die Reben!“
    Überrascht lauschte Anna auf: Diese Stimme? Die mußte sie schon gehört haben irgendwo! Mit scharfen Gedanken durchforschte sie ihre Erinnerung. Wo war es nur? Etwas Frohes war es, soviel stand sicher — und ein Bild stieg vor ihr auf: Goldgelb Laub vor tiefblauem Himmel und ein müder modriger Duft — ein Herbstwald wohl; aber weiter kam sie nicht.
    Nachdenklich wandte sie sich in die Kammer zurück, während das rasch sich entfernende Pferdegetrampel Regensberg zu wehmütig verklang. Sie machte sich an die Morgentoilette, und da sie eben ihr Haar zu kämmen begann, erwachte endlich auch das Enneli. Nach Art von Kindern fing sie mitten aus dem Schlaf gleich munter zu plaudern an: „Ist das Wetter schön?“ rief sie fröhlich.
    Anna bückte sich über sie: „Ja, kleine Braut, die ganze Welt voll Sonne!“ — und sie küßte die Warme zärtlich auf die Stirn — „Glück und Gottes Segen zum heutigen Tag!“
    Die andere lachte vergnügt, ein wenig überlegen. Glück? Ja, hatte sie es denn nicht allbereits und sicher in vollen Händen? Dann aber sah sie Anna überrascht an: „Ist’s schon spät, daß so weit bist?“
    Diese beruhigte sie: „Nein, nein, die erste Tür hab’ ich eben gehört im Haus, wart nur ruhig; ich aber muß fertig sein, wenn die Brautkinder kommen,“ und sie machte sich wieder an ihre Zöpfe.
    „Was für ein Haar du hast!“ rief Enneli voller Bewunderung, und sie fügte betrübt hinzu: „Ich, wenn ich nur halb so viel hätt’ und nur halb so langes, ich wär’ glücklich!“
    Aber Anna lächelte: „Frag den Rudolf, welches ihm besser gefällt? Wetten will ich, das deine scheint ihm tausendmal schöner.“
    Das Mädchen lachte dankbar, und dann aus dem Bedürfnis, auch der andern etwas Liebes zu sagen: „Du bist allweg schön,“ sagte sie ernsthaft. „Nicht begreifen kann ich, daß du keinen Mann bekommen annoch, vielleicht gar bist ihnen zu gelehrte und zu fein! Aber,“ fuhr sie dann tröstlich fort, „leicht ist der Recht noch ausgeblieben und kommt er erst.“
    Anna lächelte, halb belustigt und ein bißchen wehmütig; denn sie spürte das Mitleid aus den gutgemeinten Worten. Dann vollendete sie rasch die Toilette und brachte Bett und Kammer in Ordnung.
    „So, und nun zu der kleinen Braut!“ Von einer Sidele nahm sie ein bereitgelegtes schneeweiß und reichbesticktes Leinwat und breitete es sorgfältig über Ennelis Bett, dann zog sie dem Mädchen ein weißes Spitzenhäubchen über den von zahlreichen Papilloten lustig umsteckten Kopf und gab ihr den festen staatsmäßigen Maien in die Hand, den die Pfarrerin am Vorabend gebunden, sinnreich unter Zugabe von allerlei beziehungsvollen und glückbringenden Kräutlein. „Ganz festlich siehst aus,“ lachte Anna, während Enneli sich erwartungsvoll aufsetzte; denn allbereits vernahm man ein lustiges Wispern und Kichern die Treppen herauf.
    Langsam öffnete sich die Tür, und hintereinander erschienen, feierlich mit ihren Gaben beladen, vier Mädchen, die drei jüngeren Schwestern der Braut und das Estherlein, überragt von der stattlichen Figur der Frau Pfarrerin. Die Teucher-Mädchen hatten alle das rosig vergnügte Stumpfnasengesichtchen der Braut und ihr spärliches blondes Haar, das die älteren bereits zierlich um den Kopf gelegt trugen, während es beim Jüngsten als zwei winzige Zöpflein links und rechts hinter den Ohren hervorstach. Das mehr städtisch gekleidete Estherlein mit den dunkeln Locken, den grünblauen Augen und den roten Lippen im weißen Gesicht erschien daneben recht als ein fremdländisches Pflänzlein.
    Nachdem die Kinder sich neben der Tür in einer Reihe aufgestellt, kam eins nach dem andern mit seiner Gabe hervor, die es unter Hersagen eines Sprüchleins auf der weißen Decke niederlegte. Zuerst trat das jüngste Teucherlein heran mit dem bestickten und fein gefältelten Hemd:
    „Wir bringen der Brut ihr Hochzytshemd,
Die heilig Sankt Rägel ihr Segen dreinspend.“
    Dann folgte die Älteste mit dem schwerseidenen Staatsgewand, das sie auf einer Kleiderstange mühsam vor sich herschob:
    „Wir bringen der Brut ihr Hochzytskleid,
Trag alleweil Glück, niemalen keis Leid.“
    Sorgsam auf beblümtem Teller bot die dritte den hohen,

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