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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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einreichen will, wird er von einem rechtsradikalen Fanatiker erschossen. Chaos bricht aus, die bayerischen Kommunisten gründen nun tatsächlich eine Räterepublik, die bald blutig niedergeschlagen wird.
    Die Geschehnisse in Bayern sind ein typisches Beispiel dafür, wie die politischen Entwicklungen in dieser Zeit häufig ablaufen: Linke Republikaner ergreifen die Macht, halten sich aber an die demokratischen Spielregeln. Die konservative und nationalistische Rechte lehnt Demokratie und Republik ab und durch ihr gewalttätiges Eingreifen eskaliert die Lage. Die Mittel, mit denen die Rechte vorgeht, sind so einfach wie brutal: Mordanschläge auf prominente Führer der Linken oder ein Einmarsch der von ehemaligen Offizieren geführten Freikorps in die Regionen, in denen linke Regierungen am Ruder sind. In diesen Gruppierungen sammeln sich ehemalige, jetzt entlassene Armeeangehörige, die den Weg zurück in das Zivilleben nicht finden.
    Gewalt von links bricht im Januar 1919 aus. Dieses Mal in Berlin. Der Spartakus-Bund probt den Aufstand. Die Spartakisten sind die radikalste Gruppierung innerhalb der USPD und ein Vorläufer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die zur Jahreswende 1918/19 gegründet wird. Der wichtigste Mann im Vorstand ist Karl Liebknecht. Sein Vater Wilhelm Liebknecht gehörte zu den Begründern der SPD, und der Sohn hat sich früh radikalisiert. Bis kurz vor Ende des Krieges sitzt dieser im Gefängnis. Am 9. November ruft er nahezu im Alleingang und von niemandem autorisiert in Berlin die Sozialistische Deutsche Republik aus. Liebknecht und seine Mitkämpfer wollen mit dieser Aktion ein Signal zum allgemeinen Volksaufstand geben. Die von der Mehrheit der Arbeiter- und Soldatenräte beschlossene Wahl zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung lehnen sie ab. Ihr Ziel ist ein System nach dem Vorbild der Sowjets. Die Spartakus-Leute täuschen sich völlig über die wahren Machtverhältnisse im Land und die Stimmung in der Bevölkerung. Der Funke springt nicht über. Stattdessen wird der Aufstand innerhalb weniger Stunden blutig niedergeschlagen. Angehörige der Gardeschützenkavallerie spüren Karl Liebknecht in einem Versteck auf und ermorden ihn kaltblütig – »auf der Flucht erschossen«, heißt es in den Zeitungen. An seiner Seite steht Rosa Luxemburg. Erst |203| nach langem Zögern stimmt sie dem Aufstand der Spartakisten zu. Auch sie wird nach ihrer Gefangennahme brutal ermordet. Ihre Leichen wirft man in den Landwehrkanal.
    Die Verhältnisse werden seit 1919 auf beiden Seiten immer radikaler und gewalttätiger. In den konservativen Zeitungen häufen sich die Artikel, in denen ganz offen zum Mord aufgerufen wird. Die Deutsche Allgemeine Zeitung schreibt beispielsweise, zur »Niederwerfung« der Kommunisten würden »Theorien nicht genügen«, es sei vielmehr nötig sei, ihnen »Gewalt gegenüberzustellen«. Auch der Vorwärts stimmt in den Chor der Hasserfüllten ein. Auf Großplakaten, deren Herkunft schwer zu orten ist, können die Berliner in diesen Tagen lesen: »Schlagt ihre Führer tot! Tötet Liebknecht und Luxemburg! Dann werdet ihr Frieden, Arbeit und Brot haben.« Die Stimmung ist aufgeheizt. Nun kämpfen nicht mehr nur die Rechten gegen die Linken. Auch die Linken untereinander schlagen – zumindest verbal – aufeinander ein.
    Rosa Luxemburg (1871–1919)
    Rosa Luxemburg ist nicht nur eine brillante Theoretikerin und glänzende Rednerin, sondern auch eine mutig-idealistische Kämpferin. Kleingewachsen, durch ein Hüftleiden leicht hinkend, wirkt sie gebrechlich und zart, aber ihr starker Wille und ihre hohe Intelligenz geben ihr eine große innere Unabhängigkeit. Ihre Briefe weisen auf eine höchst empfindsame Persönlichkeit hin, deren Humor und scharfer Witz auch August Bebel, mit dem sie befreundet war, zugleich fesseln und ärgern. Rosa Luxemburg ist eine der herausragenden Frauen in der modernen Politikgeschichte. Ihre Arbeiten über Marxismus und Nationalökonomie, Militarismus und Imperialismus, Massenstreiks und Revolution zählen zu den Standardwerken der Arbeiterbewegung.
    Die sozialistische Politikerin und Theoretikerin wird in Polen geboren. Sie stammt aus einer wohlhabenden, jüdischen Familie. In Zürich studiert sie Nationalökonomie und trifft dort nicht nur mit Lenin, sondern auch mit vielen anderen Emigranten zusammen, deren sozialistisches Weltbild die Studentin beeinflusst. In Polen gründet sie eine Sozialistische Partei, worauf sie in Konflikt

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