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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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garantiert im Kalten Krieg die Sicherheit Westdeutschlands. Ohne Bundeswehr aber ist er nicht zu haben. Aus der Sicht Englands und Frankreichs bleibt die neue deutsche Armee durch die westdeutsche NATO-Mitgliedschaft unter der Kontrolle des Bündnisses. Damit schwinden die Ängste vor neuen deutschen Alleingängen und die BRD weiß unmittelbar in der Nähe des Eisernen Vorhangs einen starken Verbündeten hinter sich. Denn auch nach Stalins Tod im März 1953 bleibt die Sicherheit Westeuropas bedroht. Besonders natürlich die Deutschlands. Auf dem Boden der beiden deutschen Staaten vollzieht sich ein gigantischer Truppenaufmarsch der Supermächte, begleitet von der zumindest verbal aggressiven Politik der Sowjetunion, die sich für Bonn in der heiklen Situation Westberlins widerspiegelt. Das alles gibt Adenauer in den mehrheitlichen Augen der Wähler Recht.
    Schon die zweiten Bundestagswahlen am 6. September 1953 zeigen, dass die Politik des »Alten von Rhöndorf« auf eine immer breiter werdende Zustimmung stößt. Die SPD bleibt nun mit 28,8 Prozent weit hinter der CDU/CSU zurück. Schumacher ist im August 1952 gestorben. Der neue SPD-Vorsitzende heißt Erich Ollenhauer. Er ist ein redlicher Sozialdemokrat, der das Dritte Reich in Londoner Exil überlebt hat. Im Parlament und im Wahlkampf als Kanzlerkandidat seiner Partei aber bleibt er verglichen mit dem oft aufbrausenden und leidenschaftlichen Schumacher blass. Und programmatisch ist die Sozialdemokratie |273| ohnehin in der Vergangenheit stehen geblieben. Adenauer kann in aller Ruhe sein zweites Kabinett bilden.
    Geholfen hat ihm dabei zweifellos die nicht ganz so ruhige und rosige Lage im anderen Teil Deutschlands, die kurz nach Stalins Tod eskaliert. Die Planwirtschaft in der DDR kommt nicht recht voran, die Löhne der Arbeiter sinken, aber die Normen, die sie zu erfüllen haben, steigen. Die Staatsmacht verhält sich repressiv, und schon damals treibt die Staatssicherheit ihr Unwesen. Die Hoffnungen, die die Linken in ihren Arbeiter- und Bauernstaat gesetzt haben, weichen schnell der Ernüchterung. Am 17. Juni 1953 entlädt sich erstmals öffentlich die Wut der Werktätigen. Es kommt zum Arbeiteraufstand. Die Brutalität, mit der die sowjetischen Panzer die Demonstranten in Ostberlin niederwalzen, zeigt auch den Wählern im Westen, dass der »realexistierende Sozialismus« keine glaubwürdige Alternative zur Demokratie sein kann.
    In der Bundesrepublik aber geht es bergauf. Die gesetzliche Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte wird eingeführt und die Arbeitslosigkeit beginnt kontinuierlich zu sinken. 1955 sind noch 928 000 Menschen ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquote liegt bei 5,2 Prozent. Fünf Jahre später beträgt sie nur noch 1,2 Prozent. Im September 1955 reist Adenauer nach Moskau. Es geht um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Das Klima zwischen beiden Staaten kann schlechter nicht sein und die Gespräche bleiben frostig. Adenauer droht zwischenzeitlich mit der vorzeitigen Abreise. Am Ende jedoch wird eine Vereinbarung unterschrieben. Bonn und Moskau tauschen Botschafter aus. Wichtiger: Adenauer erreicht, dass die letzten deutschen Kriegsgefangenen aus den sowjetischen Lagern entlassen werden. 10 000 haben überlebt, und ihre Rückkehr wird in der Bundesrepublik mit großen Emotionen aufgenommen. Im Auffanglager Helmstedt steigen ausgemergelte Männer aus den Eisenbahnabteilen. Weinende Mütter und Ehefrauen, stumme verlegene Kinder, die zum ersten Mal ihren Vater sehen, schließen sie in ihre Arme. Die Wochenschaubilder, die diese Szenen in allen Kinosälen zeigen, erschüttern die Menschen. Zu verdanken haben sie dies dem Bundeskanzler. Adenauer gewinnt zwei Jahre später bei den Wahlen die absolute Mehrheit. Er steht auf dem Zenit seines Ansehens und seiner Macht. Die Menschen beginnen von der »Adenauer-Ära« zu sprechen und die Verehrung für den greisen Patriarchen reicht über den Kreis der CDU-Wähler hinaus.
    Der Abstieg ist zunächst kaum spürbar. Der neue starke Mann in Moskau, Nikita Chruschtschow, beginnt seine Berlin-Krisen zu inszenieren. 1958 kündigt er in einer Note an die drei Westmächte den Vier-Mächte-Status von Berlin auf. |274| Alle Truppen sollen aus der Stadt abgezogen werden und Westberlin den Status einer »entmilitarisierten Freien Stadt« erhalten. Moskau trifft den Westen an seiner verwundbarsten Stelle. Es folgen Drohungen, verbale Rückzüge und internationale Konferenzen, bei denen die Vertreter der

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