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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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religiöse Frage von Selbsterkenntnis und christlicher Haltung wichtiger als die gesellschaftliche Frage des höfischen Benehmens. Er erweist sich damit als ein zeitloser und doch sehr moderner Autor. Der dichterische Ruhm des Wolfram von Eschenbach erlebt im 19. Jahrhundert eine neuerliche Steigerung. Der Revolutionär des europäischen Musiktheaters, Richard Wagner, greift in seinen Dramen verschiedentlich auf germanische Sagen oder mittelhochdeutsche Heldenepen zurück. So nimmt er sich in seiner letzten Oper des Parzival-Stoffes an und im Sängerkrieg auf der Wartburg, den Wagner in den Mittelpunkt seiner romantischen Oper Tannhäuser stellt, tritt Wolfram von Eschenbach sogar als Bühnenfigur auf.
    Die Ritter bilden im Hochmittelalter das Zentrum der Heeresgefolgschaften der französischen, englischen oder deutschen Könige. In schwere Eisenpanzer eingehüllt reiten sie in die Schlacht. Die Lanze, das Schwert und der runde, mit Eisenzacken gespickte Morgenstern dienen ihnen als Waffen. Der Zweikampf zu Pferde ist die dem Rittertum eigene Kampfweise. Dabei geht es allerdings in der Regel nicht edel wie im höfischen Turnier und wohl auch nicht allzu heldenhaft, sondern überaus blutig zu. Die Schreie der verwundeten Menschen und Tiere, Hitze und Staub, Durst und Wundschmerzen, erlahmende Glieder und Todesangst |56| – das ist die Wirklichkeit der Ritterschlachten. Wer vom Gegner aus dem Sattel gehoben wird, hat kaum eine Überlebenschance. Die schwere Rüstung macht es ihm fast unmöglich, wieder auf die Beine zu kommen. Der Wehrlose wird von den nachdrängenden Kriegsknechten niedergemetzelt.
    Gerät ein Ritter in Gefangenschaft, wird er in der Regel ehrenvoll behandelt, und sein Lehnsherr oder seine Familie müssen ihn durch ein Lösegeld freikaufen. Ein solches Schicksal kann auch einen Herrscher ereilen. Der englische König Richard Löwenherz wird 1192 bei seiner Rückkehr von einem Kreuzzug in der Nähe von Wien überfallen und gefangen genommen. Nur gegen eine hohe Geldsumme lassen ihn seine Kidnapper nach einem Jahr wieder ziehen. So gut geht es dem Fußvolk im Heer meist nicht. Wer da überlebt und in die Hände des Gegners fällt, wird umgebracht oder in die Sklaverei verschleppt.
    Im 13. Jahrhundert setzt der Niedergang des europäischen Rittertums ein. Der Hochadel beginnt neue Lebensformen zu entwickeln. Dem traditionellen Ritterstand gehören fast nur noch Mitglieder des niederen Adels an. Ihre wirtschaftliche Situation verschlechtert sich deutlich und viele Ritter leben in ärmlichen Verhältnissen. Sie verkommen zu Kriminellen, oder wie es in den Geschichtsbüchern heißt, zu Raubrittern. Wenn Kaufleute ihre Waren den Rhein hinunter oder auf den schmalen Leinenpfaden am Flussufer entlang transportieren, werden sie immer häufiger Opfer der Burgherren, die sich mit ihrem verlotterten Kriegshäuflein auf sie stürzen und ihre Waren rauben. Die Handelsmänner kommen durch die Zahlung eines Lösegeldes meist mit dem Leben davon. Entscheidend für das gesellschaftliche Ende des Rittertums ist schließlich die Entwicklung der Feuerwaffen. Die Schwert- und Lanzenkämpfer verlieren ihre militärische und damit auch politische Bedeutung.
    Friedrich I., genannt Barbarossa (etwa 1122–1190)
    In der deutschen Geschichte ist Kaiser Friedrich I., dem wir das geschilderte große Mainzer Ritterturnier zu verdanken haben, die vielleicht sagenumwobenste Gestalt des Mittelalters. Kaum mehr als 100 Jahre nach seinem Tod verbreitet sich die Legende, der alte Kaiser säße mit seinem langen roten Bart – daher sein Beiname Barbarossa – an einem großen Tisch im zwischen Harz und Thüringer Wald gelegenen Kyffhäuserberg und warte auf seine Wiederkehr. Er werde dann die zerstrittenen und von Krieg und Elend heimgesuchten Deutschen einigen und retten.
    |57| Wenn seine Landsleute später so viel Hoffung auf diesen Herrscher setzen, er so positiv in ihrer Sagenwelt auftaucht, dann sicher auch, weil die Erinnerung an seine Regierungszeit sich mit zunehmendem Abstand immer stärker verklärt. Das Königtum der Staufer dauert nur rund 120 Jahre. Seine großen Herrscher sind Friedrich I. und sein Enkel Friedrich II. In dieser Zeit blüht das Rittertum auf und die wirtschaftliche Entwicklung nimmt deutlich zu. Landausbau und neue technologische Entwicklungen vergrößern die landwirtschaftliche Produktion und verbessern die Ernährungslage der Bevölkerung. Die alte Zeit der Staufer, so glauben die Nachfahren, ist eine

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