Die Geschichte der Liebe (German Edition)
ich ins Bad und sprach mit G’tt. Dann ging ich in die Küche und schmierte mir ein Erdnussbutter-Marmeladenbrot. Genau da klingelte das Telefon. Ich dachte nicht, dass es etwas Besonderes war, aber als ich mich meldete, sagte die Stimme am anderen Ende: Hallo, hier ist Bernard Moritz, kann ich bitte Alma Singer sprechen?
So erfuhr ich, dass G’tt mich hört.
Mein Herz schlug wie verrückt. Ich musste blitzschnell denken. Ich sagte: Sie ist im Moment nicht da, aber ich kann ihr was ausrichten. Er sagte: Na ja, es ist eine lange Geschichte. Also sagte ich: Ich kann ihr auch eine lange Geschichte ausrichten.
Er sagte: Nun, es ist so, ich habe einen Zettel gefunden, den sie bei meinem Bruder an der Haustür hinterlassen hat. Es muss mindestens eine Woche her sein, er lag im Krankenhaus. Darauf stand, sie wisse, wer er sei, und sie müsse mit ihm über Die Geschichte der Liebe sprechen. Und diese Telefonnummer.
Ich sagte nicht: Ich wusste es!, auch nicht: Wussten Sie, dass er ein Spion war?, sondern blieb einfach still, damit ich nichts Falsches sagen konnte.
Aber dann sagte der Mann: Jedenfalls, mein Bruder ist gestorben, er war schon lange krank, und ich hätte gar nicht angerufen, wenn er mir nicht vor seinem Tod erzählt hätte, er habe in einer Schublade unserer Mutter einige Briefe gefunden.
Ich sagte nichts, und der Mann redete weiter.
Er sagte: Er hat die Briefe gelesen, und dabei ging ihm auf, dass sein wirklicher Vater der Verfasser eines Buches mit dem Titel Die Geschichte der Liebe gewesen sein muss. Ich habe das nie ernsthaft geglaubt, bis ich Almas Zettel sah. Sie spricht von dem Buch, und weißt du, meine Mutter hieß auch Alma. Ich dachte, ich sollte mit ihr reden oder ihr zumindest sagen, dass Isaac gestorben ist, damit sie sich keine Gedanken macht.
Jetzt war ich wieder ganz verwirrt, weil ich dachte, dieser Mr. Moritz wäre Almas Vater. Das Einzige, was ich mir vorstellen konnte, war, dass Almas Vater eine Menge Kinder hatte, die ihn nicht kannten. Vielleicht war der Bruder dieses Mannes eines, und Alma war ein anderes, und beide suchten gleichzeitig nach ihrem Vater.
Ich sagte: Haben Sie gesagt, er dachte, sein wirklicher Vater wäre der Autor der Geschichte der Liebe ?
Der Mann am anderen Ende sagte: Ja.
Also sagte ich: Glaubte er denn, sein Vater hieß Zvi Litvinoff?
Jetzt klang der Mann am anderen Ende verwirrt. Er sagte: Nein, er glaubte, er hieß Leopold Gursky.
Ich stellte meine Stimme ganz ruhig und sagte: Können Sie das buchstabieren? Und er sagte: G-U-R-S-K-Y. Warum glaubte er denn, dass sein Vater Leopold Gursky hieß? Und der Mann sagte: Weil das derjenige ist, der unserer Mutter die Briefe geschickt hat, mit Auszügen aus dem Buch Die Geschichte der Liebe , das er gerade schrieb.
Insgeheim machte mich das ganz verrückt, weil ich mir, obwohl ich nicht alles verstand, trotzdem sicher war, dass ich das Geheimnis um Almas Vater so gut wie gelöst hatte und dass ich, wenn ich es gelöst hatte, etwas Hilfreiches tun würde, und dass ich, wenn ich es hinkriegte, unbemerkt etwas Hilfreiches zu tun, weiter ein lamed wownik sein könnte, und alles würde gut.
Dann sagte der Mann: Weißt du, ich glaube, es wäre wirklich besser, wenn ich selbst mit Ms. Singer spräche. Ich wollte ihn nicht misstrauisch machen, also sagte ich: Ich werd’s ihr ausrichten, und legte auf.
Ich saß am Küchentisch und versuchte über all das nachzudenken. Jetzt wusste ich, dass Mom, wenn sie sagte, Dad hätte ihr Die Geschichte der Liebe geschenkt, eigentlich Almas Dad meinte, weil er derjenige war, der das Buch geschrieben hatte.
Ich kniff die Augen zu und sagte mir: Wenn ich ein lamed wownik bin, wie kann ich dann Almas Vater finden, der Leopold Gursky, aber auch Zvi Litvinoff und außerdem Mr. Mereminski und Mr. Moritz heißt?
Ich machte die Augen auf. Ich starrte den Block an, auf den ich G-U-R-S-K-Y geschrieben hatte. Dann wanderte mein Blick zum Telefonbuch oben auf dem Kühlschrank. Ich holte die Trittleiter und stieg hinauf. Auf dem Umschlag war viel Staub, also wischte ich ihn weg und schlug bei G auf. Ich glaubte eigentlich nicht, dass ich ihn finden würde. Ich sah GURLAND, John. Ich ging mit dem Finger weiter unten auf die Seite, GUROL, GUROV, GUROVICH, GURRERA, GURRIN, GURSHON, und nach GURSHUMOV sah ich seinen Namen. GURSKY, Leopold. Er hatte die ganze Zeit da gestanden. Ich schrieb mir seine Telefonnummer und seine Adresse auf, 504 Grand Street, schlug das Telefonbuch zu
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