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Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon
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Stimme eines ungehaltenen alten Mannes erklang.
    »Ich möchte Smokes sprechen«, sagte Lynnie.
    » Wen ?«
    »Glen Collins«, sagte Kate.
    »Ach, der ist nicht da.«
    »Man hat uns gesagt, dass er hier wohnt.«
    »Er wohnt in jeder Bar in diesem County.«
    Kate sah Lynnie an.
    Lynnie fragte: »Er ist nie hier?«
    »Er kommt und geht, wie es ihm passt.«
    »Können wir auf ihn warten?«, wollte Kate wissen.
    Gelächter ertönte. »Warum sollten Sie auf ihn warten?«
    Lynnie sagte: »Er schuldet uns was.«
    Kate war sichtlich beeindruckt.
    »Unwahrscheinlich, dass Sie das jemals wiedersehen.«
    »Wann erwarten Sie ihn zurück?«, fragte Kate.
    »Irgendwann zwischen jetzt und morgen. Meinetwegen können Sie warten.«
    »Dürfen wir ins Haus kommen? Es ist kalt hier draußen«, sagte Kate.
    »Es ist schon schlimm genug, dass ich ihn am Hals habe. Lassen Sie mich in Ruhe.«
    Die Schritte schlurften weg von der Tür, dann hörte man Fernsehstimmen.
    »Lass uns im Auto warten«, schlug Kate vor. »Wir haben ein paar Stunden Zeit, bis wir zurückmüssen.«
    Sie saßen mit laufender Heizung im Wagen. Kate bot an, ihre Kassette einzulegen, aber Lynnie wollte keine Musik hören. »Lass uns reden«, sagte sie.
    »Okay.« Kate lächelte. »Erzähl mir, wie du deine Tage verbringst.«
    Lynnie schilderte ihren Tagesablauf. Diesmal redete sie einfach drauflos, ohne auf das Sprechtempo oder die Aussprache zu achten. Sie erzählte von dem freundlichen Busfahrer Dale, der die Route zwischen Sunbury, wo ihre Wohngruppe lag, bis in die Stadt fuhr. Von der Haltestelle an der Hauptstraße aus musste sie nur zwei Blocks zu Fuß bis zu dem roten Ziegelhaus gehen, in dem sich die Büros von BridgeWays befanden. Sie erzählte von den Leuten, die die Agentur leiteten – Marlene und Jeff –, von den Anrufen, die im Büro eingingen, und den Besuchern, die sie ins Konferenzzimmer führen musste. Von den Dienstagabenden im Bowlingclub und den Samstagen, an denen sie Doreen besuchte und zusammen mit ihr Videos anschaute.
    »Und was machst du, wenn du zu Hause bist? Bist du gern daheim?«
    »Ja, schon. Meistens bleibe ich in meinem Zimmer undmale. Meine Mitbewohner sind manchmal nicht so nett. Und die Aufsichtspersonen wechseln ständig. Kaum hat man sich an jemanden gewöhnt, geht er schon wieder weg.«
    Kate seufzte. »Du bist nicht mehr in der Schule, und trotzdem könnten deine Lebensumstände besser sein.«
    »Die Wohngruppe ist viel schöner.«
    »Stimmt.«
    »Und du schickst mir Karten.«
    »Ab jetzt wirst du öfter eine bekommen.«
    »Das wäre toll.«
    »Weißt du – manche Menschen leben auch ganz allein. Hat BridgeWays ein Programm, das Alleinlebende einschließt?«
    »Ich möchte nicht allein in einer Wohnung sein. Doreen fühlt sich einsam.«
    »Ach ja? Davon hat sie gar nichts gesagt.«
    »Sie will nicht, dass du es weißt. Sie verbringt ihre Tage damit, in irgendwelche Geschäfte zu gehen, und hängt mit den Verkäuferinnen herum, bis die arbeiten müssen. Dann kauft sie ein. Sie hat so viele Videos, Poster, funkelnden Schmuck und Krimskrams, dass sie in ihrem Haus kaum noch Platz für was anderes hat. Abends sitzt sie daheim, isst, sieht sich Filme an und telefoniert mit mir.«
    »Es ist gut, dass ihr zusammen Bowling spielt und dass du sie an den Samstagen besuchst.«
    »Das genügt nicht. Sie ist zu oft allein. Ich will nicht so leben.«
    »Und was wäre dir am liebsten?«
    »Wenn ich mit Buddy und meiner Tochter zusammen sein könnte.«
    Kate nickte.
    »Wir werden herausfinden, was mit ihr ist, ja?«, fragte Lynnie.
    »Ja. Eva, die Frau, die ich gestern angerufen habe, kommt nach Harrisburg, um uns zu treffen. Aber ein bisschen was weiß ich jetzt schon.«
    »Was?«, fragte Lynnie aufgeregt.
    Kate lächelte betrübt. »Die alte Lady hat getan, worum du sie gebeten hast. Sie hat das Baby versteckt. Sie hat das Versprechen, das sie dir gegeben hat, eingelöst. Gleich am nächsten Tag hat sie mit dem Baby die Farm verlassen und ist von einem Ort zum anderen gezogen, damit sie nicht gefunden werden konnte.«
    »Das hat die alte Lady getan?«
    »Jahrelang. Sie hatte das Gefühl, das Richtige zu tun.«
    Lynnie spielte mit ihren Fingern auf dem Schoß. »Manche Menschen können richtig und falsch unterscheiden.«
    »Ich glaube, das ist nicht immer einfach, Lynnie. Aber die alte Lady hatte keine Probleme damit.«
    »Welchen Namen hat sie dem Baby gegeben?«
    »Julia.«
    »Julia.« Lynnie richtete den Blick auf das gläserne Amulett mit

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