Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
Vom Netzwerk:
den Hof. Er achtete noch nicht einmal darauf, wo er hintrat. Swan, Bienville und Blade folgten ihm schweigend und machten alle drei einen verstörten Eindruck. Als Toy genauer hinsah, wusste er, was los war.
    Nobles ganzes Gesicht war geschwollen, die Nase blau und verunstaltet und sein Hemd voll getrockneter Blutflecken. Zuerst war Toy zutiefst betroffen, dann stinksauer und schließlich fest entschlossen, die Situation in die Hand zu nehmen. Mit großen Schritten ging er über den Hof auf die Kinder zu und erteilte dabei lautstarke Anweisungen.
    »Swan! Du nimmst Nobles Bücher mit ins Haus und sagst deiner Mama, dass wir gleich kommen. Bienville und Blade, ihr geht rein und macht eure Hausaufgaben, und wenn ihr keine habt, denkt euch welche aus. Noble, du kommst jetzt mit mir mit.«
    Niemand hatte etwas einzuwenden, und die Kinder stellten keine Fragen, obwohl sie viele hatten. Toy steuerte auf die Scheune zu. Er bewegte sich steifer als normal, weil er schneller ging als sonst, und Noble musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Sie verschwanden in der Scheune, dann zog Toy das große, verwitterte Holztor hinter ihnen zu.
    Swan, Bienville und Blade standen noch auf dem Hof und starrten ihnen hinterher.
    »Meinst du, Onkel Toy verhaut ihn, weil er sich schon wieder hat zusammenschlagen lassen?«, fragte Bienville seine Schwester.
    »Ich weiß nicht. Er sah schon ziemlich wütend aus.«
    »Quatsch. Er will bestimmt nur rauskriegen, wer das getan hat, damit er das Gleiche mit denen machen kann«, sagte Blade. »Ich glaube, er ist immer auf unserer Seite«, fügte er noch hinzu.
    Swan und Bienville glaubten zwar auch, dass ihr Onkel auf ihrer Seite war, trotzdem hatten sie keine Ahnung, was sie von dieser Sache halten sollten.
    Oma Calla kam aus dem Laden, Willadee aus dem Haus, und beide stellten gleichzeitig dieselbe Frage.
    »Wo ist Noble?«
    »In der Scheune«, antwortete Swan.
    »Mit Onkel Toy«, sagte Bienville.
    »Sie haben Noble die Nase kaputt geschlagen«, sagte Blade.
    Calla und Willadee sahen sich besorgt an. Was sollte aus Noble werden, wenn das so weiterging? Willadee wollte sofort in die Scheune, um nach ihrem Sohn zu sehen, doch Calla hielt sie zurück.
    »Lass die beiden allein, Willadee, das ist mein Ernst. Es gibt Dinge, um die muss sich ein Mann kümmern.«
    Calla wies nicht darauf hin, dass Toy sich deshalb darum kümmerte, weil der eigentlich dafür Verantwortliche es nicht tat. Sie brauchte gar nicht darauf hinzuweisen.
    In der Scheune hockte Noble auf dem Metallsitz eines alten Traktors. Onkel Toy lehnte sich gegen den Kotflügel und sah ihn an.
    »Also gut«, sagte er, »diese Jungen haben dich jetzt zwei Mal verdroschen. Ich war zwar nicht dabei, aber so viel kann ich dir sagen: Es ist beide Male passiert, weil du es so gewollt hast.«
    »Oh nein, verdammt, das hab ich nicht«, protestierte Noble. Swan war nicht die Einzige, die keine Skrupel hatte, in Toys Gegenwart zu fluchen. »Ich hab mich bloß um meinen eigenen Kram gekümmert.«
    Aber Toy konnte ihn nicht so einfach davonkommen lassen.
    »Wir bekommen immer das, was wir wollen, mein Junge. Auf die eine oder andere Art wollen wir es, und auf die eine oder andere Art bekommen wir es dann auch.«
    »Dann hat man dir wohl auch dein Bein weggeschossen, weil du es so gewollt hast?«, brauste Noble zornig auf.
    Er kam sich klein und abscheulich vor, weil er das gesagt hatte, doch was er gerade erlebt hatte und dazu noch Toy Moses’ Verhalten – das war einfach zu viel für ihn.
    »Darauf kannst du Gift nehmen«, erwiderte Toy. »Und trotzdem würde ich es wieder so haben wollen. In meinem Leben läuft eine Menge nicht so, wie ich es gerne hätte, und doch habe ich mir das alles selbst eingebrockt. Und wenn man sich entschieden hat, was man will, muss man es mit allem Drum und Dran akzeptieren.«
    Toy zündete sich eine Zigarette an, rauchte einen Moment schweigend und starrte ins Leere. Als würde er in Gedanken noch einmal den Worten nachhorchen, die er gerade gesagt hatte. Dann sah er Noble wieder an.
    »Also, wofür entscheidest du dich? Das kannst du dir ruhig schon mal überlegen. Was willst du, Noble Lake?«
    Zuerst sagte Noble, er wünsche sich, nicht mehr zusammengeschlagen zu werden. Toy gab ein brummendes Lachen von sich und schüttelte den Kopf.
    »Da verlangst du aber nicht gerade viel.«
    Darauf sagte Noble, er wolle in der Lage sein, jeden windelweich zu hauen, der versuchte, ihn windelweich zu hauen.
    »Mickrig«,

Weitere Kostenlose Bücher