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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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Samuel nur ungern sprach, doch er konzentrierte sich trotzdem auf seine Worte, weil die ihn ein wenig davon ablenkten, was ihm nach dem Gottesdienst bevorstand. Dann würde er Leute begrüßen und ihnen immer wieder erklären müssen, dass er und die methodistische Kirche derzeit nicht so ganz auf einer Wellenlänge waren. Willadee hatte natürlich recht gehabt. Die Situation war erniedrigend für ihn, und sie würde immer erniedrigender werden, mit je mehr Leuten er darüber sprechen müsste.
    Er konnte nicht ahnen, dass am Ende des Gottesdienstes alle mit etwas völlig anderem beschäftigt sein würden.
    Als Calla davon erfuhr, dass Bernice religiös geworden war, wurde sie so wütend, dass sie am liebsten Gift und Galle gespuckt hätte. Nicht dass sie etwas gegen die Erlösung einer Ungläubigen hatte. Sie war selbst religiös geworden, als sie noch ein schmächtiges junges Mädchen gewesen war, und sie betete noch immer und versuchte das Richtige zu tun, auch wenn sie mittlerweile glaubte, dass Gott überall war und man nicht in die Kirche zu gehen brauchte, um ihn zu finden. Die Sache war vielmehr die, dass sie schon seit Langem von Bernice die Nase voll hatte und nicht mehr bereit war, im Zweifelsfall zu ihren Gunsten zu entscheiden. Sie hatte es zwar nie jemandem gesagt, doch Calla war immer der Meinung gewesen, dass Toys größter Fehler, als er aus dem Krieg zurückkam und Yam Ferguson umgebracht hatte, darin bestand, den Hals des falschen Menschen umgedreht zu haben.
    Die Kinder hatten Calla die große Neuigkeit sofort überbringen wollen. Sie drängten sich aus dem Auto, bevor ihr Vater auch nur den Motor des Wagens ausgeschaltet hatte, und rasten schnurstracks in den Laden.
    »Tante Bernice ist erlöst worden!«, brüllte Noble, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass gerade ein paar Kunden im Laden waren, die wirklich nicht alles wissen mussten.
    Beinah hätte Calla das Dutzend Eier und die Dose Backpulver fallen gelassen, deren Preise sie gerade in die Kasse eintippte. Die Kunden, eine liebenswürdig aussehende alte Dame und ein wettergegerbter alter Mann, sahen hocherfreut aus, so wie man eben aussehen sollte, wenn man erfährt, dass jemand zu Gott gefunden hat.
    »Ist das wirklich wahr?«, zwitscherte die alte Dame.
    »Oh ja, Ma’am«, trällerte Swan zurück. Die drei Kinder standen jetzt Calla gegenüber vor der Theke. Swan versuchte Noble beiseitezustoßen, damit sie als Sprecherin der kleinen Delegation auftreten konnte. »Als die Leute angefangen haben, ›Just As I Am‹ zu singen, ist sie den Gang hinuntergegangen und hat sich auf die Knie geworfen …«
    Swan warf sich nun selbst neben einem Stapel Säcke mit gehacktem Mais auf die Knie – es war der Mais, mit dem Großmutter Calla ihre Hühner fütterte. Die Säcke waren aus bedrucktem Baumwollstoff, meist mit einem bunten Blumenmuster, sodass sie einen hübschen Hintergrund für die Wiederholung des Schauspiels abgaben.
    »Und dabei hat sie den Kopf hochgehalten«, sagte Swan. »Ungefähr so. Als ob sie zu Gott hinaufschaute. Sie hat sich die Seele aus dem Leib geweint, bloß dass ihr Gesicht dabei nicht verknautscht war wie bei anderen Leuten, wenn sie weinen. Du weißt ja, wie hässlich Leute aussehen, wenn sie weinen, aber Tante Bernice sah überhaupt nicht hässlich aus. Sie sah aus wie ein Engel.«
    »Die meisten der Gemeinde haben sich um sie herum gekniet und mit ihr gebetet«, fügte Noble hinzu.
    Bienville nickte mit ernster Miene. »Und als sie dann erlöst war, sind alle hinausgegangen.«
    Calla hatte einen merkwürdig starren Blick aufgesetzt. Sie reichte dem alten Paar seine Einkäufe und wünschte den beiden einen guten Tag. Die alten Leute sahen sich verwirrt an. Sie hatten gemerkt, dass man sie gerade fortschickte, und fragten sich nun, was, um alles in der Welt, in Calla Moses gefahren war, die doch sonst immer so nett und freundlich war und für jeden ein gutes Wort und ein offenes Ohr hatte.
    Callas Garten war ein wunderschönes Durcheinander von Blumen und Gemüse. Alles schien von selbst und nach Lust und Laune der Natur aus dem Boden zu sprießen. An Sonnenblumen, die drei Meter hochragten, rankten sich blühende Stangenbohnen- und Gurkenpflanzen empor. Tomaten wurden von Paprikas umzingelt, zwischen denen orange-, bronze- und goldfarbene Tagetes wuchsen. Zarte Okrasträucher bildeten fächerförmige Blätterdächer über einem Gewirr von Salatköpfen, scharlachrote Zinnien und pastellfarbene Kosmeen tanzten zwischen

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