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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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hatten die Kinder eine große Schießerei geplant. Seit Längerem schon hatten sie eine Bande Gesetzloser gejagt, und schließlich war es ihnen gelungen, diese jämmerlichen feigen Schlangen in den Box Canyon – ihr neuer Name für den alten Kälberpferch – zu locken. Nach der Anzahl von Hufabdrücken im Sand an der Stelle zu urteilen, wo sie den Big River – ihr neuer Name für den Bach – überquert hatten, handelte es sich um etwa fünfzig Outlaws. Also waren die Guten hoffnungslos in der Minderzahl. Wie immer.
    Sie hatten sich die Schießerei so vorgestellt: Der taubstumme indianische Kundschafter würde sich von hinten an den Box Canyon heranschleichen und eine brennende Fackel hineinwerfen. Das gesamte Beifußgestrüpp würde in Flammen aufgehen, sodass die Bösewichte sich rasch aus dem Staub machen müssten, um nicht gegrillt zu werden. Glücklicherweise war die Öffnung zum Canyon – das Tor zum alten Kälberpferch – so schmal, dass immer nur ein Mann hindurchreiten konnte. Also würden der Sheriff und der United States Marshal keine Schwierigkeiten haben, die nichtsnutzigen und gemeinen Klapperschlangen mühelos einzukassieren, während die versuchten, sich aus dem Staub zu machen.
    Bienville gefiel der Plan nicht sonderlich gut, aber er war daran auch nicht beteiligt gewesen. Er war der Meinung, dass selbst Banditen eine faire Chance bekommen sollten. Swan hatte über seinen Einwand nur höhnisch gelacht. Ungefähr fünfzig Banditen gegen einen Sheriff und einen United States Marshal, das hörte sich für sie nicht gerade fair an, selbst wenn der Marshal rein zufällig der berühmteste und am meisten gefürchtete Polizeibeamte der gesamten Gegend war. Und im Übrigen: Hätten die Schurken tatsächlich eine faire Chance gewollt, dann hätten sie nicht die Bank ausrauben, nicht in der Stadt herumballern und nicht in die Wassertränke vor dem Saloon pinkeln sollen.
    Doch als das Mittagessen vorbei war und der Trupp zum Ausreiten bereit gewesen wäre, hatten sich ihre Pläne längst geändert. Swan war noch immer so hingerissen von dem, was am Morgen in der Kirche passiert war, dass sie vorschlug, aus dem Schuppen eine Plane zu stibitzen, am Bach ein Zelt aufzubauen und eine Erweckungsversammlung abzuhalten, ein Revival Meeting. Auf diese Weise könnten sie mögliche Konvertiten sofort taufen, bevor die es sich noch anders überlegten.
    Swan war fest entschlossen, Konvertiten zu taufen, und hatte auch schon jemand ganz Speziellen dafür im Auge. Oma Calla hatte beim Mittagessen erwähnt, dass Sid, Nicey und Lovey später wahrscheinlich vorbeikämen, und gefragt, ob Swan sich nicht freuen würde, zur Abwechslung mal mit einem Mädchen zu spielen.
    Oma Calla hatte ja keine Ahnung.
    Swan schätzte, sie – der Evangelist – und ihre Diakone könnten das Zelt fertig aufgebaut haben, bis der Besuch kam. Dann wären sie auf der Stelle bereit, ihre erste Sünderin zur Erlösung zu führen. Notfalls auch mit Gewalt. Swan erklärte Oma Calla, sie würde sehr gerne mal wieder mit einem Mädchen spielen, und ob sie Lovey, sobald sie da war, bitte sagen könnte, sie möge runter zum Bach kommen.
    Oma Calla gab Swan mit einem Blick zu verstehen, dass sie sich nicht für dumm verkaufen ließ, und sagte: »Ich hoffe, du führst nichts im Schilde, Swan Lake.«
    »Ich will doch nur nett zu Lovey sein«, erklärte Swan schelmisch.
    »Hm« war alles, was Großmutter Calla dazu sagte.
    Doch das Revival Meeting war etwas schwieriger zu organisieren, als Swan erwartet hatte. Zunächst einmal hatten sie Probleme damit, das Zelt aufzustellen. Noble hatte den Auftrag gehabt, alles Notwendige zu stehlen, hatte aber nichts Besseres finden können als einige alte Angelruten, um das Zelt an den Ecken zu stützen, die sich unter dem Gewicht der schweren, muffig riechenden Plane aber immer wieder durchbogen. Schließlich schlug Bienville vor, das Zelt über einen niedrigen Ast zu hängen, dann könnten sie die Ecken der Plane an ein paar jungen Setzlingen festbinden.
    Dumm nur, dass sie kein Seil hatten.
    Also musste Noble noch einmal die Scheune plündern. Während er fort war, sah sich Bienville nach Bäumen mit niedrigen Ästen um. Swan schlenderte derweil zum Bach hinunter, um den passenden Ort für die bevorstehende Taufe zu suchen.
    An den meisten Stellen war der kleine Bach nur weniger als einen Fuß tief, was für eine methodistische Taufe durchaus gereicht hätte, da die Methodisten ihre Gläubigen zwischen

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