Die Geschichte von Liebe und Sex
ausgesucht hatte. Er betrachtete mich eine Weile wohlwollend und meinte dann freundlich: ›Du bist schön, Ari, beinah so schön wie Alkibiades!‹ |68| Dann folgte ich ihm in seine Schlafkammer, wo er sich an mir erregte, während ich eher müde nach dem langen Abend war, aber eben doch auch stolz. So viel würde ich von diesem besonderen Mann lernen können!
Das war vor etwa einem Jahr. Inzwischen habe ich noch mehr Bewunderung für meinen Lehrer und Liebhaber Platon gewonnen. Er hat mir von seinem großen Lehrer Sokrates erzählt, der vor fast 20 Jahren aufgrund einer Verleumdung durch den Giftbecher hingerichtet worden war und dem Platon trotzdem unbeirrt die Treue hält. Dieses Jahr hat er sein großes Buch über die Liebe veröffentlicht, in dem er Sokrates während eines Gastmahls die Hauptrede halten lässt: Sokrates erklärt, dass sich die Entwicklung eines Menschen über verschiedene Stufen vollzieht, wobei die Verehrung der körperlichen Schönheit die erste ist. Die zweite Stufe liegt im Erkennen der seelischen Schönheit eines Menschen, die schließlich in der Schönheit allen Wissens der Menschheit und der reinen Idee gipfelt. So jedenfalls habe ich es verstanden. Ich weiß, dass ich noch auf der ersten Stufe bin, denn ich träume immer wieder von schönen unbekleideten Mädchen, obwohl ich ihre Seelen noch gar nicht kenne. Ab nächstem Frühjahr darf ich Platons Akademie am heiligen Hain des Heros besuchen, die inzwischen als Eliteuniversität in ganz Griechenland gilt. Dort werde ich vielleicht auch erfahren, wer Alkibiades ist. Bisher hat Platon darüber geschwiegen.« ***
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Die Berichte von Aspasia (ca. 470 – 410 v. Chr.) und Ari (ca. 396 – 365 v. Chr.) sind nach historischen Quellen vom Autor konstruiert.
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Tatsächlich bleibt Aspasia ihrem Mann Perikles in guten wie schweren Zeiten treu, bis zu seinem Tod an einer Pesterkrankung im Jahr 429 v. Chr.
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Eines der Hauptwerke Platons ist sein Dialog über die Macht des Eros mit dem Titel »Symposion« (deutsch: Das Gastmahl, niedergeschrieben 380 v. Chr.), in dem er über ein Gespräch berühmter Philosophen aus dem Jahr 416 v. Chr. berichtet, darunter auch sein verehrter Lehrer Sokrates (zirka 470 – 399 v. Chr.). Die letzte Rede bei diesem Symposion hält der Jugendliche Alkibiades, zu diesem Zeitpunkt bereits betrunken, aber von allen wegen seiner Schönheit angehimmelt. Er sagt, dass er Sokrates am meisten bewundere, weil dieser ihn, obwohl er selbst zu allem bereit war, allein seelisch begehrt habe. Diese Form der Liebe ohne Sex wird seitdem auch platonische Liebe genannt.
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Römisches Leben auf dem Vulkan
Am 5. Februar 62 n. Chr. erschüttert ein schweres Erdbeben die Hafenstadt Pompeji, die in Süditalien zu Füßen des Vulkans Vesuv liegt. Obwohl es viele Tote gegeben hat, bauen die rund 20 000 Bewohner (davon zirka |69| 5 000 Sklaven) die zerstörten Häuser wieder auf und kaum jemand verlässt die Stadt. Pompeji gilt als wohlhabende und kultivierte Stadt, in der es neben Sportanlagen und Badehäusern auch Arenen für Gladiatorenkämpfe und mehrere Theater gibt. Allein in der Innenstadt gibt es etwa 20 Restaurants und 120 Straßenküchen. In den Vororten stehen luxuriöse Villen, die Römer zum Urlaub nutzen.
Gut 17 Jahre später kommt es zur Katastrophe: Am 21. August 79 n. Chr. beginnen erneut Erdstöße, die zuerst die Wasserleitungen zerstören. Einige Bewohner verlassen daraufhin zwar ihre Häuser und richten sich in der Nähe des Hafens ein, um schnell zurück sein zu können, falls es zu Plünderungen kommen sollte. Viele aber harren in ihren Häusern aus, weil sie glauben, so am besten Schaden abwenden zu können. Am Mittag des 24. August explodiert der Vulkan mit solch einer Gewalt und Schnelligkeit, dass viele Bewohner, einige selbst im Mittagsschlaf, überrascht und von giftigen Gasen und glühenden Lavamassen getötet werden. Die Eruption beginnt mit einem Ausstoß rotglühender Felsbrocken und Steine, die auf die Dächer der Stadt niedergehen. Beinah gleichzeitig legen sich giftige Gaswolken über das gesamte Gebiet, gefolgt von einem alles verdunkelnden Regen von Lava und Asche, der das Stadtgebiet innerhalb kurzer Zeit mit einer bis zu sieben Meter hohen festen Decke einzementiert. Menschen, Tiere, Bäume, Gebäude und Straßen – alles wird innerhalb weniger Stunden begraben und bleibt so für Jahrhunderte konserviert.
Obwohl immer wieder Gerüchte von der verschwundenen Stadt Pompeji
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