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Die Geschichte von Liebe und Sex

Titel: Die Geschichte von Liebe und Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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noch unbekannten Küstengebiete am schnellsten für sich zu beanspruchen vermag, um mit der Ausbeutung beginnen zu können.
    Unter dem Banner von Handelsgesellschaften und christlichen Missionen brechen Geschäftemacher, Abenteurer, arme Leute und überzeugte Christen auf, um außerhalb Europas ihr Glück zu suchen. Knapp 50 Jahre später beginnt auch die Eroberung Nord- und Südamerikas, die sich als leichter herausstellt, da die klimatischen Bedingungen günstiger sind und die einheimischen Völker schneller unterworfen werden können. Nachdem die meisten »Indianer« Nordamerikas und »Indios« Südamerikas niedergemetzelt sind und die wenigen Überlebenden sich als »unbrauchbare Arbeiter« erweisen, werden dringend neue Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und im Bergbau benötigt. Dies ist die Geburtsstunde der Sklaverei – der grausamen Verschleppung von rund 50 Millionen afrikanischer Kinder, Frauen und Männer. * Die Portugiesen sprechen den |122| Anführer des westafrikanischen Volkes der Bakongo, Nzinga Mbemba (Geburtsjahr unbekannt – 1543), anfangs noch als »Brudermonarchen mit vollem Respekt« an. Doch das ändert sich schnell, als dieser sich weigert, beim Sklavenhandel weiter mitzumachen. Problemlos finden sich genug andere arabische und afrikanische Komplizen, die die Drecksarbeit der Menschenjagd für die europäischen Händler erledigen.
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    |122| Die Europäer verschanzen sich anfangs in Festungen an der Küste. Erst mehr als 300 Jahre später ermöglichen neue Waffen und Medikamente gegen Tropenkrankheiten den Vorstoß von Europäern ins Innere des Kontinents. Berichte über Gold, Edelsteine und andere Schätze lassen einen Wettlauf zwischen den europäischen Mächten beginnen. Ohne Rücksicht auf die afrikanischen Völker werden nach gewaltsamer Eroberung Grenzgebiete abgesteckt – sogenannte Kolonien. Sie werden zum Eigentum der europäischen Länder erklärt sowie alle dort lebenden Menschen zu Untertanen des jeweiligen europäischen Monarchen. Um einen Kolonialkrieg der Europäer untereinander zu verhindern, lädt der deutsche Kanzler Otto von Bismarck (1815 – 1898) Gesandte von 13 europäischen Regierungen (sowie der USA und Türkei, jedoch aus keinem einzigen afrikanischen Land) 1884 nach Berlin zur »Kongo-Konferenz« ein. Am Ende haben sie Afrika unter sich wie das Fell eines Löwen aufgeteilt. Ganz Afrika – bis auf das kleine Liberia – ist damit in zumeist englische und französische, aber auch deutsche, belgische und andere Kolonien zerrissen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 wird es den afrikanischen Völkern nach und nach gelingen, die Herrschaft der Europäer abzuschütteln.
    Die Ausbeutung der Menschen Afrikas durch die Europäer wird nicht nur mit Waffengewalt durchgesetzt, sondern auch moralisch gerechtfertigt. Die ersten Portugiesen sind noch fasziniert von den »würdevollen und hoch gewachsenen Negern«, doch schon wenig später setzt eine Propaganda ein, die zunehmend mit dem Gegensatz von Weiß und Schwarz arbeitet. Demnach sind dunkelhäutige Frauen und Männer mit allen vorstellbaren schlechten Eigenschaften behaftet, und alle hellhäutigen Europäer sind kulturell höherstehend, gebildet und zivilisiert. Sexuelle Beziehungen zwischen Europäern und Afrikanern werden verurteilt, teilweise unter schlimmste Strafen gestellt. Und doch gibt es sie.
    Zumeist im Geheimen: Die weißen Herren haben unzählige Affären mit |123| schwarzen Hausangestellten, und weiße Damen mit bevorzugten schwarzen Dienern. Nur in den wenigsten Fällen ist Liebe im Spiel, denn es sind zuerst Machtverhältnisse, in denen die einen alle Freiheiten haben und die anderen keine. Gibt es Schwangerschaften, so wird abgetrieben oder die Kinder werden verleugnet und als »Bastarde« abgeschoben. In der Literatur über die Kolonien lassen die überwiegend puritanisch zugeknöpften Europäer ihren unterdrückten sexuellen Fantasien freien Lauf. Da kann man sich gleichzeitig moralisch empören und sexuell erregen lassen von ausführlichen Schilderungen und Abbildungen »barbusiger Negerinnen« und »wilder Neger«, denen »große Geschlechtsteile und unersättliche Potenz« nachgesagt werden.
    Alles, was sexuell im verklemmten Europa unmöglich erscheint oder verboten ist, wird in exotischer Umgebung vorstellbar. Man kann über »das Andere« und »die Anderen« schreiben, lesen und reden, ohne die eigenen Normen und Fassaden in Frage stellen zu müssen. Drei Geschichten werden zu

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