Die Geschichte von Liebe und Sex
Klassikern, die unterschiedliche Variationen des Themas Exotik versus Zivilisation ausleuchten und bis heute in immer wieder neuen Fassungen die Fantasien beflügeln: Robinson Crusoe (1719), Tarzan (1912) und King Kong (1933).
Die Geschichte von Robinson Crusoe und seinem Diener Freitag, gestaltet von Daniel Defoe (um 1660 – 1731)
Der Roman von Robinson Crusoe basiert auf den wahren Erlebnissen eines Matrosen, der über vier Jahre allein auf einer Insel verbracht hatte, bis er von einem englischen Kapitän gefunden wurde, der 1712 einen Bericht hierüber veröffentlichte. Daniel Defoe hatte sich als junger Mann an Aufständen gegen den König beteiligt und wurde später ein eher erfolgloser Kaufmann. Als Journalist äußerte er sich kritisch gegenüber der dogmatischen Kirche und begann erst als älterer Mann, Romane zu schreiben. Als 1719 sein Buch Das Leben und die fremdartigen, wunderbaren Schicksale Robinson Crusoes, eines Matrosen aus York erschien, war Defoe bereits 59 Jahre. In kurzer Zeit wurde das Buch in alle europäischen Sprachen übersetzt und zu einem überwältigenden Erfolg. Im Mikrokosmos der exotischen Insel und im Verhältnis zu einem »Wilden« (den Crusoe »Freitag« |124| nennt, weil er ihn an diesem Tag rettet) schildert Defoe seine Sicht auf die Entwicklung der Menschheit vom Höhlenbewohner zum zivilisierten Haus- und Hofbesitzer. An der Spitze der Gesellschaft steht der gute europäische Christ, und ganz unten der »arme heidnische Wilde«. Und doch übt dieser »Wilde« eine unwiderstehliche Faszination aus: Was fehlte den »hoch stehenden« Christen, das sie so sehr am unbekleideten »hübschen« Wilden fesselte?
Daniel Defoe lässt seine heimlichen homoerotischen Sehnsüchte bei der Beschreibung von Freitag deutlich anklingen: »Er war ein hübscher, anmutiger Bursche, gut gewachsen, mit geraden, kräftigen, nicht zu groben Gliedern, groß und wohlgestalt und meiner Schätzung nach 26 Jahre alt. Sein Gesichtsausdruck war gutmütig, keineswegs grausam oder trotzig, sondern in seinem Gesicht lag etwas sehr Männliches … besonders wenn er lächelte … Ich blieb die ganze Nacht mit ihm hier. Sobald es aber tagte, hieß ich ihn mit mir gehen und deutete ihm an, dass ich ihm Kleider geben wollte, worüber er sehr erfreut schien, denn er war ja splitternackt … In so dankbarer Stimmung brachte ich meine ganze Zeit zu, und der Umgang mit Freitag war derart, dass die drei Jahre, die wir hier zusammen verbrachten, uns in ungetrübtem Glück vergingen, wenn so etwas wie ein vollkommenes Glück auf Erden überhaupt möglich ist.« **
Die Geschichte des bei Urwald-Affen aufgezogenen Tarzan und seiner Geliebten Jane, gestaltet von Edgar R. Burroughs (1875 – 1950)
Der Erfinder von Tarzan, der US-Amerikaner Edgar Rice Burroughs, stammt aus Chicago. Nachdem er mit 22 Jahren wegen Herzproblemen aus dem Militär ausscheiden muss, hält er sich durch verschiedene Jobs mehr oder weniger über Wasser. Erst als er Mitte 30 ist, beginnt er mit dem Schreiben. Bereits sein zweites Buch Tarzan unter den Affen (1912) wird ein Bestseller. Burroughs ist entschlossen, Tarzan rundum zu vermarkten. Im Lauf der kommenden Jahre erscheint Tarzan nicht nur als Roman, sondern bringt auch als Comic, Zeitungsroman, Radiohörspiel und Kinofilm Geld ein. Tarzan macht seinen Erfinder zum Millionär: Die Begeisterung für die Geschichte ist so groß, dass seit 1918 allein rund 100 Tarzan-Filme gedreht wurden, darunter auch Disney-Zeichentrickfilme (1999 – 2005). Ein |125| Millionenerfolg wurden die zwischen 1932 – 1948 gedrehten elf Filme mit Johnny Weissmuller (1904 – 84), einem Olympia-Schwimmer, der in einem für seine Zeit äußerst knappen Lendenschurz auftritt, während seine Begleiterin Jane meist einen hocherotischen Bikini trägt. Zeitweise gab es so viele Tarzan-Variationen, dass Burroughs sie kaum noch kontrollieren konnte. Tarzan wird auch für politische Propaganda eingesetzt, so als in den 1950er-Jahren Comics erscheinen, in denen er den Aufstand der Kikuyu in Kenia niederschlägt oder an der Seite des jungen Staates Israel gegen die Araber kämpft.
Der Kern der Tarzan-Geschichte: Als kleines Kind adliger englischer Eltern, die früh sterben, wird er während einer Schiffsreise von Meuterern irgendwo an der Küste Afrikas ausgesetzt. Eine unbekannte Menschenaffenart zieht ihn auf wie einen der ihren. Tarzan lernt die Affensprache und findet sich bald besser im Urwald zurecht als sie. Tarzan
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