Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
Vom Netzwerk:
Geschäftspartner mitbringen, ohne befürchten zu müssen, dass alle Welt davon erfuhr.
    Insofern war es essenziell, Konflikte nur mit Samthandschuhen zu lösen. Am besten legte man dem betreffenden Flachwichser einen kumpelhaften Arm um die Schulter und grummelte ihm freundlich ins Ohr: »Einmal Premiumpackung für Sie, Sir. Geht natürlich aufs Haus.« Worauf sich der Typ, der vor lauter Begeisterung, was umsonst zu kriegen, und aufgrund der Mengen, die er intus hatte, ohnehin knapp vor dem Hirntod stand, mit meterweit raushängender Zunge durch ein paar Flure und um ein paar Ecken bugsieren ließ. Des Weiteren in einen großen Raum mit Federdeko, Bett mit grünem Satinüberwurf und unsichtbarer Videoüberwachung. Dort wurde er liebevoll von mehreren Schlangenfrauen entkleidet, solche, die die Gabe hatten, selbst ein Versicherungsgutachten wie einen Porno aussehen zu lassen, während Zeb oder Jeb sich am Rande des Geschehens aufhielten, um darauf zu achten, dass der Typ sich anständig benahm.
    Dann kam ein grelles, mal orangefarbenes, mal lilafarbenes Mixgetränk im Cocktailglas mit grüner Kirsche und grünem Plastikpiker in Schlangenform. Es wurde gereicht von einer Orchidee, einer Gardenie oder einem blau fluoreszierenden Skink auf Stelzen, der mit schimmernden Pailletten, winzigen LED -Leuchten und Schuppen, Blütenblättern oder Federn übersät war, dazu riesige Titten und ein anzüglich züngelndes Lächeln hatte. Winki pinki pu, solche oder ähnliche Worte sprach diese Halluzination. Trinke-Kaka! Welches auch nur halbwegs fühlende menschenähnliche Wesen konnte dazu nein sagen? Also hoch die Tassen mit dem rätselhaften Trunk, worauf das selbsternannte Alphatier in süße Träume versank, und das alles bei minimalem Aufwand für die Angestellten.
    Zehn Stunden später erwachte der Auserwählte in der Überzeugung, die geilste Zeit seines Lebens gehabt zu haben. Was ja auch stimmte, sagte Zeb, denn ist nicht jede vom Hirn registrierte Erfahrung real? Selbst wenn sie sich nicht in 3-D-Echtzeit abgespielt hatte.
    Diese Nummer funktionierte meist bestens bei Konzernmanagertypen, einem naiven und gutgläubigen Haufen, was die arglistigen Sitten der Plebs anging. Zeb kannte den Schlag noch aus der Schwimmenden Welt: Nachts zogen sie um die Häuser auf der Suche nach dem Kick und waren wild auf alles, was sie mit Erfahrung verwechselten. In ihren Konzernkomplexen und überall sonst, wo sie sich aufhielten, den bewachten Gerichtsgebäuden, Parlamentshäusern und religiösen Einrichtungen, führten sie ein abgeschirmtes Leben, um jenseits ihrer vertrauten Mauern auf nahezu alles reinzufallen. Es war rührend, wie schnell und kritiklos sie alles nahmen, was man ihnen reichte, wie schnell sie sich aufs Ohr oder besser, auf den grünen Satinüberwurf legten, wie sanft sie schlummerten und wie gut gelaunt sie erwachten.
    Doch auch eine andere Klientel etablierte sich zunehmend im Scales and Tails: ein weitaus unangenehmerer Typus, der sich längst nicht so leicht von seiner Wut ablenken ließ. Von Hass getrieben, im Feuer gestählt, versessen auf Gemetzel und Scherben. Das waren die schwierigeren Fälle und sie erforderten höchste Aufmerksamkeit.
    »Ich rede von den Painballern, wie du dir sicher schon gedacht hast«, sagt Zeb. »Painball steckte damals noch in der Kinderschuhen.«
    Zu der Zeit waren die Painball-Arenas hochgradig illegal, ähnlich wie Hahnenkämpfe oder Schlachtung und Verzehr von bedrohten Tierarten. Aber Painball gab es ganz genauso und Painball wurde immer größer, am Rande der Öffentlichkeit. Zuschauerpositionen waren den oberen Rängen vorbehalten, die sich am liebsten Todesduelle ansahen, wo es um Geschicklichkeit, Schläue, Skrupellosigkeit und Kannibalismus ging: Konzernleben in plastischer Gestalt. Beim Painball wechselte in Form von verschwenderischen Wetteinsätzen sehr viel Geld den Besitzer. Und so finanzierten die Konzerne indirekt Infrastruktur und Unterhalt der Painball-Spieler, und wer Schauplatz und Dienste zur Verfügung stellte, zahlte, wenn er erwischt wurde, und bei Revierkämpfen mitunter auch mit dem Leben.
    Diese Regelung kam dem – damals noch adoleszenten – CorpSeCorps entgegen, da sie reichlich Erpressungsmaterial bot, wodurch die CorpSeCorps-Leute diejenigen, die für die Grundpfeiler dessen gehalten wurde, was noch immer als Gesellschaft galt, noch besser in die Zange nehmen konnten.
    Wer bereits in einem normalen Zuchthaus saß, konnte sich für Painball

Weitere Kostenlose Bücher