Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
Türsteher – also für mich und Jeb –, ein persönliches Interesse an dem zu entwickeln, was in die Getränke kam. Manchmal haben wir die Drinks sogar selber gemischt.«
Kicktail
Während dieser ganzen Zeit war der weiße Läufer mit den sechs geheimnisvollen Pillen gut versteckt. Nur Zeb, Katrina Wow und Adam wussten, wo.
Das Versteck war raffiniert und für aller Augen sichtbar, ein Trick, den Zeb vom alten Slaight übernommen hatte: Das Offensichtliche ist nicht zu sehen. Auf dem gläsernen Regal hinter der Bar stand eine Sammlung von Flaschenöffnern, Nussknackern und Salz- und Pfefferstreuern in Nackte-Frauen-Gestalt. Die Anordnung ihrer Gliedmaßen war raffiniert: Die Beine gingen auseinander und ein Korkenzieher kam zum Vorschein; die Beine gingen auseinander, die Nuss wurde plaziert, die Beine gingen zu, die Nuss wurde geknackt; die Beine gingen auseinander, man drehte am Kopf, Salz oder Pfeffer kam raus. Großes Gelächter.
Der weiße Läufer steckte in der Salzöffnung einer dieser eisernen Jungfrauen, einer grünen Dame mit emaillierten Schuppen. Der Kopf ließ sich drehen, es kam auch immer noch Salz zwischen den Schenkeln hervor, doch die Barkeeper sollten bei dieser Figur Vorsicht walten lassen – kein Mann sei darauf erpicht, dem salzigen Sexspielzeug aus Versehen den gesamten Kopf abzudrehen – und eine andere nehmen, wenn nach Salz verlangt wurde. Was nicht so oft vorkam, wobei sich hin und wieder ein Gast gern Salz ins Bier oder auf seine Snacks streute.
Zeb hatte immer ein Auge auf das grüne Schuppenmädchen mit dem inneren Läufer. Wie der alte Slaight gern betont hatte, versteckte man einen Gegenstand am besten deutlich sichtbar. Dennoch war ihm der gewählte Standort nicht ganz geheuer. Was, wenn sich jemand in seiner Abwesenheit das Ding schnappte, damit herumspielte und die Pillen entdeckte? Was, wenn derjenige die bunten kleinen Kapseln für Drogen hielt und sich probehalber ein oder zwei davon einwarf? Da Zeb keine Ahnung hatte, was die Pillen tatsächlich anrichten konnten, machte ihn diese Möglichkeit nervös.
Adam dagegen war erstaunlich entspannt und vertrat die Ansicht, dass niemand auf die Idee käme, in einen Salzstreuer zu sehen, es sei denn, das Salz sei alle. »Wobei, keine Ahnung, wie ich auf das Wort ›erstaunlich‹ komme«, sagt Zeb. »Der war ja immer so entspannt, der kleine Wichser.«
»Der wohnte da auch?«, fragt Toby. »Im Scales and Tails?« Schwierige Vorstellung. Was hätte Adam Eins denn den lieben langen Tag dort machen sollen, zwischen all den exotischen Tänzerinnen in ihren extravaganten Kleidern? Als sie ihn kannte – als er schon Adam Eins war –, hatte er weibliche Eitelkeit immer missbilligt, ebenso wie zu viel Farbe, Haut, Dekolleté und Bein. Aber dass er die Gärtnerreligion im Scales gegründet haben oder gar das Personal zu einem einfachen Leben hätte bekehren wollen, war völlig undenkbar. Diese Frauen mussten teure Maniküren gehabt haben. Nie im Leben hätte sie jemand dazu gebracht, in der Erde zu wühlen oder Schnecken umzusiedeln, selbst wenn das Scales irgendwo ein Gemüsebeet gehabt hätte: Die Königinnen der Nacht jäteten tagsüber kein Unkraut.
»Nee, im Scales wohnte der nicht«, sagt Zeb. »Jedenfalls nicht direkt. Er kam und ging. Es war für ihn eine Art Asyl.«
»Hast du irgendeine Ahnung, womit er sich beschäftigt hat, wenn er nicht dort war?«, fragt Toby.
»Er hat sich schlau gemacht«, sagt Zeb. »Er ist irgendwelchen aktuellen Geschichten nachgegangen. Hat Ausschau gehalten nach Gewitterwolken. Hat die Unzufriedenen unter seine Fittiche genommen. Leute bekehrt. Seine – sozusagen – große Einsicht hatte er ja schon gehabt –, als ihm Gott per Blitzeinschlag ne Botschaft in den Schädel rammte. Rette meine geliebten Tiere, die mir ein Wohlgefallen sind, und den ganzen Kram: Du kennst ja die Sprüche. Ich persönlich hab so ne Botschaft nie gekriegt, aber Adam offenbar ja.«
»Inzwischen war er schon gut dabei, die Gottesgärtner aufzustellen. Er hatte das erste Plebsland-Flachdach-Slumgebäude für den Dachgarten Eden gekauft, teilweise mit der illegalen Kohle von Hochwürdens gehacktem Konto. Pilar schickte ihm unter der Hand Rekruten von HelthWyzer; sie plante ja selbst, bald zu ihm zu stoßen. Aber davon wusste ich damals noch nichts.«
»Pilar?«, fragt Toby. »Aber sie kann unmöglich Eva Eins gewesen sein! Sie war doch viel zu alt!« Toby hatte sich immer gewundert über Eva Eins: Adam war
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