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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Adam Eins gewesen, aber von einer Eva war nie die Rede gewesen.
    »Nee, war sie auch nicht«, sagt Zeb.
    Eine der Geschichten, denen Adam unablässig auf der Spur war, drehte sich um Hochwürden, ihren gemeinsamen Vater. Nach dem gehörigen Wirbel um seine Unterschlagungen von der Church of PetrOleum und der tragischen Entdeckung, dass Hochwürdens erste Frau Fenella im Steingarten verscharrt worden war, gefolgt von der Veröffentlichung der skandalträchtigen Memoiren seiner zweiten Frau Trudy, war die ganze Sache im Sande verlaufen.
    Es gab einen Prozess, ja, aber die Beweise waren nicht schlagkräftig genug gewesen, so hatte die Jury zumindest entschieden. Trudy hatte den Erlös ihrer Memoiren eingesackt und war mit einem – wie es hieß – Rasenfachmann mit Texmex-Hintergrund auf eine Karibikinsel in Urlaub gefahren, wo sie nach einem spontanen Nacktbad im Mondlicht an den Strand geschwemmt wurde. Lebensgefährliche Strudel, so die örtliche Polizei; sie muss in die Tiefe gezogen worden und mit dem Kopf gegen einen Stein geschlagen sein. Ihr unbekannter Begleiter hatte sich in Luft aufgelöst. Verständlich, denn er hätte beschuldigt werden können; wobei man munkelte, dass er möglicherweise auch angeheuert worden war.
    So war Trudy nicht in der Lage gewesen, als Zeugin vor Gericht aufzutreten, wie hätte man also auch nur irgendwas beweisen sollen? Fenellas Skelett hatte so lange unter der Erde gelegen: Jeder hätte sie verscharrt haben können. Anonyme Männer, im Regelfall Immigranten, liefen doch ständig mit Schaufeln durch die wohlhabenderen Viertel der Städte und waren jederzeit imstande, den gutgläubigen, unschuldig vor sich hin gärtnernden Damen eins überzubraten, ihre Münder mit Gartenhandschuhen zu verstopfen und sie ungeachtet ihrer gedämpften Schreie im Geräteschuppen zu missbrauchen, um anschließend Fette Henne auf ihnen zu pflanzen, ganz zu schweigen von Wegerich, Gänsekresse und anderen dürreresistenten Saftpflanzen. Es war eine bekannte Gefahr, der Hausbesitzerinnen mit Hang zur Begrünung ausgesetzt waren.
    Und was seine nicht unbeträchtlichen Veruntreuungen betraf, an denen kein Zweifel bestand, hatte Hochwürden den einzig wahren Weg beschritten: den einer öffentlichen Beichte seiner Versuchung, gefolgt von einer Darlegung seiner Sündigkeit, ihr nicht widerstanden zu haben, wiederum gefolgt von einer Darlegung der Erkenntnis jener Sündigkeit, einer bitteren Pille, die ihn jedoch Demut gelehrt und vor sich selbst gerettet habe. Die Krönung bildete seine kriecherische, tränenreiche Bitte um Vergebung sowohl bei Gott als auch bei den Menschen, vor allem aber bei den Mitgliedern der Church of PetrOleum. Bingo, und schon war er freigesprochen, aller Sünden bereinigt und bereit für einen Neuanfang. Denn wer könnte so kalten Herzens sein, einem derart offenkundig reuigen Mitmenschen die Vergebung zu verweigern?
    »Er ist auf freiem Fuß«, sagte Adam. »Entlastet und zurück im Amt. Seine Ölpartner haben ihn da rausgeholt.«
    »Dieser Oberwichser«, sagte Zeb.
    »Er wird Jagd auf uns machen, und jetzt wird er auch das Geld dafür haben«, sagte Adam. »Nämlich von seinen Ölseilschaften. Also gib acht.«
    »Klar«, sagte Zeb. »Ich geb sogar Neunen und Zehnen.« Es war einer seiner alten Witze. Früher hatte er Adam damit immer ein Lachen entlockt oder eher ein Lächeln, aber dieses Mal lächelte Adam nicht.
    Eines Abends, als Zeb mit seiner Smokey-Sonnenbrille, in seinem schwarzen Anzug mit der Schlangennadel und mit indifferentem Lächeln am Scales-Tresen herumstand und durch den falschen Goldzahn in seinem Mund das Geplauder belauschte, hörte er einen der Jungs am Eingang etwas sagen, und er straffte augenblicklich den Rücken.
    Diesmal war es keine Painballer-Warnung. Im Gegenteil.
    »Vier Eliteleute, kommen gerade rein«, sagte die Stimme. »Dreimal Ölkonzern, einer Church of PetrOleum. Dieser Prediger da aus den Nachrichten.«
    Zeb spürte, wie das Adrenalin durch seine Adern schoss. Es war Hochwürden, garantiert. Und, würde ihn der hinterfotzige, kinderschändende, frauenmordende Sadist wiedererkennen oder nicht? Er überprüfte den Standort eines jeden potenziellen Flugkörpers in Reichweite. Bei dem Ruf »Ergreift den Mann da!« oder ähnlichem Melodram würde er ein paar Glaskaraffen werfen und rennen wie nie zuvor. Seine Muskeln waren zum Reißen gespannt.
    Da kamen sie, in Feierlaune, den Scherzen nach zu urteilen, dem Gelächter und den modifizierten

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