Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
einen Karton Kartoffelchips gefunden, den haben sie nach draußen geschleppt und erstmal Party gemacht und die ganze Zeit zu uns hochgeschielt. Die haben demonstrativ diese Chips gefressen: Denen muss klar gewesen sein, dass wir Hunger hatten. Zeb sagte, wir sollten sie zählen, falls sie sich in Gruppen aufteilen, nicht dass ein paar so tun, als würden sie gehen, um uns dann aus dem Hinterhalt zu überfallen. Dann sind sie abgehauen, nach Westen; sind losgetrabt, als hätten sie das Ziel klar vor Augen. Und wir haben rübergeguckt, und da war tatsächlich was. Da war Rauch.«
Hin und wieder fängt etwas in der Stadt Feuer. Ein elektrischer Anschluss, der noch an einer Solarzelle hängt; ein Haufen nassfeuchter Biostoffe, der spontan in die Luft fliegt; Boilermüll, von der Sonne erhitzt. Insofern ist Rauch nichts allzu Ungewöhnliches, was Toby auch zur Sprache bringt.
»Dieser war aber anders«, sagt Swift-Fuchs. »Er war dünner, wie bei einem Lagerfeuer.«
»Warum habt ihr die Schweine nicht erschossen?«, fragt Lotis Blue.
»Zeb meinte, das wäre Zeitverschwendung, es waren einfach zu viele. Und außerdem wollten wir am Ende nicht ohne Munition dastehen. Irgendwann meinte Zeb, wir sollten da mal gucken gehen. Aber es wurde schon dunkel. Also haben wir in der Drogerie übernachtet.«
»Auf dem Dach?«, fragt Toby.
»Im Lagerraum«, sagt Swift-Fuchs. »Wir haben die Tür mit Kisten verbarrikadiert. Aber es ist nichts passiert, außer Ratten; davon gab’s jede Menge. Am Morgen sind wir dann in die Gegend, wo wir das Feuer gesehen hatten. Zeb und Shackie meinten, das waren bestimmt die Painballer.«
»Habt ihr sie gesehen?«, fragt Amanda.
»Nur die Reste des Lagerfeuers«, sagt Swift-Fuchs. »Runtergebrannt. Die Schweine hatten überall Spuren hinterlassen. Und von unserem Mo’Hairschaf war auch noch was übrig. Das mit den roten Zöpfen. Da hatten sie sich drüber hergemacht.«
»O nein«, sagt Lotis Blue.
»Wer, die Painballer oder die Schweine?«, fragt Amanda.
»Beide«, sagt Swift-Fuchs. »Aber die beiden Typen haben wir nicht gesehen. Zeb meint, die Schweine hätten die beiden vertrieben. Wir haben ein totes Ferkel gefunden, ein Stück weiter; mit dem Spraygewehr geschossen; ein Hinterbein fehlte. Zeb sagt, wir sollten später nochmal hin und es holen, weil’s eher unwahrscheinlich ist, dass sich die Schweine nochmal mit uns anlegen, nachdem eines ihrer Jungen getötet wurde. Wir sollten jedes Stück Gratisfleisch nutzen. Aber wir haben auch Hunde bellen gehört, diese verrückten, superbissigen Spleißungen, also müssen wir uns vielleicht auch noch mit denen rumärgern. Es ist der reinste Zoo da draußen.«
»Wenn’s ein Zoo wäre, gäbe es Zäune«, sagt Lotis Blue. »Die haben unser Mo’Hairschaf gestohlen! Das ist nicht einfach nur streunen gegangen. Die beiden Typen müssen hier ganz in der Nähe gewesen sein, und keiner hat was mitgekriegt.«
»Voll gruselig«, sagt Ren.
Swift-Fuchs hört nicht zu. »Guckt mal, was ich noch habe«, sagt sie. »Schwangerschaftstests, wo man auf so einen Streifen pinkeln muss. Die werden wir bestimmt alle demnächst brauchen. Oder einige von uns zumindest.« Sie lächelt, aber ohne Toby dabei anzusehen.
»Ohne mich«, sagt Ren. »Wer will denn Kinder in dieses Elend setzen?« Sie deutet mit dem Arm auf das Lehmhaus, die Bäume, den Minimalismus. »Ohne fließend Wasser. Ich meine …«
»Ich bezweifle, dass du die Wahl haben wirst«, sagt Swift-Fuchs. »Auf längere Sicht. Ich finde, wir sind es der Menschheit schuldig. Meint ihr nicht auch?«
»Und wer sollen die Väter sein?«, fragt Lotis Blue nicht uninteressiert.
»Na, such dir einen aus«, sagt Swift-Fuchs. »Bitte hinten anstellen. Nimm einfach den, der am meisten die Zunge baumeln lässt.«
»Na, dann hast du wohl Elfenbeinspecht an der Backe«, sagt Lotis Blue.
»Sagte ich längste Zunge?«, sagt Swift-Fuchs. Sie und Lotis Blue kichern, Ren und Amanda nicht.
»Zeig doch mal diese Pinkelstreifen«, sagt Ren.
Toby starrt in die Dunkelheit. Soll sie Zeb suchen? Er wird inzwischen geduscht haben: Niemand im Lehmhaus duscht lange, abgesehen von Swift-Fuchs, die immer das gesamte sonnengewärmte Wasser aufbraucht. Aber Zeb ist nirgends zu sehen.
Sie liegt in ihrer Nische wach, für den Fall der Fälle. Der Mond versilbert ihre Augen. Eulen rufen, verliebt in die Federn des anderen. Nichts, was sie wollen würde.
Jäten
Den ganzen Morgen von Zeb keine Spur. Niemand erwähnt ihn. Sie
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