Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
Jimmy!« Letzteres kam von einem kleinen Junge.
Wie sollte sie das jetzt erklären? »Jimmy ist ein Name. Schneemensch hat zwei Namen.«
»Sein Name ist Schneemensch-Jimmy?«
»Ja«, sagte Toby, ab jetzt ja.
»Schneemensch-Jimmy, Schneemensch-Jimmy«, wiederholten sie gemeinsam.
»Warum hat er zwei Namen?«, wollte einer wissen, aber die anderen hatten ihre Aufmerksamkeit schon auf das nächste verwirrende Wort gerichtet. »Was ist Medikamente ?«
»Medikamente sind etwas, um Schneemensch-Jimmy wieder gesund zu machen«, sagte sie vorsichtig. Lächelnde Gesichter: Diese Vorstellung gefiel ihnen.
»Dann kommen wir mit«, sagte derjenige, der offenbar der Wortführer war – ein hochgewachsener Mann mit hellbrauner Haut und Römernase. »Wir werden Schneemensch-Jimmy tragen.«
Zwei Crakermänner nahmen Jimmy mühelos hoch. Toby erschrak über seine Augen: die schmalen weißen Schlitze, die zwischen seinen Lidern leuchteten. »Ich fliege«, sagte er, als ihn die Craker mit Schwung in die Luft hoben.
Toby fand Jimmys Spraygewehr, sie sicherte es und gab es Ren zum Tragen: Das Mädchen hatte vom Schießen keine Ahnung – woher auch –, aber man würde es später noch gebrauchen können.
Sie hatte angenommen, dass nur die beiden Freiwilligen mit zurück zum Lehmhaus kommen würden, stattdessen zockelte die ganze Crakertruppe mitsamt Kindern hinterher. Alle wollten in Schneemenschs Nähe bleiben. Die Männer wechselten sich beim Tragen ab; die anderen hielten die Fackeln hoch und sangen von Zeit zu Zeit mit ihren gespenstischen Wasserglasstimmen.
Vier der Frauen gingen neben Ren und Amanda her, tätschelten sie und berührten sie am Arm oder an der Hand. »Oryx wird sich um dich kümmern«, sagten sie zu Amanda.
»Die sollen es wagen, sie noch ein Mal anzufassen mit ihren verdammten blauen Pimmeln«, sagte Ren grimmig.
»Was ist blauen Pimmeln ?«, fragten sie verwundert.
»Lasst es einfach«, sagte Ren. »Sonst gibt’s Stress!«
»Oryx wird sie glücklich machen«, sagten die Frauen, wobei sie etwas unsicher klangen. »Was ist Stress ?«
»Geht schon wieder«, sagte Amanda mit schwacher Stimme zu Ren. »Wie geht’s dir?«
»Das stimmt nicht, verdammt! Wir müssen einfach ganz schnell zu den MaddAddamiten zurück«, sagte Ren. »Da gibt’s Betten und ne Wasserpumpe und alles. Da können wir dich waschen, und Jimmy auch.«
»Jimmy?«, sagte Amanda. »Das ist Jimmy? Ich dachte, der wär tot. Wie alle anderen.«
»Hab ich auch gedacht. Aber es sind gar nicht alle tot. Na ja, ein paar zumindest nicht. Zeb ist nicht tot und Rebecca auch nicht und du und ich und Toby und …«
»Wo sind die beiden Typen hin?«, fragte Amanda. »Ich hätte ihnen die Fresse einschlagen sollen, als ich noch konnte.« Sie stieß einen kleinen Lacher aus, verdrängte auf alte Plebsratten-Art ihren Kummer. »Wie weit ist es?«, fragte sie.
»Sie können dich tragen.«
»Nein. Geht schon.«
Motten umflatterten die Fackeln, die Blätter über ihren Köpfen raschelten in der nächtlichen Brise. Wie lange sind sie gelaufen? Toby kam es vor wie Stunden, aber im Mondschein verschwimmt die Zeit. Sie gingen westwärts durch den Heritage Park; hinter ihnen wurde das Rauschen der Wellen immer schwächer. Trotz des Pfades war sie unsicher, die Craker aber schienen den Weg zu kennen.
Sie horchte nach Geräuschen in den Bäumen – Schritte, knackendes Holz, ein Grunzen – und hielt sich am Ende der Prozession, die Flinte im Anschlag. Es quakte, es tschilpte: irgendein Amphibium, ein nächtlicher Vogel. Sie wusste um die Finsternis in ihrem Rücken: Ihr Schatten dehnte sich gewaltig und ging über in die tieferen Schatten dahinter.
Mohn
Endlich erreichten sie die Lehmhausenklave. Eine einzige Glühbirne brannte im Garten; hinter dem Zaun standen Crozier, Manatee und Tamaraw mit ihren Spraygewehren und schoben Wache. Jeder trug eine batteriebetriebene Kopflampe, die sie in einem Fahrradladen gefunden hatten.
Ren rannte ihnen entgegen. »Wir sind’s!«, rief sie. »Alles okay! Wir haben Amanda!«
Croziers Kopfleuchte wippte auf und ab, als er das Tor öffnete.
»Großartig!«, rief er.
»Spitze! Ich sag den anderen Bescheid!«, sagte Tamaraw. Sie eilte zum Haupthaus.
»Croze! Wir haben’s geschafft!«, sagte Ren. Sie warf sich in seine Arme, ließ das Spraygewehr fallen, und er hob sie hoch, wirbelte sie durch die Luft und küsste sie. Dann setzte er sie wieder ab.
»He, woher habt ihr das Spraygewehr?«, fragte er. Ren
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