Die Geschichte von Zoe und Will
wirklich. Der Fernseher ist so leise, dass wir nur etwas hören, wenn das Publikum lacht.
Ich lausche Wills Atem neben mir. Ich spüre seine Beine, die meine umfassen. Seine Hände ziehen Kreise auf meinem Rücken, und das Atmen fällt mir schwer, da ich mein Gesicht an ihn gedrückt habe, aber das stört mich nicht. Ich spüre ihn und nichts anderes, nicht die Sendung, nicht die Sorge, nicht die Freiheit. Nur seine Haut, seinen Unterarm, der auf mir liegt, mehrere Nuancen dunkler als mein blasser Körper.
»Hast du schon einmal jemand anderen geliebt?«, frage ich ihn, auch wenn es mich nicht kümmert, wenn er neben mir schon jedes Mädchen auf der Welt geliebt hat, solange er jetzt mit mir hier ist.
»Du meinst, ob ich schon mal ein anderes Mädchen geliebt habe?«
»Ja.«
»Nicht wie dich.«
»Aber dir haben schon andere Mädchen gefallen. Wie waren die?«
Er übersät mein Haar mit Küssen, während er seine Antwort überdenkt.
»Das ist keine Fangfrage«, sage ich. »Ich werde nicht sauer.«
»Ich hab noch nie jemanden so geliebt wie dich, Zoe. Mehr gibt’s da nicht zu sagen. Ich hatte schon Freundinnen, aber die meiste Zeit hab ich einfach versucht zu überleben, und die Mädchen, die ich vor allem gesehen habe, die aus dem Heim, die waren wie Schwestern. Und deren Probleme waren groß. Zu groß für mich.«
»Wie meinst du das? Wieso waren die zu groß?«
Er windet sich vor Unbehagen. »Ein paar von denen hast du getroffen.«
Ich kannte die Mädchen aus dem Heim, allerdings nicht sonderlich gut. Wenn ich mit Will in der Schule durch die Gänge ging, haben mich ihre Augen unter den Kapuzen ihrer Hoodies heraus beobachtet, aber sie versuchten nur selten, mit mir ein Gespräch zu beginnen. In mancherlei Hinsicht hatte ich das Gefühl, zu ihnen zu gehören – so wie sie flehte auch ich das Universum nach einem besseren Leben an, hatte mich noch nicht wirklich mit diesem abgefunden –, aber andererseits war ich nie eine von ihnen. Sie waren frech und aggressiv, ein Haufen zusammengewürfelter Überlebender, die nur gemeinsam stark waren. Sie machten mir Angst, doch Will ließ nicht zu, dass sie auf mich abfärbten, dass ich wie sie wurde. Er hat mich von ihnen ferngehalten, wenigstens am Anfang.
»Ich dachte, meine Probleme wären groß.«
»Nee, du musstest einfach nur von dort weg, nicht wahr? Aber ich weiß nicht, ob die Dinge für dich jetzt besser sind, wo du einen Chaoten wie mich am Hals hast.«
Ich lächle und beiße ihn sanft in die Schulter. Er schmeckt wie weiches Salz, und ich will es auf meiner Zunge behalten, bis es sich in meinem Blutkreislauf auflöst. Ich stoße einen Schrei aus, als er mich packt und auf sich zieht, sodass sich meine Knie nun neben seiner Brust befinden. Er hat Boxershorts an, und ich trage sein T-Shirt, ich spüre seine Hitze überall, ein Wirbelsturm durchzuckt jede Region meines Körpers, als er mein Gesicht zu sich zieht und mich auf den Mund küsst. Er stöhnt. Ich strecke die Beine gerade aus, und Blut rauscht in meine Wangen. Ich weiß, wie sehr er mich will.
»Lass uns nicht warten. Ich verspreche dir hier und jetzt alles, alles, was du willst.«
Seine Hände sind an Stellen, an denen sie noch nie zuvor waren, und es fühlt sich so gut an, er fühlt sich so gut an, seine Wärme, sein Geschmack, so gut, dass ich versucht bin, meine Ängste beiseitezuschieben und allem zuzustimmen, was er sagt oder nicht sagt oder mit mir anstellt. Will ist nicht mein Vater.
Aber es ist schwer, dieses Ding loszulassen, das hinter der Begierde in meinem Magen lauert, dieses Ding, das meinen Körper verwirrt. Will ich berührt werden, oder will ich es nicht? Frustration kocht in mir hoch. Ich will nachgeben, in seiner Berührung schwelgen, mich an neue Orte bringen lassen, meine Angst vor neuen Orten verlieren. Ich will ihn glücklich sehen, mich glücklich sehen, meine Freiheit genießen. Die Mauer durchbrechen, die mich zurückhält … diese undurchdringliche Mauer. Innerlich schreie ich auf.
Ich weiche zurück und senke die Augen, doch er sieht es und zieht mich an sich.
»Okay. Ist schon okay. Du hast recht, wir werden warten. Es wird toll werden, perfekt, wenn der richtige Zeitpunkt da ist. Okay?«
Ich presse meine Wange an seine Brust und starre zu dem schmalen Streifen Licht, das durch den Schlitz in den Vorhängen fällt. Die Vorhänge sind gelb, sonnengelb. Dahinter ist ein Fenster. Eine Öffnung in der Mauer.
WILL
ZOE LIEGT IN MEINEM BETT . Hat sich noch
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