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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
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langsamer.
    »Zoe. Es tut mir leid. Es tut mir so leid, Zoe. Bitte. Ich wollte das nicht sagen. Ich bin ein Arschloch.« Er biegt von der Straße ab und reißt den Schlüssel aus dem Zündschloss. Dann greift er nach meinem Gesicht. »Niemand darf dich mehr beschimpfen. Niemand . Vor allem nicht ich.« Seine Augen huschen zwischen meinen hin und her. Seine Stimme ist rau. »Es tut mir leid. Es … Sag doch was.«
    Ich lege die Hand auf seine, auf seinen Arm, der zwischen uns eine Brücke bildet, und öffne den Mund, um etwas zu sagen, ein Geräusch zu erzeugen, das alles in Ordnung bringt, auch wenn ich nicht weiß, was das sein sollte. Ein gleichbleibender Rhythmus bebenden Schluckaufs ergreift Besitz von mir, und ich schüttle den Kopf.
    »Zoe.« Er zieht mich zu sich, aber es ist sonderbar, als wäre er nicht sicher, ob er mich überhaupt anfassen darf. »Es tut mir leid.« In seiner Stimme klingen Angst und Verzweiflung mit, und ein Teil von mir genießt es, will, dass er leidet, doch ein größerer Teil will das nicht. Er ist nicht der Einzige, der sich falsch verhalten hat. Ich habe ihn geschlagen.
    Ich will auf seinen Schoß kriechen, mich in die Behaglichkeit seiner Entschuldigung schmiegen und meine eigene loswerden, bis alles wieder gut ist.
    »Will. Mir tut es auch leid.«
    Er legt seine Hand um meine Schulter und zieht mich fest an sich, genau, wie ich das wollte. Ich bin die Böse und bekomme trotzdem, was ich will. Bei meinem Vater war es anders; wenn ich etwas Böses getan habe, bekam ich nicht, was ich wollte. Er wusste, die Bestrafung würde alles sühnen, was auch immer ich falsch gemacht habe. Will küsst meinen Kopf, ein Verband um mein wundes Herz, aber die Schuldgefühle klingen dennoch nach.
    »Da gibt’s nichts, was dir leidtun müsste. Das hab ich verdient.«
    Ich schüttle wieder den Kopf.
    »Nein. Niemand …« Verbissen halte ich den Mund, denn wer bin ich schon, dass ich die Worte sagen dürfte, die ich sagen möchte? Wer bin ich schon, dass ich sagen dürfte, dass es niemand verdient, geschlagen zu werden? Hat mich mein Vater nicht bestraft, weil ich es verdiente, weil alles meine Schuld war? »Wir werden uns nie mehr schlagen. Niemals.«
    »Du musst alles tun, was nötig ist, wenn ich mich danebenbenehme. Einfach alles. Du darfst mir nichts durchgehen lassen, verstanden?«
    Ich küsse ihn fest auf den Mund, ein Mal, zwei Mal. Werfe die Arme um ihn und nicke, weil er das von mir erwartet, aber dieses Leben kann ich nicht noch einmal leben. Wie schwer wird es werden, sich aus diesem dunklen Ort zu graben, an dem es üblich ist, dass Menschen auf immer und ewig wie Boxsäcke behandelt werden?
    »Niemand darf dich beschimpfen.«
    Ich nicke wieder. Er drückt mich so fest an sich, dass sich das Lenkrad in meine Seite bohrt.
    Er küsst meine Tränen, meine Nase. »Ich liebe dich.«
    Seine Worte, sein Tonfall trösten mich, und ich versuche mit aller Gewalt, meinen Atem zu verlangsamen. Meinen noch immer bebenden Körper zur Ruhe zu bringen. Das sonderbar befreiende und machtvolle Gefühl, wütend zu werden und mich zu wehren, jagt mir Angst ein. Ich will nicht, dass mir meine Faust im Gesicht eines anderen gefallen könnte. Dieser Mensch darf ich nicht sein.
    »Es tut mir leid«, beharre ich. »Kein Schlagen. Lass uns jetzt diese Regel aufstellen. Niemals, niemand, den wir lieben.«
    »Okay.«
    »Vergibst du mir?«
    Er stößt ein ungläubiges Schnauben aus. »Der Tag wird nie kommen, an dem ich dir vergeben müsste, weil du dafür gesorgt hast, dass ich mich nicht danebenbenehme.«
    Ich will es laut von ihm hören, dass er mir vergibt, ich will, dass er versteht, warum ich kein Monster werden darf, aber ich weiß, dass er das auf seine ganz eigene Art längst getan hat.
    »Wir müssen zurück und das Geld aufsammeln.«
    »Das können wir nicht.«
    »Ich bin sicher, es liegt gleich am Straßenrand, Will. Wir finden es!«
    »Nein. Es war sowieso gestohlen.«
    Ich verstehe nicht, warum das in diesem Moment eine Rolle spielt. Nun, da seine Geldbörse weg ist und wir nichts mehr haben.
    »Was ist vorhin passiert?«
    »Das Essen war Mist.«
    »Nein.«
    Ich setze mich auf, rücke von ihm ab, und er sieht mich an. In seinen Augen liegt keinerlei Ironie. Kein verschmitztes Grinsen zuckt um seine Mundwinkel. Aber da ist auch keine Wut. Die habe ich gesehen, als ich mit einem neuen Bluterguss in der Schule auftauchte.
    Nein, dieses Funkeln in seinen Augen ist unbeherrscht und wild. Das habe ich noch

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