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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Dieses Lächeln überrascht mich in zweifacher Hinsicht: es ist der
     Situation wenig angemessen, und man sieht Grabel nur selten lächeln. Ich muß gestehen, daß mich diese Reaktion in meiner gegenwärtigen
     Verfassung mehr als schockiert. Schließlich bin ich selbst die »nächste Etappe«. Und nach mir sind es die PMs aus dem Labor:
     Pierce und Smith. Und auf keinen Fall Dr. Grabel selbst, auf den das Serum keine Wirkung ausüben würde, weil er als A ohnehin
     immun ist. Grabel kann also völlig ruhig schlafen. Für ihn besteht nicht einmal das Risiko der Ansteckung, das der tägliche
     Umgang mit den Viren mit sich bringt. Ich verstehe also nicht, worauf dieses Lachen und dieser wissende Ausdruck in seinem
     Gesicht hinauslaufen.
    Ich schweige. Ich mißtraue meinen Reaktionen, vor allem Grabel gegenüber, zu dem ich jetzt sehr gute Beziehungen habe, nachdem
     sie vorher so schlecht gewesen waren.
    Ich behandle ihn auch aus einem anderen Grund rücksichtsvoll. Burage hat mehrmals durchblicken lassen, daß Grabel Verbindungen
     zum
Wir
hat und daß das
Wir
ihm vorbehaltlos vertraut. Darin liegt für mich übrigens ein unergründliches Geheimnis. Es übersteigt mein Auffassungsvermögen,
     daß ein A mit einer Anti-Bedford-Bewegung sympathisieren könnte. Würde nicht die Niederlage des Bedfordismus alle Privilegien |248| der A.s beseitigen – ohne daß sie wiederbekämen, was sie verloren haben?
    Ich sehe Grabel an und sage süßsauer: »Wissen Sie, diese Perspektive hat für mich nichts Erfreuliches. Die nächste Etappe
     wird kein Sonntagsausflug sein.«
    Grabel nimmt diese versteckte Abfuhr gelassen hin, ich möchte fast sagen: fröhlich.
    »Das kann ich mir denken«, sagt er glucksend. Und fügt mit einer für meine Begriffe niederschmetternden Taktlosigkeit hinzu:
     »Macht nichts. Je eher, desto besser.«
     
    Montag früh erwartet mich Burage in meinem Arbeitszimmer mit ernstem Gesicht und vielsagendem Blick.
    »Ich habe Neuigkeiten für Sie«, sagt sie mit klarer Stimme.
    »Gute?«
    »Gute und schlechte. Zum ersten, Ritas Abhöranlage ist jetzt ebenfalls überprüft worden. Von nun an werden Sie nur noch eine
     Kontaktperson haben: mich (sie sagt das mit einem Anflug von Genugtuung). Zum zweiten, Rita hatte ein Gespräch mit Stien …«
    »Wo, wenn ihre Abhöranlage überprüft worden ist?«
    »An einem nicht näher bezeichneten Ort«, sagt Burage kurz angebunden und schüttelt gebieterisch ihre mahagonifarbene Mähne.
     Gleichzeitig sagen mir ihre blauen Augen, deren Ausdruck so schnell wechselt, daß ich ihre Antwort als Vorsicht, nicht als
     Mißtrauen werten soll. »Glauben Sie mir«, fährt sie fort, »nicht einmal für Rita war es leicht, die Haut dieses alten Krokodils
     zu durchdringen. Aber es hat sich gelohnt. Rita hat einen Stien vorgefunden, der sich sehr wohl der Gefahren bewußt ist, die
     aus seiner Forschungsarbeit für euer Geschlecht erwachsen. Und was man zumindest sagen kann, ist, daß er nichts überstürzen
     wird.«
    »Ich fühle mich unendlich erleichtert.«
    »Triumphieren Sie nicht zu schnell«, sagt Burage. »Alles andere ist gar nicht so überwältigend. Mit Jespersen sind wir nicht
     in Kontakt getreten, nachdem wir unsere Fühler nach ihm ausgestreckt hatten. Er scheint sich der Bedford-Welt mit Haut und
     Haaren verschrieben zu haben. Überrascht Sie das?«
    »Nicht so sehr. Er hat eine sehr orthodoxe Position bezogen, als man uns aufforderte, Sperma zu spenden.«
    |249| »Ja, ich erinnere mich. Sie waren damals großzügig in der Einschätzung seiner Haltung. Ich nicht. Jespersen gehört zu den
     Leuten, die Unterwürfigkeit gegenüber den Behörden mit Pflichtbewußtsein verwechseln.« Kurze Pause. »Statt dessen ist es uns
     gelungen, einen äußerst wertvollen Kontakt mit jemand aus seinem Labor aufzunehmen«, fährt sie fort.
    »Jemand?«
    »Sein Geschlecht spielt keine Rolle«, sagt sie hastig. »Dok tor , haben Sie die Droge der Ablationisten jemals gekostet?«
    »Das
Caladium seguinum
? Natürlich nicht. Kein Tröpfchen. Es ist eine schleimige grünliche Flüssigkeit, deren Geruch alles andere als verlockend
     ist.«
    »Sie soll auch nicht verlockend schmecken. Aber Jespersens Projekt hat zum Ziel, das zu verändern.«
    Ich runzele die Brauen.
    »Was zu verändern?«
    »Das Aussehen, den Geruch und den Geschmack des
Caladium seguinum.
«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Jespersen daran arbeitet, es annehmbarer zu machen?«
    »Mehr als annehmbar: nicht spürbar. Das

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