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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nicht leiden, weiß Gott warum).
    »Schwester«, sagt Burage, »wenn ich den Kunden verbiete, was zu trinken und auch Ricardo was anzubieten, kann ich meinen Job
     an den Nagel hängen.«
    Die Milizionärin wird rot. Ich sehe, daß sie sich überwinden muß, um sich mit so einer heruntergekommenen Frau zu unterhalten,
     und daß sie ihr am liebsten das Wort verbieten möchte. Trotzdem tut sie es nicht. Je länger ich sie ansehe, um so weniger
     gefallen mir diese langen Kinnladen und diese schmalen Lippen. Die geht aufs Ganze.
    »Ich werde auch den Chauffeur melden.«
    »Okay«, sagt Burage.
    An dieser Stelle begeht Burage einen Fehler, den ersten seit Beginn der Auseinandersetzung. Sie tritt aufs Gaspedal und läßt
     den Motor aufheulen. Die Milizionärin sagt barsch: »Stel len Sie den Motor ab, steigen Sie aus und öffnen Sie die hintere Tür.«
    Ich zwinge mich, bewegungslos sitzen zu bleiben, aber mein ganzer Körper spannt sich, und mein Herz hämmert gegen die Rippen.
     Schweigen. Burage fängt sich wieder. Sie stellt den Motor ab und sagt schleppend und höhnisch: »Schwester, ich hab’ bloß den
     Gefrierbehälter mit dem Sperma hinten drin.« |321| Die Milizionärin zuckt mit den Lidern, als hätte man sie geohrfeigt. Aber sie läßt nicht locker. Im Gegenteil.
    »Haben Sie mich verstanden?« sagt sie.
    »Oh, Pardon«, sagt Burage, lauter werdend. »Wir müßten erst mal feststellen, wer für was verantwortlich ist! Ich sage: Sie
     haben kein Recht, an mein Sperma in meinem Kühlschrank ranzugehen!«
    »Tun Sie, was ich sage«, antwortet die Milizionärin.
    »Also gut, wenn Sie drauf bestehen, rufen Sie den Leutnant«, sagt Burage mit bewunderungswürdiger Kaltblütigkeit. »Ich mache
     nur in seiner Gegenwart auf.«
    Ich vergehe vor Angst und bin wütend, besonders auf Jackie. Sie hatte versprochen, während der Kontrolle an Ort und Stelle
     zu sein. Alles kann durch ihre Schuld in die Brüche gehen. Wo sie nur bleibt?
    »Kommen Sie endlich raus«, sagt die Milizionärin barsch.
    Burage gehorcht, doch hat sie das Manöver begriffen. Während sie aus dem Wagen steigt, dreht sie sich um, bückt sich, greift
     nach den Autoschlüsseln und steckt sie in die Tasche.
    »Geben Sie mir die Schlüssel«, sagt die Milizionärin wütend.
    »Schwester«, sagt Burage, »dieses Sperma ist Regierungseigentum. Außer mir hat niemand das Recht ranzugehen.«
    Die Milizionärin macht eine unerwartete Handbewegung. Sie nimmt das Gewehr und richtet den Lauf auf Burages Brust. Ich sehe,
     wie ihre Hände zittern.
    »Geben Sie mir die Schlüssel«, sagt sie tonlos.
    Ich beschließe einzugreifen. Ich rutsche auf Burages Platz hinter das Steuer, stecke wie ein Angetrunkener den Kopf durchs
     Fenster und sage mit annähernd spanischem Akzent: »Señora Soldat, Sie dürfen nicht auf Señora Bess schießen. Sie ist bei der
     Regierung angestellt.«
    »Nennen Sie mich nicht Señora«, brüllt die Milizionärin.
    Obendrein eine Frömmlerin.
    »Ja, Señora«, sage ich mit blödem Gesichtsausdruck.
    In diesem Augenblick stößt mein Ellbogen gegen das Steuer und löst einen kurzen Hupton aus. Das war unbeabsichtigt, doch mache
     ich mir diesen Zufall zunutze: Von einem Schwächeanfall übermannt, lasse ich meinen unter Alkohol stehenden Kopf und |322| die beiden Arme auf das Steuer fallen. Die Fordhupe schrillt unaufhörlich und übertönt die Stimme der Milizionärin, die vermutlich
     Befehle und Drohungen an meine Adresse richtet. Aus den Augenwinkeln sehe ich die Wache aus ihrer Baracke herausstürzen, fünf
     oder sechs Milizionärinnen, die Waffen im Anschlag, sehr erregt. Wildes Durcheinander. Verwirrung. Lautes Geschrei, von der
     Hupe halb übertönt. Beschimpfungen an meine Adresse. Mehrere Hände, und nicht gerade die zärtlichsten, schütteln mich, damit
     ich das Steuer loslasse, doch trotz der Schläge klammere ich mich daran fest, bis ich endlich Jackie erblicke. Sie kommt aus
     dem Lager gerannt, rot im Gesicht, mit blitzenden Augen. Es hagelt Befehle. Die Wache zieht sich beschämt in die Baracke zurück.
     Die Milizionärin nimmt Habachtstellung ein. Sie wird gehörig abgekanzelt. Burage auch. Ich auch. Jackie läßt sich die Autoschlüssel
     geben, befiehlt der wachhabenden Milizionärin, die Lagerbeleuchtung einzuschalten, öffnet und schließt geräuschvoll den hinteren
     Schlag des Lieferwagens und gibt Burage die Schlüssel zurück. Während sie sich zu ihr herabbeugt, sagt sie leise und wütend:
     »Ihr habt

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