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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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liebt mich ja auch, oh, ja! Dieser liebe, kleine Ralph, so naiv, so sentimental. Und immer
     bereit, seiner italienischen Männlichkeit Ehre zu machen. Italien hat eben auch seine guten Seiten.
    Ich will es ebenfalls mit Ausgeglichenheit versuchen.
    »Wenn ich mich recht erinnere, warst du in Blueville sehr eifersüchtig. Du machtest mir eine Szene nach der anderen.«
    »Ach, Blueville!« sagt Burage. Sie legt ihre Haarbürste auf das Waschbecken. Ihre Gesichtszüge verändern sich. Ihre Stimme
     auch. »In Blueville war die Situation anders, Ralph. In Blueville hatten schließlich alle Anteil an dem ›armen Tier‹, nur
     ich nicht. Aber Bess! Jackie! Ach, ich werde Blueville nie vergessen können! Ich litt an einer unvorstellbaren sexuellen Frustration.
     Jede Nacht wälzte ich mich stundenlang in meinem |344| Bett herum und rief deinen Namen. Oh, Ralph, ich erinnere mich, wie ich meine Hände ins Laken krallte und mit leiser, wegen
     der Abhöranlage sehr leiser Stimme endlos wiederholte: schenk mir ein Kind, Ralph, schenk mir ein Kind!«
    Ich bin von diesen Worten sehr gerührt. Ich schalte meinen Rasierapparat aus und lege ihn in meiner Zerstreuung in das Etui
     zurück, ohne ihn zu säubern. Ich sehe Burage an. Wundervolles Haar, blaue Augen, heller Teint, und nicht zu vergessen die
     runde, beruhigende Nase, und das alles über dem reizend gemusterten, schwarzgoldenen Morgenmantel. Ich spüre in mir einen
     starken Elan. Doch gerade in diesem Augenblick, als mir der Gedanke kommt, sie in die Arme zu schließen, ebbt meine Empfindung
     ab. Ich frage mich: habe ich an diesem Morgen das Recht, sie in die Arme zu nehmen? Da sie ja offensichtlich nicht an der
     Reihe ist, mit mir zu schlafen? Wie haben mich die beiden Frauen aufgeteilt? Jede eine Woche? Und habe ich in der Woche, in
     der ich der einen Frau verpflichtet bin, das Recht, die andere zu liebkosen?
    Ich bekomme meine Verwirrung unter Kontrolle, hole meinen elektrischen Rasierapparat wieder heraus und säubere ihn.
    »Burage, du hast gut reden. Ich kann nicht glauben, daß du mich leichten Herzens Jackie überläßt. Mir fällt übrigens auf,
     daß du gestern ein Beruhigungsmittel genommen hast, obwohl du dagegen bist.«
    Sie hat wieder die Bürste in die Hand genommen, und ich mag zwar ein Mann sein, aber kein Idiot, denn ich weiß, daß sie mit
     dem Bürsten fertig ist.
    »Glaubst du«, sagt sie schließlich mit leicht belegter Stimme, während sie im Spiegel meinem Blick ausweicht, »daß du durch
     solche Bemerkungen die Dinge sehr erleichterst?«
    Kurzes, aber gewichtiges Schweigen. Ich möchte meinen Vorteil nicht mißbrauchen, aber trotzdem. Ich fahre mit sachlicher Stimme
     fort: »Wenn es dir nicht gefällt, warum machst du es dann?«
    Sie preßt die Lippen zusammen, die Augen werden dunkel, das Haar kommt in Unordnung, Gorgo oder Mänade, je nachdem. Ich spüre,
     daß sich dieses Gewitter über mir entladen wird.
    »Ralph, du bist oberflächlich! Verantwortungslos! Und ein politischer Analphabet! Du bist dir über die Lage absolut nicht |345| im klaren. Die Vereinigten Staaten haben einen enormen Prozentsatz ihrer männlichen Bevölkerung verloren. Die genaue Zahl
     ist noch nicht bekannt, denn alle Statistiken der Bedford-Administration sind gefälscht, wie wir wissen. Ich zähle nicht einmal
     alle die A.s mit, die sich wie die Kaninchen vermehrt haben … Kurzum, vor uns steht eine riesige Aufgabe, Ralph, und welche
     Frau kann da den Anspruch erheben, einen Mann für sich allein haben zu wollen?«
    »Und die künstliche Befruchtung?«
    Sie schüttelt kräftig ihr mahagonifarbenes Haar.
    »Das ist großenteils ein Mißerfolg. Man hat es unter Bedford festgestellt. Die Zahl der Frauen, die davon Gebrauch machen,
     ist sehr gering. Eins steht fest: den Frauen widerstrebt es, ein Kind von einem Mann zu haben, den sie nicht persönlich kennen.«
    Dieses »persönlich« ist gut gesagt. Und als Heuchelei steht es der meinen nicht nach. Aber macht nichts. Jetzt ist alles klar.
    »Deshalb also (ich zitiere nicht ohne Ironie) ist die ›traditio nelle monogame Ehe eine überholte Einrichtung‹. Wer sagt das, Burage? Das
Wir

    »Ja, das
Wir
, doch ich stimme mit ihm überein«, sagte Burage mit fester Stimme.
    Mit gemischten Gefühlen betrachte ich diese Kämpferin, die ihre leidenschaftliche Eifersucht auf dem Altar des Gemeinwohls
     opfert.
    »In einem solchen Fall halte ich mich gegenwärtig für mehr als unterbeschäftigt«, entgegne ich

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