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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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anwesend, aber er
     tat niemals den Mund auf und schien mit gleichbleibender Ehrerbietung den sich oft einander widersprechenden Gedankengängen
     zuzuhören, die die Beraterinnen und die Präsidentin in seiner Gegenwart äußerten.
    Aber er wich nicht von Elizabeth Hopes Seite und bildete einen amüsanten Kontrast zu ihr. Denn Archie trug mit Leichtigkeit
     seine strahlenden dreißig Jahre und Elizabeth ihre schweren, faltigen fünfzig. Er war so groß, schlank und rassig, wie sie
     klein und rundlich war. Und während ihr die Kleider vom Rücken und vom Bäuchlein herabhingen und immer aussahen, als wären
     sie mit der heißen Nadel genäht und nachlässig übergestreift, war Archie von Kopf bis Fuß aufs exquisiteste gekleidet.
    Drei Monate lang hatten Anita und die anderen Beraterinnen Archie nur in seiner ganzen Grazie neben Elizabeth Hope sitzen |348| und mit vollendeter Würde schweigen sehen, während die Frauen sprachen; sobald aber zwischen den Präsidentinnenlippen eine
     Zigarette auftauchte, sprang er mit einem brennenden Feuerzeug von seinem Sessel auf. In dieser ganzen Zeit hatte man von
     ihm nur einen einzigen Satz gehört, und auch diesen sprach er leise, gleichsam
a parte
: »Sie rauchen zuviel, Präsidentin.« Man beachte, daß der »Mister«, den man einst dem Titel »Präsident« vorausstellte, als
     ungeeignet und die »Mistress« als sexistisch weggelassen wurde.
    Elizabeth Hope hatte eine so pragmatische Einstellung, daß man sich im Weißen Haus fragte, warum sie an ihrer Seite einen
     Berater duldete, dessen Funktionen vor allem ästhetischer Natur waren. Das Geheimnis wurde gelüftet, als das neue Frauengesetz
     in Kraft trat und Präsidentin Hope Archie zum Gefährten nahm. Ein Beweis, daß ihr durchdringendes Auge seine wahren Vorzüge
     erkannt hatte.
    Einige dieser Vorzüge traten im übrigen recht bald zutage. Archie hatte einen angeborenen Sinn für das Protokoll, das in Washington
     weiterhin sehr wichtig blieb. Mit geringer Mühe durchdrang und beherrschte er alle Geheimnisse der Etikette, und sein natürlicher
     Takt besorgte das übrige: er erinnerte sich stets an die Namen der Leute, er verstand es zuzuhören und hatte die Begabung,
     mit Charme Gedanken zu äußern, mit denen er niemandem zu nahe trat. So wurde er für Elizabeth Hope zum Trumpf-As, als sie
     die Empfänge des Weißen Hauses wiederaufnahm.
    Diese waren unter Bedford zur widerlichen Farce degradiert worden. Da die Männer davon ausgeschlossen blieben, kompensierten
     die alleinstehenden Frauen die Abwesenheit der verachteten Männer durch eine aufgesetzte Supermännlichkeit, die sie das gute
     Benehmen völlig vergessen ließen. Sie machten es sich zur Gewohnheit, während der vom Weißen Haus gegebenen Essen übermäßg
     zu trinken, sich auf den Sesseln herumzulümmeln und dreckige Witze zu reißen. Nach Aussagen von Augenzeugen, unter ihnen ein
     A, der als Oberkellner angestellt worden war, weil er im Maxim’s gearbeitet hatte, sollen manche Frauen aus einer Art Protest
     gegen die männliche Heuchelei
bei Tisch gerülpst und gefurzt
haben.
    Es versteht sich von selbst, daß sich niemand vor dem Mann der Präsidentin Hope solche Entgleisungen erlaubt hätte. Archie |349| verließ nie den Bereich seiner eigentlichen Stärke, aber innerhalb seines Bereichs war er konsequent.
    Er zögerte nicht, eine Staatssekretärin, die sich herausnahm, in Jeans und Rollkragenpullover im Weißen Haus zu erscheinen
     – glorreiche Erinnerungen an die Zeiten der Illegalität –, höflich, aber bestimmt darauf hinzuweisen, daß diese Kleidung nach
     dem wiederhergestellten Frieden fehl am Platze sei. Einen Monat später gebrauchte die mondäne Sekretärin des Präsidentenbüros
     in seiner Gegenwart ein Schimpfwort und wurde auf seine Veranlassung hin von der Präsidentin unverzüglich entlassen; zur allgemeinen
     Zufriedenheit wählte er die Nachfolgerin mit einem nicht zu überbietenden Fingerspitzengefühl aus. Ein solcher Sinn für Anstand,
     der mit derartig gutem Aussehen und mit einer Eleganz gekoppelt war, die Archie den Ruf des »bestgekleideten Mannes der Welt«
     einbrachte, hatte viel zu seiner Popularität beigetragen. Immer häufiger tauchte sein Foto mit liebenswürdigen Kommentaren
     in den Illustrierten auf, und sechs Monate nach seiner Hochzeit nannte man ihn schon den
first gentleman.
    Ich vermutete hinter dieser Bezeichnung zuerst so etwas wie Spott, denn die Bezugnahme auf die einstigen
first ladies
lag

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