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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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deinem Schöpfer, daß er dich in einem Staate geboren werden ließ und unter der Regierung eines Fürsten, dessen Klugheit seine Minister erleuchtet und dessen Tapferkeit jeder Soldat bewundert, ihn, der gefürchtet ist von seinen Feinden und geliebt von seinen Völkern und an dem man weiter nichts aussetzen kann, außer daß er vielleicht Leute deines Schlages mit zu vieler Nachsicht behandeln läßt.«
    Da die Gelehrten sich genugsam über die Kleinode ausgesprochen hatten, bemächtigten sich ihrer die Brahminen. Die Religion zog ihre Plauderei vor ihren Richterstuhl, und ihre Diener behaupteten, Brahmas Finger offenbare sich an diesem Werk.
    Zu dem Ende ward eine allgemeine Kirchenversammlung ausgeschrieben. Diese beschloß, die besten Federn mit dem förmlichen Beweis zu beauftragen, daß dieses Ereignis übernatürlich sei. Bis aber die Arbeit derselben im Druck erscheinen könne, wollte man diese These in Disputationen, im Privatgespräch, im Beichtstuhl und in öffentlichen Predigten behaupten.
    Daß dies Ereignis übernatürlich sei, darüber waren alle einstimmig. Weil man aber in Kongo zwei Grundursachen annahm und sich gewissermaßen zu einer Art der Lehre der Manichäer bekannte, so waren die Stimmen darüber geteilt, welcher von beiden Grundursachen man das Geschwätz der Kleinode zuschreiben müsse.
    Die, welche niemals aus ihrer Klause herausgekommen waren und nichts durchblättert hatten als ihre Bücher, schrieben dies Wunder dem Brahma zu.
    Nur Er, sagten sie, vermag den Lauf der Natur zu unterbrechen. Die Zeit wird lehren, was Er dabei für weise Absichten hat.
    Die Gewissenräte der Damen aber, so man häufiger in den Alkoven traf und öfter in den Schlafgemächern der Frauenzimmer, als in ihren Betzimmern überraschen konnte, fürchteten, irgendein redseliges Kleinod möchte ihre Heuchelei entlarven. Darum schoben sie diese Plaudereien auf Rechnung Cadabras, einer bösartigen Gottheit, der Brahma und seine Diener von jeher befeindete.
    Gegen dieses letztere System ließen sich schreckliche Einwürfe machen, auch beförderte es nicht so geradezu die Sittenverbesserung. Seine Verteidiger selbst waren dagegen nicht blind. Aber es kam darauf an, sich selbst zu decken, und sobald das der Fall ist, gibt es keinen Diener der Religion, der nicht hundertmal die Pagoden und ihre Altäre opferte. Mangogul und Mirzoza gingen regelmäßig zum Gottesdienste Brahmas. Die Zeitung unterließ niemals, dem ganzen Reich Nachricht davon zu geben. An einem hohen Festtage befanden sie sich in der großen Moschee. Der Brahmine, an dem die Reihe war, das Wort des Herrn zu verkündigen, bestieg die Kanzel, erbaute den Sultan und die Favorite mit Phrasen, Komplimenten und Langeweile und verbreitete sich beredsam des längeren über die Art, sich in Gesellschaften auf gottgefällige Weise niederzusetzen. Er belegte seine Meinung mit Sprüchen ohne Zahl, als er, auf einmal von heiligem Eifer ergriffen, folgenden Wortschwall losließ, der um so mehr Eindruck hervorrief, als er gänzlich unerwartet kam.
    »Was vernehm’ ich in jeder Gesellschaft? Ein dunkles Gemurmel, ein unerhörter Laut rührt an mein Ohr. Die Ordnung der Natur ist verkehrt. Bisher hatte Brahmas Gnade der Zunge die Gabe zu reden beigelegt, jetzt hat seine Rache sie andern Werkzeugen mitgeteilt. Und welchen Werkzeugen? Ihr kennt sie, meine andächtigen Zuhörer. Bedurfte es denn noch eines Wunders, um dich aus deiner Dumpfheit zu erwecken, du toll und töricht Volk? Hatten deine Sünden nicht schon Zeugen genug, daß selbst ihre hauptsächlichsten Werkzeuge ihre Stimme noch erheben mußten? Zweifelsohne war das Maß ihrer Sünde voll, da der Zorn des Himmels neue Strafen erdachte. Vergeblich hüllst du dich in Finsternis, vergeblich wählst du stumme Gehilfen deines Frevels. Vernimmst du sie jetzt? sie sagen allenthalben gegen dich aus und offenbaren deine Schande der Welt. O Brahma, der du in Weisheit regierest, o Brahma, dein Urteil ist gerecht! Dein Gesetz verdammt den Diebstahl, den Meineid, die Lüge und den Ehebruch; es untersagt die Bosheit der Verleumdung, die Schleichwege des Ehrgeizes, die Wut des Hasses und die Hinterlist des Betruges. Deine getreuen Diener sind nicht müde geworden, diese Wahrheiten deinen Kindern zu verkündigen und sie mit den Strafen zu bedrohen, die dein gerechter Zorn dem Übertreter vorbehält. Aber umsonst! Die Törichten ergaben sich dem Taumel ihrer Leidenschaft, sie folgten dem Strom, sie verachteten unsern Rat, sie

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