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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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Glücks.
    »Wie reizend schien er mir! Unter der Menge seiner Vorgänger und Nachfolger war mir keiner jemals so zu Dank. Noch da ich von ihm spreche, bebe ich vor Erregung. Aber erlauben Sie mir, Atem zu schöpfen; mich deucht, ich rede ziemlich lange dafür, daß ich zum erstenmal rede.«
    Alonso verlor kein Wort von Fannys Kleinod und war eben so begierig als Mangogul, das Ende des Auftritts zu erfahren. Beide hatten keine Zeit, ungeduldig zu werden, denn das historienerzählende Kleinod fing gleich wieder an:
    »Soviel ich durch Nachdenken verstehen konnte, ging Amisadar einige Tage hernach aufs Land. Man fragte ihn, was er in der Stadt gemacht habe, und er erzählte seinen Auftritt mit meiner Gebieterin. Denn einer ihrer gemeinschaftlichen Bekannten kam an unserem Haus vorbei, fragte zufällig oder absichtlich, ob die gnädige Frau da sei, ließ sich anmelden und trat herein.« – »O, gnädige Frau! Wer sollte Sie in der Stadt vermuten? Wie lang sind Sie schon hier?« – »Seit hundert Jahren, mein Lieber! Es sind schon vierzehn Tage, daß ich aller Gesellschaft entsage.« – »Darf man Ihro Gnaden fragen, warum?« – »Sie ward mir zur Last. Die Weiber leben in der Welt so ausschweifend, daß man es nicht mehr mit ihnen aushalten kann. Man müßte es ihnen entweder gleichtun, oder sich für geziert ausschreien lassen, und, aufrichtig gesagt, beides scheint mir sehr …« – »Aber, gnädige Frau, Sie kommen mir ganz erbaulich vor. Haben etwa die Predigten des Brahminen Brelibibi Sie bekehrt?« – »Nein, es ist nur eine philosophische Anwandlung, ein Andachtsfieber. Das hat mich auf einmal gepackt, und an dem guten Amisadar lag es wahrlich nicht, wenn ich jetzt keine Heilige bin.« – »Haben Ihro Gnaden den kürzlich gesehn?« – »Ja, ein paarmal.« – »Niemand sonst?« – »Keine Seele. Es ist das einzige denkende, redende, handelnde Wesen, das mich in meiner ewigen Einsamkeit besucht hat.« – »Das ist sonderbar.« – »Sonderbar? Warum?« – »Gerade in diesen Tagen hat er auch einen Auftritt mit einer Dame aus Banza gehabt, die einsam war wie Ihro Gnaden, fromm wie Ihro Gnaden, von der Welt abgewandt wie Ihro Gnaden. Das muß ich Ihnen doch erzählen, es wird Sie vielleicht interessieren.« – »Ich zweifle nicht daran,« antwortete Fanny. »Darauf erzählte ihr Amisadars Freund ihr eignes Abenteuer Wort für Wort, wie Sie es von mir gehört haben,« sagte das Kleinod,»und als er so weit war als ich,« fragte er:»Was sagen Ihro Gnaden dazu? Ist Amisadar nicht vom Glück begünstigt?« »Er ist vielleicht ein Aufschneider,« antwortete Fanny. »Glauben Sie, daß ein Frauenzimmer so frech sein könnte, aller Schamgute Nacht zu sagen?« »Bedenken Ihro Gnaden nur,« versetzte Marsufa, »einen Namen hat Amisadar nicht genannt: was könnt’ er also dabei gewinnen, uns etwas vorzureden?« – »Jetzt fällt mir’s ein,« sagte Fanny, »Amisadar hat Geist, es ist ein schöner Mann. Er wird der armen Einsiedlerin wollüstige Empfindungen eingeflößt haben, unter denen sie erlag. Ja, so ist es auch! Wer solche Verführer anhört, der ist verloren, und Amisadar scheint mir einzig in seiner Art.« – »Wieso, gnädige Frau?« unterbrach sie Marsufa. »Sollte Amisadar allein die Kunst der Überredung besitzen? Wollen Sie niemand sonst die Gerechtigkeit widerfahren lassen, ihm ein Plätzchen in Ihrer Achtung zu schenken?« – »Von wem reden Sie, wenn ich fragen darf?« – »Von mir selbst, gnädige Frau, ich finde Sie entzückend und …« – »Ich glaube, Sie spotten meiner. Sehn Sie mich doch recht an, Marsufa. Ich bin weder weiß noch rot geschminkt. Die Schlafhaube steht mir nicht. Man möchte vor mir weglaufen.« – »Ihro Gnaden sind in einem großen Irrtum. Diese halbe Kleidung steht Ihnen wunderbar; sie gibt Ihnen so etwas Rührendes, Zärtliches! …«
    Zu solchen galanten Reden fügte Marsufa noch andere. Unvermerkt mischte auch ich mich in die Unterhaltung, und als Marsufa mit mir fertig war, fing er mit meiner Gebieterin wieder an. »Wirklich? Hat Amisadar Sie bekehren wollen? Der Mensch versteht sich trefflich aufs Bekehren. Könnten Sie mir nicht ein Kapitel aus seiner Sittenlehre wiederholen? Ich möchte wetten, sie ist von der meinigen wenig verschieden.« – »Wir haben gewisse Punkte der Liebe gründlich untersucht. Wir haben den Unterschied zwischen der Zärtlichen und der Verbuhlten genau erörtert. Er ist für die Zärtliche.« – »Sie auch ohne Zweifel?« –

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