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Die Geschwister Oppermann - Wartesaal-Trilogie: [2]

Die Geschwister Oppermann - Wartesaal-Trilogie: [2]

Titel: Die Geschwister Oppermann - Wartesaal-Trilogie: [2] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feucht Wanger
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Komödie«, die sie, wohl durch das Wort Komödie verführt, für Propagandaliteratur der »Gottlosen-Bewegung« hielten. Auto und Schreibmaschine haben sie beschlagnahmt. Auch das Bild Fräulein Rauchs hat daran glauben müssen. Das Bild Immanuel Oppermanns hingegen blieb unversehrt; Frischlin hat es in Sicherheit gebracht. Auch einen Pack Privatkorrespondenz haben sie übersehen. Frischlin hat sie auf Umwegen an Gustavs Adresse geschickt; sie muß nächster Tage da sein. Der Diener Schlüter hat sich als sehr zuverlässig erwiesen. Schon das erstemal haben sie ihn arg verprügelt. Aber er hat trotzdem sofort nach der Plünderung einen Teil der noch vorhandenen Sachen mit Hilfe der Frau seines toten Schwagers gerettet. Das war gut so; denn die Nacht darauf kamen sie wieder und klauten, was noch zu klauen war. Die Dinge, von denen er annahm, daß sie Gustav besonders am Herzen liegen, hat Frischlin bei Fräulein Rauch untergestellt.
    »Hat Ihnen Fräulein Rauch helfen können?« fragte Gustav. »Nicht viel«, erwiderte Frischlin. Sie sei außerordentlich bereitwillig gewesen, aber praktisch sei dabei wenig herausgekommen. Fräulein Rauch habe viel mit ihren eigenen Angelegenheiten zu tun, fügte er hinzu, mit betonter Zurückhaltung. Mit Wärme hingegen erzählte er von Mühlheim, mit dem er sich ausgezeichnet habe verständigen können. Mühlheim bitte um Gustavs Anruf, wenn möglich heute nachmittag zwischen sechs und sieben Uhr im Hotel Bristol.
    Es war gegen sechs Uhr nachmittag, als Gustav in sein Hotel zurückkam. Er müßte jetzt mit Mühlheim telefonieren, aber er will nichts von Geschäften hören, nichts von jenen listigen Umwegen, die freilich im Kampf mit den Völkischendas einzige vernünftige Mittel sind. Immerhin, es geht um sein Haus, das ihm sehr lieb ist. Scheußlich, zu denken, daß sich vielleicht bald in seinen schönen Räumen völkische Landsknechte sielen. Er muß doch wohl mit Mühlheim sprechen. Aber als die Telefonistin des Hotels sich meldete, gab er, im letzten Augenblick, nicht die Nummer Mühlheims an, sondern die Sybils.
    Sehr bald war Sybils Stimme da. Sie war überrascht, ein wenig ängstlich überrascht, wie er mit leicht gereiztem Mißtrauen fand. Es war ja vielleicht unvorsichtig, jemanden in diesen Zeiten aus dem Ausland anzurufen. Allein für Sybil war die Gefahr wohl äußerst gering, und so zurückhaltend hätte sie nicht zu sein brauchen. Er dachte daran, wie trocken und kühl Frischlin von ihr berichtet hatte. Dabei sehnte er sich, sie zu sehen, sehnte sich nach dem Geruch ihres kindlichen Körpers. Sehr herzlich bat er sie, zu kommen, er brauche sie in dieser Zeit. Sie sagte sofort zu. Allein als er sie auf ein Datum festlegen wollte, zögerte sie; sie werde morgen, längstens übermorgen depeschieren. Gustav wußte nicht, daß sie an Friedrich Wilhelm Gutwetter dachte; aber er spürte, daß sie ihm etwas verbarg, und war sehr betrübt.
    Auch Frischlins Bericht, so klar und erschöpfend er war, schien ihm jetzt unbefriedigend. Es war wohl dies, daß die allgemeinen Geschehnisse in Deutschland anfingen, ihn viel brennender zu interessieren als sein Haus und sein Manuskript. Immer hatte er gehofft, Frischlin werde von selber zu erzählen anfangen; aber Frischlin hat es nicht getan, und er hat Scheu gehabt, den klaren, zielbewußten Menschen zu drängen.
    Am Abend endlich, in einem sehr hübschen, kleinen Restaurant, das Gustav entdeckt hatte, erzählte Frischlin von diesen allgemeinen Dingen. Es sei nicht leicht, fing er an, heute in Deutschland authentische Details zu erhalten; die Behörden bemühten sich mit Erfolg, alles zu vernebeln. Sein Bericht müsse deshalb sehr unvollständig bleiben. Aber Gustav fand bald, daß die Namen, Daten, Örtlichkeiten, von denenFrischlin zuverlässig zu berichten wußte, erschreckend viele waren.
    Unter den in Berlin stationierten Landsknechtsabteilungen waren die am meisten berüchtigten die Stürme 17 und 33, die sogenannten Mordstürme. Die Örtlichkeiten, von denen man mit dem größten Grauen sprach, sind die Keller der völkischen Unterkünfte in der Hedemannstraße, in der General-Pape-Straße und verschiedene in Köpenick, in Spandau. An ihnen wird man wohl, meinte Frischlin, und sein Kommentar klang bestürzend inmitten seines sonst sehr nüchternen Berichts, ist erst die Herrschaft der Völkischen zusammengebrochen, Tafeln zum Gedenken an Deutschlands tiefste Schmach anbringen. Das Schauerlichste an dem Vorgehen der Geheimpolizei

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