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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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Phiolen, die leer auf dem Boden lagen. Unter Ächzen und Stöhnen richtete sie sie auf. Die Phiole war für sie fast so groß wie eine Mülltonne. »Das Glas ist ziemlich dick«, erklärte Kendra. »Selbst diese leere Phiole kann ich kaum von der Stelle bewegen.«

    Seth legte den sperrigen Handschuh beiseite und versuchte, die Flasche anzuheben. Er bekam sie kaum vom Boden weg. »Ein Jammer, dass wir keinen Ersatz mitnehmen können«, sagte er. »Wir werden uns beeilen müssen.«
    »Mendigo, vergiss nicht: Halte nach uns Ausschau und geh uns entgegen, wenn wir wieder rauskommen.« Mendigo war jetzt so groß wie eins dieser grässlichen Denkmäler.
    Seth warf sich den Handschuh über die Schulter. »Komm.«
    Kendra blickte auf. Durch die Lücken zwischen den Ästen über ihr sah sie die Sterne herauskommen. Dann folgte sie ihrem Bruder hinab in das gähnende Loch.

KAPITEL 16
Wichteltüren
    D ie Erde am Eingang des Wichtellochs war krümelig und lose, wurde aber immer glatter und fester, je tiefer sie in den leicht abfallenden Tunnel hineingingen. In der Nähe des Eingangs mussten Kendra und Seth sich an einigen Stellen ducken, aber es dauerte nicht lange, da vergrößerte sich der Tunnel im Durchmesser, so dass sie bequem aufrecht gehen konnten. Anfangs lugten hie und da noch Wurzeln durch Wände und Decke, aber je tiefer sie kamen, desto seltener wurden die Wurzeln. Der Tunnel verlief jetzt waagrecht, und die Erde fühlte sich kühl an unter ihren nackten Füßen.
    »Ich kann nichts sehen«, sagte Seth.
    »Deine Augen werden sich bald an die Dunkelheit gewöhnt haben«, erwiderte Kendra. »Es ist etwas schummrig, aber es ist nicht stockfinster.«
    Seth drehte sich um. »Wenn ich hinter mich schaue, kann ich einen kleinen Lichtschimmer sehen, einen ganz kleinen, aber wenn ich nach vorn schaue, ist alles pechschwarz.«
    »Dann bist du anscheinend am Erblinden. Ich kann jedenfalls weit in den Tunnel hineinschauen.«
    »Dann geh du voran.«
    Kendra führte sie tiefer in den Tunnel hinein. Sie war sich nicht sicher, wovon Seth redete. Nun gut, es war düster, aber es kam genug Licht durch den Eingang herein, um sogar die Beschaffenheit der verschiedenen Steine zu erkennen, die aus den Tunnelwänden herausragten.

    »Kannst du immer noch was sehen?«, fragte Seth.
    »Haben deine Augen sich noch nicht angepasst?«
    »Kendra, es ist total schwarz hier unten. Kein bisschen Licht. Ich kann dich nicht sehen, ich kann nicht mal meine eigene Hand sehen. Und wenn ich mich umdrehe, sehe ich auch keinen Lichtschimmer mehr.«
    Kendra schaute über ihre Schulter. »Du siehst nichts?«
    »Mit meinen Augen ist alles in Ordnung, Kendra«, erwiderte Seth. »In dem Hain konnte ich recht gut sehen, und dort war nicht viel Licht. Wenn du jetzt immer noch etwas sehen kannst, dann hast du eben Nachtaugen.«
    Kendra dachte an die bewölkte Nacht am See, als sie vermutet hatte, dass Licht durch die Wolken drang. Sie erinnerte sich daran, wie sie im Kerker in Zellen geblickt hatte, von denen Seth behauptete, sie wären vollkommen schwarz. Und jetzt stand sie hier, tief unter der Erde, draußen wurde es immer dunkler, und trotzdem konnte sie noch etwas sehen, ganz gleich, wie weit sie sich vom Eingang entfernten.
    »Ich glaube, du hast Recht«, erklärte Kendra. »Ich kann immer noch ziemlich gut sehen. Das Licht hat seit einiger Zeit nicht mehr abgenommen.«
    »Ich wünschte, diese Feen hätten mich auch ein wenig geküsst«, erwiderte Seth.
    »Sei lieber froh, dass einer von uns sehen kann. Komm weiter.«
    Der Tunnel machte noch ein paar Biegungen, dann blieb Kendra plötzlich stehen. »Ich sehe eine Tür.«
    »Versperrt sie den Weg?«
    »Ja.«
    »Nun, lass uns anklopfen.«
    Kendra machte einen Schritt vorwärts.
    »Einen Moment«, rief Seth. »Mein Taschentuch ist runtergefallen. Nicht hingucken. Da ist es. Okay, geh voran.«

    Sie standen vor einer runden Wand, und in der Wand befand sich eine ovale Tür. Kendra versuchte, den Knauf zu drehen. Die Tür war verschlossen. Also klopfte sie an.
    Prompt ging die Tür auf, und Kendra erblickte einen dünnen Mann, der etwa so groß war wie sie selbst. Er hatte eine lange Nase, blattähnliche Ohren und glatte Haut wie ein Baby. Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Nur für Wichtel«, erklärte er und schloss die Tür wieder.
    »Was ist passiert?«, fragte Seth. »Konntest du ihn verstehen?«
    »Nur für Wichtel«, dolmetschte Kendra. »Ein kleiner Bursche hat die Tür geöffnet, diesen Spruch

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