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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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tiefen Falte zwischen den Brauen. »Was jetzt?«, fragte er.
    »Glaubst du, unsere Kleider werden ebenfalls schrumpfen?« , überlegte sie laut.
    Seth dachte nach. »Ich hoffe es.«
    »Was ist, wenn sie es nicht tun?«
    »Tanu sagte, wenn er den Trank zu sich nimmt, ist er anschließend ungefähr fünfundzwanzig Zentimeter groß. Dann wären wir  – was  – zwanzig Zentimeter groß? Was könnten wir da anziehen?«
    »Manche von den Flaschen waren doch in Taschentücher gewickelt, oder?«, fragte Kendra.
    Seth durchwühlte die Tasche und zog zwei Seidentaschentücher heraus. »Die da sollten genügen.«
    »Hoffentlich hat Tanu bei diesem Trank auch an Kleider gedacht«, meinte Kendra.
    »Sollen wir testweise auch unserer Kleider besprenkeln?«, schlug Seth vor. »Wir haben noch vier weitere Schrumpftränke.«
    »Könnte nicht schaden«, erwiderte Kendra.
    Seth holte eine weitere Phiole mit Schrumpftrank heraus. »Gleichzeitig?«, fragte er.
    »Trink du deinen zuerst«, sagte Kendra.
    Seth öffnete die Phiole und leerte sie in einem Zug. »Kribbelt«, erklärte er. Seine Augen weiteten sich. »Und wie das kribbelt!«
    Seine Kleider saßen plötzlich sehr locker. Er schaute Kendra an und musste seinen Kopf ziemlich weit in den Nacken legen, um ihr in die Augen sehen zu können. Er setzte sich auf den Boden. Seine Füße glitten aus den viel zu großen Schuhen, und seine Beine wurden immer kürzer. Sein Kopf
versank in seinem Hemdkragen. Der Schrumpfvorgang beschleunigte sich immer mehr, und er schien zu verschwinden.
    »Seth?«, fragte Kendra.
    »Ich bin hier drin«, antwortete eine piepsige Stimme. »Könntest du mir ein Taschentuch geben?«
    Kendra legte ein Taschentuch in das Hemd. Einen Moment später tauchte Seth auf, das Stück Seide wie ein Handtuch um seine Hüfte geschlungen. Er blickte auf. »Jetzt bist du wirklich meine große Schwester«, rief er. »Besprenkle meine Sachen.«
    Kendra zog den Stöpsel aus einer anderen Phiole und tröpfelte den Inhalt über Seths Kleider. Sie warteten ab, aber nichts geschah. »Sieht so aus, als müssten wir mit Taschentüchern bekleidet auf unsere Mission gehen«, seufzte Kendra.
    »Sie sind schön seidig«, rief Seth.
    »Du bist ein Spinner«, entgegnete Kendra. Dann drehte sie sich zu Mendigo um. »Mendigo, sammle unsere Kleider und unsere Sachen ein und halte Ausschau, wann wir aus dem Haus kommen. Wenn es so weit ist, musst du dich beeilen und uns entgegenlaufen.«
    Mendigo begann an ihrer Bluse zu ziehen. »Mendigo, warte mit dem Einsammeln meiner Kleider, bis ich geschrumpft bin, und lass uns die Taschentücher.«
    Mendigo hob Tanus Beutel und Seths Kleider auf. »He«, rief Seth. »Lass mich ausprobieren, ob ich den Handschuh tragen kann.«
    Kendra nahm den Handschuh aus der Tasche von Seths Hose und wies Mendigo an, ihnen den Handschuh zu überlassen. Dann reichte sie ihn Seth. Er hängte ihn sich über die Schulter und begann zu gehen. Es sah unbeholfen aus. »Ist er zu groß?«, fragte Kendra.

    »Ich schaff das schon«, antwortete Seth. »Wenn wir wieder normal groß sind, werden wir froh sein, dass wir ihn haben. Und da wir gerade davon sprechen, nimm deinen Trank und lass uns losgehen. Ich möchte nicht in einem Wichtelgang zerquetscht werden, wenn die Wirkung nachlässt.«
    Kendra öffnete eine dritte Phiole und leerte sie. Seth hatte Recht, es kribbelte wirklich. Es fühlte sich an, als wären ihr sämtliche Gliedmaßen eingeschlafen und als käme jetzt mit überaus unbehaglicher Macht das Gefühl zurück. Während sie schrumpfte, verstärkte sich das Kribbeln sogar noch. Wann immer ihr ein Bein einschlief, versuchte Seth, sie in das kribbelnde Fleisch zu pieksen. Damit trieb er sie regelmäßig in den Wahnsinn. Aber das hier war viel schlimmer: ein brennendes Kribbeln, das von den Fingerspitzen und Zehen ausgehend durch ihren ganzen Körper flutete.
    Und noch bevor Kendra begriff, wie ihr geschah, hüllte ihre Bluse sie ein wie ein eingestürztes Zelt. Durch einen der Ärmel kroch sie ins Freie. »Mach die Augen zu, Seth«, rief sie und bemerkte, wie hoch und quiekig ihre Stimme klang.
    »Sie sind zu«, entgegnete er. »Ich will schließlich keine Albträume kriegen.«
    Kendra nahm das andere Taschentuch und verwandelte es in eine provisorische Toga. »Okay, du kannst sie wieder aufmachen.«
    »Weißt du«, sagte Seth, »wenn wir wieder groß werden, während wir noch im Kerker sind, sitzen wir dort unten in der Falle.«
    Kendra ging zu einer der

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