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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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ohnehin ruiniert. Sie rannte aus dem Raum. Hinter sich hörte sie, wie Tanu zu Seth sagte, er solle sie gehen lassen. Wo konnte sie sich nur verstecken? Das Schlafzimmer! Sie rannte zur Treppe hinüber und lief hinauf, immer zwei Stufen auf einmal. Und plötzlich wurde ihr klar, wie lächerlich es aussah, wenn sie einfach davonrannte. Kendra blieb stehen und legte eine Hand auf das Geländer. Mit einem Mal wirkte die ganze Situation gar nicht mehr so tragisch.
    Hatte Seth Tanu wirklich auf den Pickel aufmerksam gemacht? Selbst wenn er es getan hatte, was war schon dabei? Fast jeder Teenager hatte von Zeit zu Zeit Pickel. Jetzt, da sie darüber nachdachte … War es überhaupt wahrscheinlich, dass Seth etwas von dem Pickel gesagt hatte? Nein!
Sie allein hatte sich das eingeredet, und das aufgrund einer sehr dürftigen Beweislage. Es war der Trank! Ihre Gedanken waren genauso absurd gewesen wie Seths Vermutung, er wäre vergiftet worden! Obwohl sie versucht hatte, sich darauf vorzubereiten, hatte ihr Gefühl sie blind gemacht. Jetzt erschien ihr das alles lächerlich offenkundig.
    Kendra kehrte ins Wohnzimmer zurück und wischte sich die Tränen ab. Sie hatte eine Menge geweint. Ihre Ärmel waren feucht, und ihre Nase war verstopft. »Das war unglaublich«, sagte sie.
    »Was glaubst du, welches Gefühl es war?«, fragte Seth.
    »Verlegenheit?«, riet Kendra.
    »Nah dran«, sagte Tanu. »Es war Scham. Eine Kreuzung aus Verlegenheit und Kummer.«
    »Ich dachte«, begann Kendra und zögerte einen Moment, ob sie ihre lächerliche Vermutung tatsächlich preisgeben sollte, »ich dachte, Seth hätte auf den Pickel auf meinem Kinn gezeigt. Und es kam mir plötzlich so vor, als hätte er das schlimmste Geheimnis aller Zeiten verraten. Ich dachte, ihr beide würdet euch über mich lustig machen. Nicht dass ich es schön finde, Pickel zu kriegen, aber ich hatte plötzlich jedes Maß verloren.«
    »Noch einmal, dein Verstand hat sich an irgendeine Erklärung geklammert, um das Gefühl zu begreifen«, sagte Tanu. »Merkst du jetzt, welche Macht Gefühle haben, und wie sie deine Wahrnehmung verzerren können? Da kann man sich schon manchmal fragen, ob man wirklich einen schlimmen Tag erlebt hat, oder ob man ihn erst zu einem schlimmen Tag gemacht hat.«
    »Ich dachte, wenn ich mich genug konzentrierte, kann ich das Gefühl unter Kontrolle halten«, erwiderte Kendra.
    »Das ist kein schlechter Ansatz«, meinte Tanu. »Wir können beträchtliche Kontrolle über unsere Gefühle ausüben.
Aber manchmal gehen sie mit uns durch. Diese abgefüllten Gefühle treffen einen mit immenser Wucht. Man würde einen erschreckend starken Willen brauchen, um ihnen zu widerstehen. Wenn die Dosis groß genug ist, glaube ich nicht, dass irgendjemand dazu imstande wäre.«
    »Wozu benutzen Sie sie?«, wollte Seth wissen.
    »Das kommt drauf an«, antwortete Tanu. »Manchmal brauchen Menschen eine kleine Dosis Mut. Dann wieder möchte man jemanden aufheitern. Und ab und zu kann man mit ein wenig Furcht eine unerwünschte Konfrontation vermeiden, oder man benutzt eine Mischung aus verschiedenen Gefühlen, um an Informationen heranzukommen. Solche Tränke heben wir uns für die Bösen auf.«
    »Kann ich mal Mut probieren?«, bat Seth.
    »Davon hast du bereits jede Menge«, sagte Tanu. »Man sollte diese Gefühle nicht überstrapazieren. Ihre Macht schwindet, wenn sie überspannt werden, außerdem kann man seine natürlichen Gefühle damit aus dem Gleichgewicht bringen. Künstliche Gefühle sind nur in gewissen Situationen von Nutzen. Sie müssen von einem Experten kombiniert werden. Wenn du unverdünnten Mut trinkst, kannst du verwegen und töricht werden. Um ein gutes Ergebnis zu erhalten, muss man den Mut mit ein wenig Furcht im Zaum halten, ein wenig Gelassenheit mit hineinbringen.«
    »Klingt vernünftig«, meinte Kendra.
    »Ich verstehe eben was von meinem Gewerbe«, erwiderte Tanu, dann packte er die Fläschchen und Krüge wieder in seinen Beutel. »Ich hoffe, dieses Erlebnis hat euch nicht allzu sehr erschüttert. Eine gelegentliche Dosis Furcht oder Kummer kann sehr reinigend sein. Das Gleiche gilt für einen ordentlichen Tränenausbruch.«
    »Wenn Sie es sagen«, meinte Kendra. »Ich werde beim nächsten Mal wahrscheinlich verzichten.«

    »Ich würde nochmal Furcht ausprobieren«, sagte Seth. »Es war ein bisschen wie Achterbahn fahren. So beängstigend, dass es gar keinen richtigen Spaß macht, bis die Fahrt vorbei ist.«
    Tanu verschränkte die

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