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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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einem Nebelriesen, dann von deinem Großvater. Das Narkotikum wird seine Sinne betäuben. Und der Nebelriese wird ihm einen schnellen Tod bescheren.«
    Seth runzelte die Stirn und schaute durch das Glas. Was vorhin noch wie ein Spaß geklungen hatte, war jetzt, da er den Büffel als ein lebendiges Wesen begriffen hatte, nicht mehr sehr reizvoll. »Ich esse ständig Hamburger«, sagte er schließlich.
    »Das ist in etwa dasselbe«, stimmte Coulter ihm zu. »Nur weniger dramatisch.«
    »Was ist mit den Regeln des Vertrags?«, fragte Seth. »Werden Sie keine Probleme bekommen, weil Sie den Büffel töten?«
    »Nicht ich werde ihn töten; das wird der Riese tun«, erklärte Coulter. »Außerdem gelten für Tiere andere Regeln. Der Vertrag war dazu bestimmt, vernunftbegabte Wesen davon abzuhalten, Morde zu begehen und einander mit Zaubern zu belegen. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf Tiere von minderer Intelligenz. Wenn es hart auf hart kommt, dürfen wir Tiere schlachten, um sie zu essen, ohne Vergeltungsmaßnahmen befürchten zu müssen.«
    Ein weiteres Brüllen ertönte, viel näher jetzt und noch durchdringender. Ein riesenhafter Schatten ragte hinter dem Büffel auf. »Da kommt er«, hauchte Coulter.
    Seths Mund wurde trocken. Als der Nebelriese erschien, lief Seth unwillkürlich an die gegenüberliegende Seite der kleinen Kuppel. Burlox war gewaltig. Seth hätte ihm gerade mal bis zu den Knien gereicht. Hugo reichte nicht einmal bis zu seiner Hüfte. Der Büffel nahm sich plötzlich wie ein Kuscheltier aus.

    Der Nebelriese hatte die Proportionen eines untersetzten Mannes. Er trug zerlumpte, verfilzte Felle, und sein Körper war mit öligem Dreck beschmiert. Unter dem Schmutz wies seine Haut einen kränklichen Blaugrauton auf. Sein langes Haar und sein Bart waren schleimig und verheddert. In einer Hand hielt er eine primitive, schwere Keule. Irgendwie sah er aus wie ein grimmiger, des Kämpfens müder Wikinger, der sich im Sumpf verirrt hatte.
    Der Riese blieb neben dem Büffel stehen. Dann drehte er sich um und schaute zur Kuppel hinüber. Er nickte kurz und grinste lüstern. Seth hatte das Gefühl, dass der Riese ihre Kuppel mit nur einem einzigen Schlag seiner riesigen Keule zertrümmern konnte. Aber Burlox warf die Keule beiseite, stürzte sich auf den Büffel, riss ihm das Zaumzeug ab und hob das verwirrte Tier in die Luft.
    Seth musste wegsehen. Es war einfach zu viel für ihn. Er hörte noch den Lärm berstender Knochen und zerreißender Haut, dann hielt er sich die Ohren zu. Ein Teil von ihm wollte zusehen, aber stattdessen hielt er seinen Kopf gesenkt und die Ohren verschlossen.
    »Du verpasst das Ganze«, sagte Coulter schließlich und kniete sich neben ihn.
    Seth spähte zwischen seinen Fingern hindurch. Der Büffel sah nicht mehr aus wie ein Büffel. Große Teile des Fells waren abgerissen, und Knochen ragten aus dem Fleisch. Seth versuchte, sich einzureden, dass das Bein, das Burlox verschlang, eine riesiges Stück Spareribs war und der fressende Riese sich lediglich mit Barbecue-Soße bekleckert hatte.
    »Das ist etwas, das man nicht jeden Tag zu sehen bekommt«, bemerkte Coulter.
    »Stimmt«, räumte Seth ein.
    »Sieh ihn dir an, wie er reinhaut — er kann den Büffel gar nicht schnell genug fressen. Er bekommt selten Fleisch von
dieser Qualität. Eigentlich sollte er langsamer machen und es genießen. Aber die Bestie kann nicht anders.«
    »Es ist ziemlich ekelhaft.«
    »Es ist nur ein Tier, das das Fleisch eines anderen verzehrt«, erwiderte Coulter. »Obwohl ich zugeben muss, dass ich am Anfang selbst weggesehen habe.«
    »Es war schlimmer, als ich dachte.«
    »Sieh nur, wie er ihm jetzt das Mark aussaugt. Damit ihm auch ja nichts entgeht.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, so etwas roh zu essen«, sagte Seth.
    »Er kann sich nicht vorstellen, es zu kochen«, entgegnete Coulter.
    Sie sahen zu, wie der Riese die Knochen abnagte und trockenlutschte. »Da kommt er«, sagte Coulter und rieb sich die Hände. »Man sollte meinen, er wäre zufrieden, aber ganz gleich, wie viel frisches Fleisch man ihnen gibt, es facht lediglich ihren Appetit an.« Der Nebelriese begann im Boden herumzuwühlen und schlabberte auf, was er im Schlamm finden konnte. Schon bald war sein Gesicht mit einer Schicht von Matsch überzogen, Pflanzenreste baumelten von seinen Lippen herab. Er hämmerte mit seinen mächtigen Fäusten auf den durchweichten Rasen ein und warf Knochenstücke in den Nebel. Dann legte er den Kopf

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