Die Gesellschaft des Abendsterns
Coulters Anweisungen befolgte, würde alles gut werden, nicht wahr?
Coulter wirkte allerdings fast ein bisschen zu erpicht darauf, den Auftrag des Sphinx zu erfüllen. Wahrscheinlich brachte er sie in eine Situation, die gefährlicher war, als ihm lieb sein konnte, weil der Einsatz so hoch war. Und er hatte Recht. Der Einsatz war wirklich sehr hoch. Fabelheim stand einmal mehr kurz vor seiner Zerstörung. Und Seth wusste, dass das größtenteils seine Schuld war. Beim letzten Mal hatte Kendra die Lage gerettet. Jetzt war er an der Reihe.
Seth stahl sich die Treppe hinunter.
»Fertig?«, fragte Coulter.
»Ich schätze, ja.«
»Lass uns dir etwas Milch beschaffen.«
KAPITEL 12
Gefahr in der Nacht
T ote Äste knackten und prasselten wie Feuerwerkskörper, während Hugo durch den dunklen Wald polterte. Nicht der kleinste Funken Sternenlicht erhellte die Dunkelheit unter den Bäumen, aber Hugo lief unermüdlich weiter. Er hielt Coulter unter einen Arm geklemmt und Seth unter den anderen, als wäre er mit zwei Fußbällen eilig unterwegs zu einem Match.
Sie kamen für einen Moment unter dem Blätterdach hervor und eilten über eine überdachte Brücke, die eine tiefe Schlucht überspannte. Seth erkannte in ihr dieselbe Brücke, die er auf dem Weg zu Neros Höhle gemeinsam mit Oma und Kendra überquert hatte, um mit dem Troll zu feilschen. Nicht weit hinter der Brücke verließ Hugo den Pfad aber sofort wieder und trampelte weiter lärmend und schaukelnd durch den weglosen Wald. Nur vereinzelt drang auf einer Lichtung der Schein der Sterne durch die Schwärze der Nacht.
Seth war nach wie vor angespannt und wartete darauf, dass Ollock auftauchte. Jeden Augenblick rechnete er damit, dass ein überdimensionaler Vielfraß Hugo angriff und die Nacht mit seinem grimmigen Brüllen zerriss. Stattdessen eilte Hugo unermüdlich weiter und wich geschickt allen Hindernissen aus.
Als Hugo den Gipfel einer steilen Anhöhe erreichte, stürmte er ohne zu zögern auf der anderen Seite wieder hinunter. Seth hatte das Gefühl, als müsste er jeden Moment
stolpern, aber der Golem strauchelte nicht ein einziges Mal. Sie erreichten einen toten, an einer Klippe lehnenden Baum, und Hugo rannte wie über eine Rampe das verrottende Holz hinauf, ohne die Hände zu benutzen. Seths Magen schlingerte, er war todsicher, dass sie gleich hinabstürzen würden. Der Baumstamm unter ihnen knarrte, aber der Golem lief unbeirrt weiter.
Endlich erreichten sie ein großes, offenes Tal, das zwischen vier sanft abgerundeten Hügeln lag. Nach der vollkommenen Dunkelheit des Waldes erwies sich das Sternenlicht als ausreichend, um das umliegende Terrain zu beleuchten. Hohe Büsche bedeckten den Boden, durchzogen von dornigem Unkraut. Am anderen Ende des Tales, zwischen den beiden größten Hügeln, ragte eine dunkle Baumgruppe auf.
Hugo rannte weiter durch das Tal und blieb am Rand des schattigen Hains abrupt stehen. »Noch ein paar Schritte weiter, Hugo«, sagte Coulter.
Der Golem beugte sich zitternd vor. Er wiegte sich ein Stück zurück, und das Zittern hörte wieder auf. Langsam hob er ein Bein. Als er jedoch versuchte, es vorwärts zu bewegen, begann das Zittern wieder.
»Genug, Hugo«, murmelte Coulter. »Stell uns hin.«
»Was ist los mit Hugo?«, fragte Seth.
»Genauso, wie die meisten magischen Kreaturen den Hof vor dem Haus nicht betreten können, kann Hugo diesen Hain nicht betreten. Hier befindet sich eine unsichtbare Grenze. Der Boden ist verflucht. Glücklicherweise können wir als Sterbliche hingehen, wo immer wir wollen.«
Seth zog die Augenbrauen hoch. »Wir müssen ohne Hugo in den Kampf gegen das Phantom ziehen?«, fragte er.
»Ich hatte etwas Derartiges erwartet«, antwortete Coulter. »Obwohl es mir lieber gewesen wäre, wenn ich mich geirrt hätte.«
»Sind Sie sich sicher, dass wir irgendwo hingehen wollen, wohin Hugo nicht gehen kann?«
»Das hier hat nichts damit zu tun, was wir wollen. Dies ist eine Frage der Pflichterfüllung. Ich will nicht dort hineingehen, aber ich muss.«
Seth starrte zu den dunklen Bäumen hinüber. Die Nacht wirkte plötzlich kühler. Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Woher wissen Sie, dass dort drin ein Phantom ist?«
»Ich habe einige private Exkursionen unternommen, um das Gelände auszukundschaften. Ich habe mich weit genug in den Hain hineingewagt, um die Zeichen zu deuten. Er ist eindeutig das Heim eines Phantoms.«
»Und wie hält man ein Phantom auf?«
Coulter nahm einen
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