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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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kurzen, krummen Stock von seinem Gürtel. »Du hältst diesen Zauberstab aus Stechpalmenholz hoch. Was auch geschieht, halte ihn über deinen Kopf. Wechsele die Hände, wenn es sein muss. Um den Rest werde ich mich kümmern.«
    »Das ist alles?«
    »Der Stechpalmenzweig wird uns schützen, während ich das Phantom binde. Keine geringe Aufgabe, aber ich habe es schon einmal getan. Das Phantom könnte versuchen, dich zu erschrecken oder dich einzuschüchtern, aber solange du nur den Zauberstab hoch erhoben hältst, kann uns beiden nichts passieren. Mehr denn je, ganz gleich, was du siehst oder hörst, musst du jetzt tapfer sein.«
    »Das werde ich«, sagte Seth entschlossen. »Was ist, wenn Ollock auftaucht?«
    »Golems sind fabelhafte Wächter«, antwortete Coulter. »Hugo, halt Ollock den Vielfraß von dem Hain fern.«
    »Soll ich mein Medaillon tragen?«
    »Das, das die Untoten fernhält? Unbedingt.«
    Seth angelte das Medaillon aus seiner Notfallausrüstung
und hängte es sich um den Hals. Coulter knipste eine beeindruckend große Taschenlampe an. Seth musste vor dem grellen Lichtschein die Augen zusammenkneifen. Er blinzelte. Der helle Strahl durchschnitt die Dunkelheit und erhellte die Düsternis zwischen den Bäumen, so dass sie jetzt viel tiefer in den unheilverkündenden Wald hineinschauen konnten. Statt vager, schattenhafter Baumstämme konnten sie jetzt sogar die Farbe und Beschaffenheit der Rinde erkennen. Es wuchs praktisch kein Unterholz dort, nur Reihe um Reihe grauer Säulen, die einen belaubten Baldachin trugen.
    »Nimm all deinen Mut zusammen«, sagte Coulter.
    »Ich bin bereit«, erwiderte Seth und hielt den Stechpalmenzauberstab hoch.
    »Hugo, wenn wir fallen, kehr zum Haus zurück«, befahl Coulter.
    »Wenn wir fallen?«
    »Nur eine Vorsichtsmaßnahme. Uns wird nichts passieren.«
    »Sie helfen mir nicht gerade, Mut zu fassen«, klagte Seth und begann Coulter zu imitieren: »Seth, uns wird nichts passieren. Kein Grund zur Sorge. Hugo, wenn wir sterben, sorg bitte dafür, dass wir auf einem schönen Friedhof in der Nähe eines Flusses begraben werden. Tut mir leid, Seth, ich meinte, falls wir sterben. Sei tapfer. Wenn das Phantom dich tötet, schrei nicht, auch wenn es sehr wehtun wird.«
    Coulter grinste. »Bist du fertig?«
    »Scheint so, als wären wir beide gleich fertig.«
    »Jeder geht anders mit Nervosität um. Humor zählt zu den besseren Möglichkeiten. Folge mir.«
    Coulter ging los und überschritt die unsichtbare Grenze, die Hugo nicht überqueren konnte, und Seth folgte ihm dicht auf den Fersen. Die Bäume warfen lange Schatten. Der Strahl der Taschenlampe schwankte hin und her, ebenso die langen Schatten, und es sah aus, als würden die Bäume selbst sich bewegen. Als sie an den ersten Bäumen vorbei waren, drehte Seth sich noch einmal nach Hugo um, der unter dem Sternenlicht wartete. Aber seine Augen hatten sich bereits dem grellen Schein der Taschenlampe angepasst, und er konnte die Gestalt des Golems in der Dunkelheit kaum erkennen.

    »Kannst du den Unterschied spüren?«, flüsterte Coulter.
    »Ich habe Angst, wenn es das ist, was Sie meinen«, antwortete Seth leise.
    Coulter blieb stehen. »Mehr als das. Selbst wenn du nicht wüsstest, dass du Angst haben solltest, hättest du welche. Es liegt ein unverkennbares Gefühl von drohendem Unheil in der Luft.«
    Seth hatte eine Gänsehaut an den Armen. »Sie jagen mir wieder ganz schöne Panik ein«, stammelte er.
    »Ich will nur, dass du dir dessen bewusst bist«, flüsterte Coulter. »Es könnte bald schlimmer werden. Halt den Zauberstab hoch.«
    Seth war sich nicht sicher, ob es nur die Macht der Suggestion war, aber als sie weitergingen, schien die Luft mit jedem Schritt kälter zu werden, während das Gefühl in seinem Innern immer bedrohlicher wurde. Seth betrachtete mit grimmiger Miene die Bäume und wappnete sich gegen das Erscheinen des schrecklichen Phantoms.
    Coulter verlangsamte sein Tempo und blieb schließlich ganz stehen. Die feinen Härchen in Seths Nacken stellten sich auf. Coulter drehte sich langsam um, die Augen groß und schimmernd. »Uh-oh«, formte er mit den Lippen.
    Die Furcht traf Seth wie ein körperlicher Schlag und machte ihm die Knie weich. Er sank zu Boden und ließ seine Notfallausrüstung fallen, hielt die Hand mit dem Zauberstab jedoch hoch erhoben. Sofort fühlte Seth sich an den Moment
erinnert, als er von Tanus Angsttrank gekostet hatte. Das Grauen war eine irrationale, überwältigende Macht, die

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