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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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seinem ehemaligen Kollegen auf die Schulter, was für Krallinger wegen der Handschellen eine schmerzhafte Verrenkung bedeutete. Die gute Laune des Kripobeamten schien ungebrochen. »Sie haben mich zum Hauptkommissar befördert. Und du, was treibst du beim BKA , immer noch auf Terroristenjagd?«
    »Das werde ich dir nicht hier auf der Straße erzählen«, knurrte Krallinger, der versuchte, mit der Linken in die rechte Hosentasche zu langen, vermutlich hatte er dort den Schlüssel.
    »Du wirst doch keine Geheimnisse vor deiner Frau haben, oder, Kurti?« Kyreleis musterte Rosa. Als keiner der beiden ihre Beziehung richtigstellte, zog er Krallinger weiter auf. »Die dritte Generation der RAF , gibt’s die nun wirklich, oder ist das nur ein Gerücht? Ich meine, ich kann es ja öffentlich sagen, hier vorm Ministerium, wo überall Kameras installiert sind. Deutschland hält seine Verbrecher in Schach, bald werden wir komplett überwacht, bis in die Schlafzimmer hinein.«
    Rosa ergriff ihre Chance. »Äh, Schatz, ich geh schon mal vor. Lasst euch bei eurem Männerspielen nicht stören. Ich bin gleich zurück.« Sie hastete zum Eingang, schob Julias Chip in den Automaten und hoffte, dass das Krallinger-und-Kommissar-Pärchen ihr nicht nacheilen würde. Behäbig öffneten sich endlich die Glastüren, schlossen sich aber dafür umso schneller. Sie war drin und Krallinger draußen. Hoffentlich sah es an ihrem alten Arbeitsplatz noch genauso aus wie vor sieben Jahren. Türen und Ausgänge konnten sich kaum verändert haben. Und dann wäre es ein Kinderspiel, ihm zu entkommen. Nach Feierabend hatte sie oft genug den schnellsten Weg nach draußen geübt, in völliger Missachtung aller Sicherheitsvorschriften, einfach über die Feuertreppe am Hintereingang.
    Die Kameras in allen Ecken, von denen Kyreleis gesprochen hatte, folgten ihren Bewegungen. Die waren noch nicht da gewesen, als sie hier gearbeitet hatte. Aber wenigstens saß nicht mehr der alte Eisenberger an der Pforte, der hätte sie vielleicht wiedererkannt. Sein Nachfolger starrte mehr auf die Bildschirme als in ihr Gesicht, nickte nur kurz. Der Chip war aus seiner Sicht vermutlich Überwachung genug. Sie zwang sich, langsam zu gehen, geradeaus, dann links. Über der Tür, die noch vor den Herrentoiletten kam, leuchtete das grüne Schild mit dem rennenden Strichmännchen und dem Pfeil nach unten. Sie wandte sich um. Krallinger verhandelte jetzt mit dem Pförtner. Was erzählte er dem? Sagte er, er sei dienstlich hier und da hinten versuche eine ehemalige DDR -Spionin zu fliehen? Oder gab er die Beziehung zu Julia zu, wie sie eben vor diesem Kyreleis? Wo war der überhaupt, hoffentlich wollte er sie nicht am Hinterausgang abfangen. Sie öffnete den Notausgang – kein Kommissar weit und breit – und lief los. Auch wenn die Stiefel ihre Füße wundscheuerten, fühlte sie sich wieder wie Anfang zwanzig. Drückende Schuhe waren schließlich nichts Neues für sie. Sie hastete in die U-Bahn-Station hinunter, schlüpfte durch die sich gerade schließenden Türen einer Bahn und fuhr zum Marienplatz. Auf dem Rathausplatz tummelten sich die Touristen, wie immer zur Oktoberfestzeit, und warteten auf das Glockenspiel zur vollen Stunde. Inzwischen badete Rosa in ihrem Schweiß wie Krallinger. Es war fast kein Durchkommen. Sie drängte Dirndl- und Lederhosenträger beiseite, um zur Deutsche-Bank-Filiale am Anfang der Fußgängerzone zu gelangen. In drei Minuten würde sie schließen. Der Wachmann zückte schon den Schlüssel und versperrte einen Flügel der Tür. Sie nickte ihm zu und hastete in den Keller. Jetzt nur nicht vertippen, dann war bald alles vorbei. Ihre Hände zitterten, ihr war schwindelig und schlecht. Sie stützte sich an der Schließfächerwand ab und atmete kurz durch, konzentrierte sich auf die Nummer. Julia hätte ihr Kennenlerndatum gewusst und Rosas zweites Leben knacken können. Jedenfalls theoretisch, wenn sie an den naheliegenden Passwörtern scheiterte. Rosa tippte die Ziffern ein. Ihr Fach sprang auf. Manchmal nachts, wenn sie wach lag, hatte sie daran gedacht, das Schließfach aufzugeben und alles aufzulösen. Ausgerechnet bei der Deutschen Bank verwahrte sie die Herrhausen-Attentatspläne. Doch am nächsten Tag hatte sie immer wieder alle Zweifel von sich geschoben. Irgendwo mussten die Sachen ja lagern, also war das Fach genauso gut wie jeder andere Ort auf der Welt. Die Kopien und der Mikrofilm im Parfümfläschchen ruhten zusammen mit ihrem restlichen

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