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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amma Darko
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du brauchst einen Arzt.»
    «Ich habe kein Geld.»
    Kabria bemerkte, daß Fofo furchtbare Schmerzen hatte.
    «In der Nähe unseres Büros gibt es eine Klinik», erklärte Kabria. «Ich bin sicher, MUTE übernimmt die Kosten.»
    Fofo warf ihr einen dankbaren Blick zu und drehte den Kopf wieder zur Seite.
    «Hat das was mit deiner Schwester zu tun? Die, die auf dem Markt gefunden wurde?»
    «Meine Schwester? Die hier gestorben ist?»
    Kabria war verblüfft. «Hast du mir nicht gestern gesagt, daß das Mädchen, dessen Leichnam hinter dem Frisörkiosk gefunden wurde, deine Schwester ist?»
    «Ich?»
    «Fofo! Erzählst du manchmal Lügen?»
    «Ja», antwortete Fofo.
    «Also hast du gelogen?»
    «Nein.»
    Kabria war der Verzweiflung nahe. Diesmal konnte sie Creamy nicht einfach die Straße hinunterrollen lassen und sich aus dem Staub machen. Fofo saß mit ihr im Auto. Und sie mußte mit ihr fertig werden.
    «Was meinst du damit, Fofo?» schimpfte sie. «Welches Spiel spielst du hier?»
    «Spiel? Sie meinen meine Träume?»
    Kabria wünschte, Vickie oder eine von den anderen wäre bei ihr. «Was für Träume?» fragte sie vorsichtig.
    Fofo ließ sich Zeit. «Ich träume viel», antwortete sie.
    «Wovon?»
    «Vom Weggehen.»
    «Wohin?»
    Sie erhielt keine Antwort. Fofo blickte Kabria nur an, lächelte breit und stöhnte vor Schmerzen. «In meinem Mund ist Blut», sagte sie schließlich. «Ich möchte es ausspucken.»
    Kabria hielt an der nächstmöglichen Stelle an. Als sie wieder losfuhren, lehnte sich Fofo im Sitz zurück, schloß die Augen und döste ein. An der nächsten Ampel warf Kabria einen verstohlenen Blick auf das schlafende Gesicht. Sie sah einen Handabdruck, offensichtlich von einer sehr heftigen Ohrfeige. Sie konnte sich noch keinen rechten Reim auf das alles machen. Als die Ampel grün wurde, war sie jedoch sicher, daß sie es eines Tages herausfinden würden.
    «Kabria!» rief Dina erschreckt. «Oh, mein Gott! Wer hat ihr das angetan?» Das Auftauchen von Fofo und Kabria versetzte das ganze Büro in Aufruhr. Sämtliche Versuche, Fofo zum Reden zu bringen, schlugen fehl. Ab und zu wimmerte sie vor Schmerzen und gab zu verstehen, daß sie sehr erschöpft war.
    Aggie fragte schließlich: «Sind wir nicht verpflichtet, das der Polizei zu melden?» Doch da ging es erst richtig los. Fofo rannte zur Tür, Dina sprang auf, Kabria warf sich dazwischen und Vickie setzte ihr nach im Stil einer Weltklasse-Hürdenläuferin, um ihr den Ausgang zu versperren. «Keine Polizei! Keine Polizei!» heulte Fofo. «Bloß keine Polizei!» Dabei versuchte sie erfolglos, an Vickie vorbeizukommen.
    «Warum denn nicht?» rief Kabria. Doch Fofo schrie wieder: «Keine Polizei!»
    Dina gewann als erste die Fassung wieder. «Setz dich!» befahl sie Fofo.
    Auch alle anderen folgten der Aufforderung.
    «Hast du schon was gegessen?» fragte Dina.
    Fofo schüttelte den Kopf.
    «Okay. Dann bekommst du jetzt etwas von uns. Und dann bringen wir dich ins Krankenhaus. Ist das in Ordnung?»
    Fofo nickte.
    Dina wandte sich an ihre Mitarbeiterinnen. «Und jetzt zu uns. Aggie, du bringst sie in die Klinik. Vickie, du besorgst das Essen. Nicht so scharf, ohne Pfeffer. Und du, Kabria, bleibst hier. Und ruhst dich aus. Du siehst aus, als hättest du einen Marathonlauf hinter dir.»
    Kabria lächelte dankbar.
    Dina zog sich in ihr Büro zurück, um Harvest FM anzurufen. Sie erreichte den Redakteur der «Guten-Morgen-Ghana-Show», der ihr aufmerksam zuhörte und schließlich erklärte: «Ich bin sicher, daß Sylv Po interessiert ist.»

KAPITEL 8
     
     
     
    «Die Broschüren liegen unter deinem Kissen, Mum. Ich habe sie heute morgen dort hingelegt.» Obea flüsterte das so höflich wie dreist in Kabrias Ohr. Sie saßen noch zu zweit im Auto: Obea hatte bereits am Parkplatz auf Kabria gewartet, Ottu und Essie mußten noch ihre Taschen holen.
    Insgesamt waren es drei Broschüren. Eine über das Beratungsangebot von PPAG, eine über deren neue Schwerpunkte und dann noch eine mit ihrem Programm für Jugendliche. Sie mußte lächeln bei dem Gedanken, daß Obea genau die gleiche Taktik wie sie selbst vor ein paar Tagen angewandt hatte. Heute morgen war Obea noch einmal schnell ins Haus zurückgeeilt unter dem Vorwand, sie müsse zur Toilette. Dabei hatte sie die Broschüren unter Kabrias Kopfkissen gelegt. Kabria war von Herzen froh darüber, daß Obea keine Hemmungen gehabt hatte, sie dort hinzulegen. Und gleichzeitig erfüllte es sie mit Unbehagen, daß nicht

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