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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amma Darko
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zurück.»
    «Und du würdest nicht hier sitzen und mit uns reden. Wo ist deine Freundin?»
    «Odarley? Die ist in Sodom und Gomorrha.»
    «Weißt du, warum sie von zu Hause weggegangen ist?» fragte Dina.
    «Sie ist nicht von zu Hause weggegangen. Sie ist rausgeschmissen worden. Von ihrer eigenen Mutter. Die hat sie rausgeschmissen wie ein Stück Vieh. Sie hat gesagt, mit Odarley hätte man nichts als Ärger. Sie wollte Odarley einfach nicht mehr bei sich haben, nachdem Odarleys Vater sie wegen einer anderen Frau verlassen und sie einen neuen Typen gefunden hatte.»
    Wieder war ein Geräusch hinter der Tür zu hören und zog Dinas Aufmerksamkeit auf sich. Kabria hatte es diesmal auch gehört und hielt kurz inne. Dina stand auf, schlich auf Zehenspitzen zur Tür und zog sie auf. Afi fiel vornüber auf den Boden.
    «Du hast gelauscht?»
    «Es tut mir leid, Auntie Dina. Ich habe Fofo etwas erzählt, und ich wollte nur wissen, ob sie meinen Rat befolgt und es euch sagt.»
    «Sie weiß über alles Bescheid», kam Fofo ihr zur Hilfe. «Wir haben uns viel unterhalten.»
    «Also, was sollte Fofo uns sagen?»
    «Sie haben mich doch über eine Agentur für Haushaltshilfen engagiert. Aber bevor ich mich an die gewandt habe, wohnte ich bei einer Frau, die versucht hat, mich an einen Mann zu verkaufen. Eine Verwandte meiner Mutter hatte mich damals aus unserem Dorf zu ihr gebracht. Sie hatte meiner Mutter versprochen, mir in der Stadt eine Ausbildung zu ermöglichen, solange ich bei ihr arbeite.»
    «Von diesen Agenturen gibt es ja einige, die stellen doch in der Regel Nachforschungen über ihre Klienten an, oder?» mischte sich Kabria ein. «Vielleicht können die uns weiterhelfen. Sie müßten über jede Menge Informationen verfügen.»
    Dinas anfänglicher Zorn auf Afi war schon verraucht. «Wenn du ohnehin schon alles weißt, dann lasse die Tür ruhig offen», sagte sie zu Afi und nahm selbst wieder im Sessel Platz. «Ich weiß ja selbst nicht, wo das alles noch hinführen soll.»
    «Oh, ich bin sicher, daß es uns irgendwohin führt!» entgegnete Kabria optimistisch. Dann fragte sie Fofo: «Begehst du deine Taschendiebstähle immer als Junge verkleidet?»
    «Nein», antwortete Fofo. «Ich mußte mich verkleiden. Ich wollte nicht erkannt werden von Poison oder einem seiner Bandenmitglieder. Ich hätte auch verschwinden können. Ich hätte mich lieber ganz aus dem Staub machen sollen, denn ich war mit meiner Bande für Poisons Leute leicht zu finden. Sie sind zu unserem Verschlag gekommen. Odarley und die anderen bekamen solche Angst, daß sie sich nicht einmal trauten, um Hilfe zu schreien. Poison ist sehr gefürchtet. Er ist sehr schwer faßbar. Viele Leute arbeiten für ihn. Sie haben mich zusammengeschlagen und zu ihm gebracht. Er gab mir noch eine saftige Ohrfeige und warnte mich, ich solle niemandem ein Sterbenswörtchen darüber verraten, daß ich das tote Mädchen kenne. Und schon gar nicht, daß es meine Schwester ist.»
    «Aber warum?» fragte Kabria.
    Fofo zuckte mit den Schultern.
    «Das ist doch offensichtlich», mischte sich Dina ein. «Er hat sie umgebracht und will nicht, daß er mit ihr in Verbindung gebracht wird.»
    «Aber wer hätte ihn denn überhaupt verfolgt? Die Polizei etwa?» schnaubte Kabria wütend. «Wegen einer Leiche, die in Agbogbloshie herumliegt? Einem einfachen Straßenmädchen? Man könnte zehntausend Leute mit ihrem Tod in Verbindung bringen, aber wen interessiert das? Was also war Poisons Problem? Wenn er wirklich der Mörder von Baby T ist, würde er doch garantiert davonkommen. Oder?»
    «Er hat mich überfallen, um mir Angst und mich mundtot zu machen», murmelte Fofo.
    «Pech für ihn, denn MUTE ist interessiert und MUTE wird auch andere dazu bringen, sich zu interessieren», antwortete Dina.
    «Wenn wir bloß den kleinsten Hinweis darauf hätten, daß er mit diesem Mord etwas zu tun hat. Dann würde sich vielleicht jemand bei uns melden», warf Kabria auf.
    An diesem Punkt mischte sich Afi ein, die immer noch im Türrahmen stand: «Baby T war doch bei Maami Broni untergebracht?»
    «Das stimmt», antwortete Fofo.
    «Und was hat Poison damit zu tun?»
    Diese Frage blieb vorerst unbeantwortet.
    Nur Abena war noch wach, als Dina schließlich Kabria zu Hause ablieferte. Sie knipste das Licht im Zimmer an. Adade schlief. Er lag an der äußersten Bettkante, und Kabria fragte sich, ob das Zufall oder Absicht war. Sie ging auf Zehenspitzen zu ihm und betrachtete sein schlafendes Gesicht.

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