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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Tuchhändlers und nun auch noch das viele Blut. Anna wurde es übel. Sie musste hinaus.
    “M´Ba, warte !” Sie trat neben dem Wächter auf den Gang. “Was meinst du? Wird Meister Spierl wieder gesund?”
    M´Ba hielt inne und rollte m it den Augen, bis das Weiße zu sehen war. “Der Arzt nicht wissen. M´Ba wissen. M´Ba hat gesehen. Die Geister kommen, holen kleinen weißen Mann. Bald. Nächster runder Mond sehen nicht auf ihn.”
    Anna schüttelte den Kopf. Was redete der Wächter da? Der Arzt hatte davon gesprochen, dass der Gewandschneider wieder gesund werde. Meinte M´Ba etwa, dass …
    “Was sagst du? Ich verstehe dich nicht.”
    “Kleiner feuchter Mann bald tot. War Geist an Fuß. Immer wenn Geist da, Mann tot.” Betrübt hob er die Schultern. “Oder Frau - wenn Geist bei Frau.”
    “Das ist nicht wahr!” Anna machte kehrt und rannte in die Kammer zurück. Besser der Gestank als das Gerede dieses … Wilden. Der Arzt wusste schließlich, wie es um den Meister stand ... Wütend warf sie Schere, Fingerhut und Nadelmappe in ihren Korb. Es gab viel zu tun.
     
    Stich um Stich hatte Anna alle ihre Sorgen und Ängste in das Unterkleid der dritten Brautjungfer eingenäht, doch das war dem Gewerk nicht anzusehen. Bauschig und fließend zugleich hing es an der Stange und schien seine Trägerin sehnlich zu erwarten.
    Anna war hin - und hergerissen. Jeder Schussfaden ihres Herzens wollte dem Arzt glauben, doch die Kettfäden hielten dagegen. Im tiefsten Seelengrund spürte Anna, dass M´Ba am Ende recht behalten würde. Die Angst griff erneut nach ihr. Was bedeutete das für den Auftrag? Und an wen sollte sie sich wenden, falls Heinz tatsächlich bei Hofe auftauchte? Der Meister hätte als Leumundszeuge einiges Gewicht besessen, aber in seinem Zustand würde ihm niemand glauben.
    Anna wischte sich mit dem Ärmel den Schwei ß von der Stirn und schichtete die kostbaren Stoffreste zu ordentlichen Stapeln aufeinander. Sie hatte viel geschafft an diesem Tag, und die Arbeit hatte ihr gutgetan. Trotzdem war es bei diesem Wetter in der Nähstube kaum auszuhalten. Schwülwarmer Dunst hatte sich wie eine feine Schicht auf ihre Haut gelegt, selbst der feine Stoff in ihrer Hand fühlte sich feucht an. Trotz der frühen Nachmittagsstunde war es plötzlich schon so dunkel geworden, dass sie die Lampen hätte entzünden müssen, um weiterzuarbeiten. Ob es die Sorge war oder die Wärme, konnte sie nicht sagen, aber wenn sie noch länger in dieser Nähstube hockte, erstickte sie. Sie brauchte dringend frische Luft.
    Auf dem Hof war es noch wärmer als in der Stube. Anna überquerte ihn rasch und wandte sich nach links. Diesen Weg hatte sie noch nie beschritten. Vorbei an den Arkaden, am Vorratshaus, an den Unterständen für die Wagen und dem Stall zur Linken, gelangte sie schließlich zum Backhaus. Eine Magd stand schwitzend davor, die Backschaufel in der einen, einen Holzscheit in der anderen Hand. Sie öffnete die Feuerklappe und legte nach. Die Hitze waberte in einer großen Welle über Anna hinweg, und sie eilte weiter, zwischen Kapelle und dem Turm, den Alimah den Roten Turm nannte, hindurch zum hinteren Tor.
    Sie grüßte den Wächter freundlich und hoffte, er w erde sie auch auf dem Rückweg passieren lassen. Gemächlich schlenderte sie an der Mauer entlang. Schließlich stand sie unschlüssig auf einem Feldweg. Rechts oder links? Zur Linken erkannte sie in der Ferne das Lager mit den Zelten und Tieren. Die Gefahr, dort auf Neuankömmlinge zu stoßen, war groß. Zur Rechten gab es nichts, was die Aufmerksamkeit eines anreisenden Tuchhändlers hätte erregen können, nur Felder und Wald, also wandte Anna sich nach rechts.
    Der Wind griff nach dem trockenen Staub und wirbelte kleine Windhosen über die Felder wie tanzende Teufel. Der Weg machte eine leichte Biegung. Ein kühler Luftstrom packte Annas Rock und umschmeichelte ihre Beine. Sie hob die Ellbogen ein wenig und ließ die frische Bö über ihren Körper streichen. Wie angenehm kühl das war!
    In der Ferne grollte der Donner. Anna blickte über die Schulter zurück, das Lager lag in einer leichten Senke und war kaum noch zu sehen. Die Mauer und die Gebäude der Kaiserpfalz duckten sich unter einer schwarzen Wolkenwand. Losgerissener Flachs wehte mit ausgedörrten Grasbüscheln um die Wette. Erste schwere Tropfen klatschten auf den Boden und peitschten den Staub auf. Die Abkühlung war Anna willkommen, aber sie wusste: Wenn sie nicht rasch irgendwo unterkroch,

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