Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
ehrwürdigen Mutter.»
    «Äbtissin Metza?»
    Vater Simeon nickte. «Sie bittet Herrn Wied – oder Euch, wenn es nichts ausmacht –, sie aufzusuchen. Vielleicht seid Ihr der ehrwürdigen Mutter sogar noch lieber. Es geht um Buchfarben und eine neue Weinbestellung.»
    «Buchfarben?»
    «Genaueres hat sie mir nicht gesagt – nur dass es dringend sei.»
    Luzia zögerte. Mit dem Weinhandel hatte sie nie etwas zu tun gehabt, und soweit sie wusste, war es Frauen vonseiten der Zunft auch nicht gestattet, damit zu handeln. Und mit Buchfarben kannte sie sich überhaupt nicht aus. «Es ist dringend, sagt Ihr?»
    «Sie bestand darauf, Wied noch heute oder spätestens morgen früh zu sehen», bestätigte der Priester.
    «Also gut, lasst mich nur meinen Mantel holen, dann führt mich zu ihr», sagte Luzia. Entschlossen stand sie auf und rief nach Alban, der sie ebenfalls begleiten sollte.
    «Was habt Ihr vor?», fragte der Knecht sie skeptisch, als sie beide wenig später vor der Klosterpforte warteten.
    Luzia vermochte seine Frage nicht zu beantworten und schaute sich stattdessen um. Der Konvent der Zisterzienserinnen lag in der Firmung, direkt an der Rheinstraße. Gärten, Felder und Weinberge erstreckten sich von hier bis zum Rheintor. Etwas weiter östlich, im Vogelsang, befanden sich noch die Klöster der Karthäuser sowie der Franziskanerinnen. Um diese Jahreszeit waren jedoch weder Bauern noch Winzer zu sehen; Felder und Rebstöcke lagen unter einer dünnen Schicht Schnee verborgen.
    Vater Simeon war im Kloster verschwunden, um Luzias Ankunft anzumelden. Doch sie und der Knecht brauchten nicht lange zu warten, bis eine der Schwestern sie einließ. Alban wurde angewiesen, sich im Pförtnerhäuschen aufzuhalten, während eine weitere Schwester Luzia in eines der Klostergebäude führte.
    Die Äbtissin Metza erwartete Luzia bereits in ihren Gemächern. Sie war eine etwas rundliche Frau mittleren Alters mit strengen Gesichtszügen, die sich jedoch glätteten und einigen Lachfältchen wichen, als sie Luzia betrachtete.
    «Na so was! Da stimmt es also doch, was man sich erzählt.» Sie winkte Luzia näher. «Martin Wied hat sich eine Frau ins Haus geholt.»
    «Ich bin seine Gehilfin, ehrwürdige Mutter», sagte Luzia rasch, um keinen falschen Anschein zu erwecken.
    Metza nickte huldvoll. «So sagte mir Vater Simeon. Nun gut, es soll mir recht sein. Vielleicht ist es gar nicht so übel, unsere Geschäfte zukünftig mit Euch anstatt mit Wied selbst auszumachen.»
    «Darf ich fragen, warum, ehrwürdige Mutter?»
    Metza neigte den Kopf zur Seite. «Nanu, kommt Ihr nicht selbst darauf, edle Jungfer? Ich habe eine ganze Reihe junger Nonnen hier im Hause, von den Novizinnen ganz zu schweigen. Ein Mann wie Martin Wied mit seinen geschliffenen Umgangsformen und diesen anziehenden Gesichtszügen dürfte der einen oder anderen möglicherweise bereits eine schlaflose Nacht beschert haben. Auch wenn dies durchaus menschlich ist, kann ich solcherart Versuchungen hier nicht dulden.» Sie schwieg und beobachtete Luzia aufmerksam. «Nun sagt mir nicht, Euch sei sein einnehmendes Äußeres noch nicht aufgefallen, Kind! Ihr kennt ihn doch sicher schon eine Weile, nicht wahr? Sonst hätte er Euch nicht zu seiner Gehilfin gemacht.»
    Verlegen biss sich Luzia auf die Unterlippe. «Natürlich kenne ich ihn schon eine Zeit lang, ehrwürdige Mutter. Aber … Nun ja, bisher hatte ich immer den Eindruck, dass Frauen ihn eher … Also, seine Brandnarben …»
    «Ach das.» Metza winkte ab. «Lächerliche Nebensächlichkeiten, findet Ihr nicht auch? Nein, also wenn Ihr meine Meinung hören wollt: Eine Frau, die noch alle Sinne beisammenhat, erwählt sich tunlichst einen Mann wie Martin Wied. Er sieht gut aus, hat Umgangsformen und ist, soweit ich weiß, nicht gewalttätig. Seltsam, dass ihn noch keine Frau eingefangen hat.»
    Überrascht über die offene Art der Äbtissin, suchte Luzia nach Worten. «Vielleicht will er sich … ah, nicht einfangen lassen, ehrwürdige Mutter.»
    Metza lachte. «Das ist natürlich gut möglich. Aber ich sage Euch, solltet Ihr in dieser Hinsicht noch nicht weitergedacht haben, halte ich Euch für töricht. Ihr seid doch niemandem versprochen, oder? Also überlegt Euch gut, was Ihr tut. Lange wird dieser Mann nicht mehr zu haben sein, darauf würde ich wetten, wenn es mir der Allmächtige erlaubte.» Sie bekreuzigte sich und hob dann lächelnd das kleine Kruzifix an die Lippen, das sie an einer schlichten Kette um den Hals

Weitere Kostenlose Bücher