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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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alten Graben mit der Bitte, Luzia möge herkommen und ihr in Martins Kontor zur Hand gehen.
    * * *
    «Ich tue das nicht gern», empfing sie Luzia, als diese das Kontor betrat. «Versteht mich nicht falsch. Ich bewundere Euch für Eure Fähigkeiten im Rechnen und Euer Verkaufstalent. Denn ein solches müsst Ihr besitzen, sonst würde Martin nicht so große Stücke auf Euch halten. Doch es ist ungehörig für eine junge, unverheiratete Frau, sich in Kreisen zu bewegen, die normalerweise den Männern vorbehalten sind.»
    Luzia hatte sich bereits darauf vorbereitet, dass Augusta in dieser Art mit ihr sprechen würde. Alban hatte sie vorgewarnt, dass Martins Mutter sie lediglich aus der Not heraus gerufen hatte. «Ungehörig oder nicht, ich habe versprochen, Euch zu helfen, wenn es notwendig sein sollte. Meine Versprechen halte ich, Frau Augusta.»
    Augusta nickte knapp. «Das weiß ich zu schätzen.» Sie deutete auf einige Schriftstücke und ein Rechnungsbuch auf dem Schreibpult. «Schaut einmal, ob Ihr aus diesen Aufzeichnungen klug werdet. Wir müssen herausfinden, welchen Lohn Martin für die Männer der Handelskarawane festgelegt hat, die gestern hier angekommen ist. Man kann diesen Kerlen nicht über den Weg trauen, Luzia. Ich will nicht, dass wir übervorteilt werden.»
    «Warum habt Ihr nicht einen Boten nach Lahnstein geschickt?»
    «Das habe ich. Aber Ihr seht selbst, wie schlecht das Wetter ist. Niemand weiß, wann er zurück sein wird. Die Männer sind ungeduldig. Sie haben eine weite Reise hinter sich; ich will sie nicht reizen, indem ich sie zu lange warten lasse. Gott allein weiß, was diesen Rüpeln einfällt, wenn sie glauben, wir wollten sie nicht bezahlen.»
    «Wie heißt der Hauptmann?»
    «Olf Krutscherer. Ich traue ihm nicht über den Weg.»
    Luzia nickte. «Vermutlich wäre es das Beste, Ihr lasst ihn holen, damit wir mit ihm sprechen können.» Sie sah sich suchend im Kontor um. «Ich könnte nachsehen, ob Euer Sohn Aufzeichnungen über den Lohn der Männer vorgenommen hat.»
    Augusta verstand. Zögernd griff sie nach dem großen Schlüsselbund, den sie am Gürtel trug, nestelte daran und überreichte Luzia schließlich zwei der Schlüssel, obwohl sie sich sichtlich unwohl dabei fühlte. «Damit könnt Ihr die Truhen öffnen», sagte sie beinahe unfreundlich.
    «Danke, Frau Augusta.» Luzia befestigte die beiden Schlüssel an ihrem eigenen Bund und setzte sich an das Pult, um als Erstes die Briefe und das Rechnungsbuch durchzusehen.
    Augusta beobachtete sie einen Moment, dann seufzte sie. «Die Mädchen und ich werden im Lagerhaus mit den Bestandslisten beginnen.»
    Luzia nickte abwesend, da sie sich bereits in die Zahlenkolonnen vertieft hatte, welche die säuberlich gezogenen Spalten des Buches bevölkerten.
    Beinahe amüsiert stellte Augusta fest, dass Luzia in diesem Augenblick eine fatale Ähnlichkeit mit Martin hatte. Rasch wandte sie sich ab, rief nach ihren Töchtern und machte sich mit ihnen im Lagerhaus an die Arbeit.

[zur Inhaltsübersicht]
14. Kapitel
    W er seid denn Ihr?», dröhnte eine tiefe, äußerst ungehaltene Männerstimme etwa zwei Stunden später von der Tür her. «Ich dacht, Wied wär hier, um mir den Lohn für meine Männer auszuzahlen. Stattdessen hockt hier ein Weibsbild, das meine Tochter sein könnt’ … ach was, meine Enkelin!» Der Neuankömmling musterte Luzia unfreundlich: ein Mann von enormer Größe, mit breiten Schultern und riesigen Pranken. Sein Haar ebenso wie sein buschiger Bart waren grau und mit schlohweißen Strähnen durchsetzt. Unter dichten weißen Augenbrauen blitzten zwei muntere hellblaue Augen. Wäre er in diesem Augenblick nicht sichtlich ungehalten gewesen, hätte man ihn für einen gemütlichen Bären halten können.
    Luzia, die sich würdevoll von ihrem Platz hinter dem Schreibpult erhob, kam sich winzig vor in Gegenwart dieses bulligen Kerls. Erleichtert sah sie Alban hinter ihm auftauchen.
    «Guten Tag, Herr», sagte sie. «Es tut mir leid, aber Martin Wied ist wegen seines verunglückten Bruders noch immer in Lahnstein. Ihr müsst also einstweilen mit mir vorliebnehmen.»
    «Mit Euch? Wer zum Henker seid Ihr denn? Sein Weib etwa?»
    «Mein Name ist Luzia Bongert. Ich bin seine Gehilfin. Und Ihr, Herr? Wie ist Euer Name?»
    «Ich bin kein Herr», knurrte der Hüne. «Mein Name ist Olf Krutscherer.» Er musterte sie neugierig. «Seit wann hat Wied eine Gehilfin?»
    «Noch nicht lange. Ihr seid also der Befehlshaber über die

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