Die Gewürzhändlerin
Handelskarawane, die gestern eingetroffen ist. Ihr und Eure Männer erwarten Bezahlung, nicht wahr?»
«So war es ausgemacht.»
«Wie lange werdet Ihr in Koblenz bleiben?»
Krutscherer rieb sich das Kinn. «Nicht lange. Bis das Wetter besser wird, schätze ich. Wied wollte uns mit neuen Bestellungen versorgen.»
«Das wird er bestimmt noch tun.»
«Falls nicht, muss ich mir jemand anderen suchen, für den wir losziehen können. Gibt ja genug Kaufmänner in Koblenz.»
«Das wird nicht nötig sein», antwortete Luzia rasch. «Bis übermorgen werde ich sicher für Euch eine Liste der Waren haben, die Ihr beim nächsten Mal mitbringen sollt.»
«Ihr wollt uns eine Liste geben?» Krutscherers Blick wanderte abschätzend über ihre Gestalt. «Woher wollt Ihr denn wissen, was Wied einkaufen will, wenn er nicht hier ist?»
«Wie gesagt, ich bin seine Gehilfin. Und was den Lohn angeht …» Sie setzte sich wieder hinter das Pult, öffnete eine Lade und entnahm ihr einen kleinen Lederbeutel, in dem es verheißungsvoll klimperte. Schweigend überreichte sie ihn Krutscherer.
Er öffnete den Beutel, und um seine Mundwinkel zuckte es kurz. Als er sie anblickte, wirkte seine Miene enttäuscht. «Das ist nicht genug, Frau …»
«Jungfer …»
«Jungfer Luzia.» Er räusperte sich. «Damit werden meine Männer sich nicht zufriedengeben.»
Luzia verschränkte die Arme auf dem Pult. «Aber es wird sie zunächst einmal beruhigen, meint Ihr nicht? Sobald Herr Wied aus Lahnstein zurück ist, wird er Euch die Differenz zu dem Betrag, den Ihr ausgemacht habt, übergeben.»
«Die Differ… Ei wei, Ihr scheint ja doch was davon zu verstehen.» Verwundert schüttelte er den Kopf. «Gehilfin, so was aber auch.» Er spielte mit dem Geldbeutel herum. «Ich kannte mal eine Frau, die war Händlerin, so wie Ihr. Gewürze, Farben, Flitterkram. Lebte im Badischen. Ist an der Pest gestorben.»
«Das tut mir leid.»
«Muss es nicht. Das Weib war eine Kratzbürste sondergleichen. Und hässlich wie die Nacht. Hatte einen Buckel und Pockennarben im Gesicht. Ich schätze, an jemand wie Euch hat Wied mehr Freude.» Er zögerte. «Nix für ungut. Ich mein nur, dass man Euch ganz sicher lieber anschaut als so eine alte …»
Luzia musste unvermittelt lächeln. «Nehmt Euch in Acht, Krutscherer. Auch ich kann zur Kratzbürste werden.»
«Glaub ich nicht.»
«Fordert es lieber nicht heraus.»
* * *
Nachdem Olf Krutscherer das Kontor verlassen hatte, durchstöberte Luzia noch einmal Martins Bücher. Er hatte für Wein und Spezereien jeweils verschiedene, ebenso wie für jedes Jahr. Sie war auf der Suche nach Einträgen über den Lohn, den er Krutscherer und seinen Männern früher gezahlt hatte. Sie bat Alban um seine Mithilfe, doch seltsamerweise weigerte er sich strikt, die Rechnungsbücher auch nur anzurühren. Also suchte sie allein weiter – und wurde schließlich fündig. Erleichtert stellte sie fest, dass es sich bei dem Betrag, den sie Krutscherer gegeben hatte, um etwa zwei Drittel des ausgemachten Lohnes handelte. Sie hatte einfach geschätzt, nachdem sie zuerst nur Einträge über den Lohn für die Männer einer anderen Karawane gefunden hatte.
Gewissenhaft nahm sie sich ein Blatt von Martins Papier und schrieb die Ausgabe nieder. Er würde sie später sicher selbst an Ort und Stelle eintragen.
Gerade wollte sie sich erheben, um nachzusehen, wie weit Augusta und ihre Töchter mit den Lagerlisten waren, als Alban erneut in der Tür auftauchte. «Jungfer Luzia, hier ist Vater Simeon, der Beichtvater der Zisterzienserinnen. Er möchte Euch sprechen.»
«Mich?»
«Nun ja, Herrn Wied. Aber da er nicht hier ist …»
«Schick ihn herein.» Neugierig richtete Luzia sich auf und blickte nur einige Augenblicke später einem noch recht jungen, etwas blassen Priester entgegen, dessen blondes Haar so kurz geschnitten war, dass es um die frischrasierte Tonsur nach allen Seiten abstand. «Was kann ich für Euch tun, Vater Simeon?», fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.
Der Priester musterte sie neugierig, dann lächelte er beinahe schüchtern. «Verzeiht, edle Jungfer, ich hatte nicht damit gerechnet, eine Frau hier an Herrn Wieds Stelle vorzufinden. Zwar hörte ich bereits davon, dass er während des Jahrmarktes eine Gehilfin gehabt haben soll, aber da ich nicht in der Stadt weilte, konnte ich mich damals nicht selbst davon überzeugen. Ungewöhnlich, höchst ungewöhnlich. Ich hoffe, Ihr könnt mir helfen … oder vielmehr der
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